Die Blendende Klinge
bohrte sich schmerzhaft in Zunge und Zähne. Sie musste den Mund so weit offen halten wie möglich.
In Sekundenschnelle hatte er sie mit braunen Lederriemen an ihren Stuhl gefesselt.
Meister Spitz trat einen Schritt zurück und schob sich sein während ihres Ringens zerrauftes und nun schlaff herabhängendes rotes Haar wieder über die Glatze. Seine Perlenhalskette war ihm aus dem Hemd gerutscht – aber es waren gar keine Perlen.
»Ihr könnt schreien, wann immer Ihr wollt«, sagte er ruhig. »Aber dann werde ich Euch unters Kinn schlagen. Der Knebel in Eurem Mund ist über jedem Zahn mit kleinen Keilen versehen. Wenn ich Eure Kiefer richtig bemessen habe, sollte er jeden Zahn, oben wie unten, sauber in vier Stücke zerbrechen. Ich musste mich beim Anfertigen ziemlich beeilen, also ist er womöglich nicht ganz perfekt. Leider. Und ich fürchte, dass ich die Zähne nicht werde selbst ziehen können, also könnt Ihr Euch schon einmal darauf freuen, wie das ein anderer mit einer weniger erfahrenen Hand an der Zange erledigt. Aber, na ja.« Er zuckte die Achseln, als könne er es nun einmal nicht ändern. Dann sagte er: »Langer Rede kurzer Sinn: Wenn Ihr mir mein Leben schwermacht, werde ich Euch die Zähne zerbrechen. Der Reihe nach. Zuerst die Backenzähne. Ich hatte noch nie jemanden, der bis zu den Schneidezähnen durchgehalten hat.« Er blies ihr seinen Minzatem ins Gesicht. »Aber wer weiß? Vielleicht seid Ihr ja die Erste.«
57
Einige Tage nach ihrer Übung auf Großjasper mussten sich die Frischlinge einem Ausscheidungskampf stellen. Kip konnte nur hoffen, dass der eine oder andere der Jungen, gegen die er heute würde antreten müssen, noch genug blaue Flecken hatte, um ihn davon abzuhalten, mit Kips Gesicht den Boden zu scheuern.
Aber seine Hoffnungen waren nicht allzu groß. Zweimal verlor er schnell. Als Kip wieder auf den Platz ihres Kräftemessens hinausschritt, bog er leicht die Finger seiner linken Hand zurück. Es schmerzte immer noch so sehr, als nagten kleine Tiere an jedem Gelenk und streuten nach jedem Bissen neues Salz in die Wunden, aber es tat weniger weh als die Prügel, die ihm bevorstanden. Er starrte den Jungen an, der ihm gegenüberstand. Komm schon, Schildkrötenbär, reiß dich zusammen.
Die Räder waren bei »Rot« und »unbewaffnet« stehen geblieben. Mit Rot hatte Kip Glück gehabt, großes Glück. Erst am Abend zuvor hatte er mit Teia Rot geübt. Endlich, endlich konnte er beständiges Rot wandeln – auch wenn seine Fähigkeiten darüber nicht hinausgingen. Bislang hatte er nur zwei Möglichkeiten gefunden, die klebrige Masse einzusetzen. Und eine davon – seinen Gegner mit dem leicht entflammbaren Gel in Brand zu setzen – wurde definitiv nicht gern gesehen. Weniger Glück hatte Kip mit seinem Gegenüber, Ferkudi, einem blau-grünen Bichromaten, der momentan zwei Plätze vor ihm lag. Um den Kreis hatten sich etwa fünfzig Menschen versammelt, die interessiert zusahen. Mittlerweile gab es in ihrer Klasse nur noch achtundzwanzig Frischlinge.
Ferkudi war klein, mit stämmigem Oberkörper, stark wie ein Stier und unglaublich schnell. Kip hatte ihn kämpfen sehen; er war ein besserer Ringer als fast jeder andere. Wenn Ferkudi verlor, dann wegen seiner zu geringen Reichweite. An einem guten Tag war er mit seinen Farben einer der drei oder vier besten Kämpfer. Es war einfach Pech, dass er jetzt um Platz neun kämpfen musste.
Kip hob die Schultern, rollte den Kopf und streckte den Hals, dann gab er das Zeichen, dass er kampfbereit war.
Ferkudis Mundwinkel zuckten spöttisch. Er glaubte, Kip in einem kurzen Nahkampf erledigen zu können.
Es gibt keinen Grund, den anderen in deine Karten sehen zu lassen, nicht wahr? Danke, Andross Guile.
Danke, Andross Guile? Hat mir da jemand heimlich Nebel ins Frühstück gegeben?
Der Pfiff ertönte, und der Kreis war plötzlich mit rotem Licht geflutet. Ferkudi kam sofort auf ihn zu.
Kip hob die Hände, damit Ferkudi nicht sah, wie sich seine Augen mit rotem Luxin füllten. Dann stieß Kip seine Hand nach unten und sprühte dem Jungen klebriges rotes Luxin vor die Füße.
Sie blieben am Boden kleben, und Ferkudi wäre fast nach vorne übergekippt. Er fand sein Gleichgewicht wieder, schlug seine Hände nach innen, und Kip sprühte auch sie mit Luxin voll, bis Ferkudi die Hände an der Brust festklebten. Es funktionierte genau so, wie Eisenfaust es ihm beigebracht hatte.
Rot war klebrig, aber es war nicht so stark wie Eisen. Aber Kips
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