Die Blendende Klinge
Corvan Danavis mit drei Männern ins Gespräch vertieft war, die sich über irgendwelche Pläne beugten. Wie es aussah, Pläne für den Bau einer Werft.
Er drehte sich um und wirkte völlig überrascht. Er rannte – ganz buchstäblich – zu Gavin hinüber und umarmte ihn. Gavin schätzte das sehr an ihm. Er schloss seinen einzigen wahren Freund ebenfalls fest in die Arme und ließ ihn dann los. »Corvan, alter Hund, du siehst gut aus.«
Corvan ließ sich seinen Schnauzbart wieder wachsen, auch wenn er noch nicht lang genug war, um darin Perlen baumeln zu lassen. Er wirkte zehn Jahre jünger. »Weißt du, wie schwer es ist, mit Leuten zu verhandeln, die in die Zukunft sehen können, Lord Prisma? Ich kann nicht glauben, dass du mir das hast antun können. Aber, ja, ich schätze, dass es mir ganz gut bekommt, zwanzig Stunden am Tag zu arbeiten. Oder vielleicht liegt es auch an der Gesellschaft, die man mir während der übrigen vier Stunden leistet.« Er grinste.
Gavin begriff nicht, wovon er redete. Dann sah er den Ring an Corvans Finger – nur einen Moment bevor sein Freund einen Schritt auf die Seherin zu machte, sie küsste, in die Luft hob und schnell im Kreis herumwirbelte.
Gavin lachte. »War das ein Unglück?«, fragte er das Dritte Auge.
Sie lächelte schelmisch. »Es war … eine politische Notwendigkeit«, antwortete sie mit gespieltem Ernst, um Corvan zu ärgern.
»Eine Pflicht. Eine Bürde«, ergänzte Corvan ähnlich gravitätisch.
Gavin konnte nicht glauben, was er da sah. Natürlich war es vermutlich in der Tat eine politische Notwendigkeit gewesen. Corvan, der Anführer der Eindringlinge, und das Dritte Auge, nicht direkt die Anführerin, aber doch die am höchsten angesehene Persönlichkeit unter den alteingesessenen Inseleinwohnern. Beide alleinstehend, beide verzweifelt darauf angewiesen, ihre Völker zusammenzuschweißen. Es war eine Pflicht gewesen. Aber manchmal ist das Schicksal gnädig, und die Pflicht ist genau das, wofür man geschaffen ist.
Es hätte die ganze Sache wirklich unglaublich peinlich gemacht, wenn Gavin mit der Frau geschlafen hätte, die sein bester Freund schließlich heiraten würde. Ein Desaster.
»Werdet Ihr es ihm sagen?«, fragte das Dritte Auge.
»Ich soll es ihm sagen?«
»Männer!«, schnaubte sie. »Ihr habt Euch mit dem Spektrum getroffen und …«
»Das wisst Ihr?«, fragte Gavin. »Oh, natürlich. Bei Orholam, das macht einen ja ganz nervös. Ihr habt es ihm noch nicht erzählt?«
»Ich mag es nicht, der Zukunft in die Parade zu fahren. Außerdem seid Ihr es, der den Preis dafür zu zahlen hatte. Es ist nur gerecht, wenn Ihr es seid, der es ihm sagt.«
»Mir was sagt?«, schaltete sich Corvan ein.
»Ihr seid ein Satrap, Hoher Lord Danavis«, erklärte Gavin.
»Ich bin ein – was? Was bin ich?«
»Ein echter Satrap, mit voller Verantwortung und allen Vorrechten. Du kannst deine eigene Farbe benennen. Eine kleine Flottille von Schiffen, die Vorräte und Diplomaten herbringen, ist bereits unterwegs.«
»Sie werden in drei Wochen hier sein«, sagte das Dritte Auge, »und neben ihren lebensrettenden Gütern und Medikamenten bringen sie auch etliche Probleme mit.«
»Du hast davon gewusst?«, fragte Corvan.
»Du hast doch wohl nicht geglaubt, dass ich einfach so einen angespülten General heirate, oder?«, entgegnete das Dritte Auge.
Corvan lächelte liebevoll und schüttelte den Kopf. »Ein Satrap? Du hattest gesagt, es würde höchstens so eine Art Ehrentitel sein. Dass es die Aufgabe zukünftiger Generationen sein würde, auch das Stimmrecht zu erhalten.«
»Na ja.« Gavin zuckte die Schultern. »Sie sind mir in den Rücken gefallen. Da habe ich es ihnen mit gleicher Münze heimgezahlt. Übrigens: Du hast für den Krieg gestimmt.«
»Hatte ich gute Gründe dafür?«
»Allerdings.«
»Den Farbprinzen?«
»Exakt.«
»Du hast mich hier alleingelassen, weißt du. Einfach hier zurückgelassen. Weißt du eigentlich, wie schwierig es ist, mit einer Frau verheiratet zu sein, die alles weiß?«
»Fast so schwierig, wie mit einem Mann verheiratet zu sein, der übertreibt«, sagte das Dritte Auge.
Sie waren schwer verliebt. Bis über beide Ohren. In ihrem Alter. Irgendwie traurig.
»Ich habe gehört, du hättest endlich Vernunft angenommen«, sagte Corvan zu Gavin.
»Hat sie dir das von Karris erzählt?«, fragte Gavin.
»Orholam ist gütig«, bemerkte Corvan.
Orholam? Ich hatte gedacht, du hättest nie so recht an ihn geglaubt. »Corvan,
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