Die Blockadebrecher
mußte, um seine Erregung zu beherrschen. »Wie sehr er auch sein Schicksal verdient haben mag, man kann doch nicht umhin, ihn zu bedauern. Sie glauben also, er wird erschossen werden?«
»Ich zweifle keinen Augenblick daran,« erwiderte Beauregard; »wir wehren uns, so gut wir können.
›C'est la guerre!‹
«
»Man muß sich so objectiv wie möglich zu derartigen Scenen stellen,« sagte der Kapitän; »überdies werde ich, wenn die Hinrichtung stattfindet, sehr wahrscheinlich nicht mehr in der Stadt sein.«
»Wie! Sie denken schon wieder an Ihre Abreise?«
»Ja, Herr General; ich bin vor allen Dingen Geschäftsmann, und meine Handelsinteressen gebieten mir in See zu stechen, sobald meine Baumwollenladung gestaut ist. Es ist mir zwar gelungen, glücklich nach Charleston hineinzukommen, die Hauptfrage bei meinem Unternehmen bleibt aber doch, wie ich wieder herauskomme. Die
Delphin
ist ein gutes Schiff und kann es in Bezug auf Schnelligkeit mit allen Fahrzeugen der nordstaatlichen Marine aufnehmen, aber eine hundertpfündige Kugel in ihrem Lauf zu überholen, würde ihr doch schwer werden, und solch ein Stück Eisen in ihrem Rumpf oder ihrer Maschine könnte meinen kaufmännischen Combinationen einen argen Fehlschlag bereiten.«
»Ganz wie es Ihnen am Besten scheint, Herr Kapitän,« bemerkte Beauregard, »ich habe Ihnen in solcher Lage keinen Rath zu ertheilen und würde an Ihrer Stelle wahrscheinlich wie Sie handeln. – Übrigens hat der Aufenthalt in Charleston wenig Angenehmes, und eine Rhede, auf der es so häufig Bomben regnet wie bei uns, ist den Schiffen nicht geradezu zu empfehlen. Reisen Sie also ab, wann Sie für gut finden. Aber eine Nachfrage werden sie mir erlauben; wie verhält es sich mit der Macht und Zahl der nordstaatlichen Schiffe, die vor Charleston kreuzen?«
James Playfair befriedigte, so gut er konnte, die Wißbegierde des Generals und verabschiedete sich von ihm im besten Einvernehmen. Dann kehrte er mit sorgenschwerem Herzen über die soeben empfangenen Nachrichten nach der
Delphin
zurück.
»Was werde ich Miß Jenny sagen,« fragte er sich; »soll ich sie vollständig über die schreckliche Lage, in der Mr. Halliburtt schwebt, aufklären, oder ist es besser, das arme Kind in Unkenntniß über die Gefahr zu lassen, in der ihr Vater schwebt?«
James Playfair war in diesen Überlegungen noch zu keinem Resultat gekommen, als plötzlich Crockston auf seinem Wege neben ihm auftauchte; der würdige Amerikaner hatte ihm, seit er das Schiff verließ, nachgespürt und hier aufgelauert.
»Wie steht's, Herr Kapitän?«
James Playfair sah Crockston mit einem gewissen starren, unheilverkündenden Blick an, und dieser begriff sofort, daß er keine günstigen Nachrichten erhalten würde.
»Haben Sie mit Beauregard über ihn gesprochen?« fragte er.
»Ja,« antwortete zurückhaltend James Playfair.
»Und haben Sie ihn über Mr. Halliburtt ausgeforscht?«
»Er hat mir selber von ihm erzählt.«
»Nun Herr Kapitän?«
»Kann man Dir Alles anvertrauen, Crockston?«
»Ja, Herr Kapitän, Alles!«
»Nun, um mich kurz zu fassen, General Beauregard hat mir mitgetheilt, daß Dein Herr in spätestens acht Tagen erschossen werden soll.«
Ein Anderer wäre bei dieser Nachricht zornig aufgelodert oder hätte sich von seinem Schmerz hinreißen lassen, aber unser Amerikaner, der niemals unschlüssig war, lächelte nur verächtlich und sagte:
»Bah, was thut's?«
»Kerl, bist Du des Teufels?« rief James Playfair. »Ich sage Dir, daß Mr. Halliburtt in acht Tagen erschossen werden soll, und Du antwortest mir:
Was thuts?
«
»Freilich, Herr Kapitän; was thut's, wenn er in sechs Tagen an Bord der
Delphin
ist, und wir in sieben Tagen auf hoher See schwimmen?«
»O, jetzt verstehe ich Dich,« sagte James Playfair und drückte Crockston die Hand. »Ich sehe, Du bist ein entschlossener Mann; ich meinestheils würde mich, Onkel Vincent und der Ladung der
Delphin
zum Trotz, für Miß Jenny in die Luft sprengen lassen.«
»Nicht von Nöthen, Herr Kapitän, das käme nur den Fischen zugute,« erwiderte der Amerikaner. »Die Hauptsache ist jetzt, Mr. Halliburtt zu befreien.«
»Das wird aber seine Schwierigkeiten haben!«
»Wird so schlimm nicht sein!« rief Crockston.
»Es handelt sich darum, mit einem streng bewachten Gefangenen in Beziehung zu treten.«
»Nun freilich!«
»Und eine fast unmögliche Entführung in's Werk zu setzen!«
»Bah,« meinte Crockston, »ein Gefangener sinnt mehr darauf zu
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