Die Blockadebrecher
Wichtigkeit war, muß hier doch erwähnt werden, daß das Haus Playfair u. Co. ganz vorzügliche Geschäfte machte, da es die ganze Masse von Baumwolle, welche in den Wharfs von Charleston lagerte, zu sehr geringem Preise erstanden hatte.
Von Crockston hatte man keine Nachricht mehr erhalten, und Jenny befand sich in größter Sorge und Aufregung. Wenn das arme Mädchen auch keine Klage laut werden ließ, so sprach doch ihr Blick und der niedergeschlagene Ausdruck ihres lieblichen Gesichts deutlicher als viele Worte. James Playfair suchte sie, so gut er vermochte, zu trösten und zu beruhigen.
»Ich habe das beste Vertrauen auf Crockston, er ist Ihnen mit unerschütterlicher Treue ergeben, sagte er; und Sie, Miß Jenny, die Sie ihn so viel länger kennen als ich, müßten sich doch jetzt beruhigen können. Ehe noch drei Tage vergehen, werden Sie Ihren Vater umarmen, glauben Sie es mir auf mein Wort.«
»Ach, Herr James, wie werde ich Ihnen je so viel Aufopferung danken können? wie wird es meinem Vater und mir möglich sein, Ihnen Ihre Güte zu lohnen?«
»Das werde ich Ihnen sagen, Miß Jenny, wenn wir uns in englischen Gewässern befinden,« antwortete der junge Kapitän.
Jenny sah ihn einen Augenblick fragend an und schlug die Augen nieder, dann zog sie sich in ihre Cajüte zurück.
James Playfair hatte gehofft, daß das junge Mädchen, bis ihr Vater in Sicherheit sei, Nichts von der furchtbaren Gefahr seiner Lage erfahren würde, aber während des letzten Tages erlangte sie durch die Indiscretion eines Matrosen Kunde von dem wahren Sachverhalt. Die Antwort aus dem Cabinet zu Richmond war mit einer Estafette, welche die Vorpostenlinie durchdrungen hatte, am Abend angekommen; sie enthielt das Todesurtheil des Bürgers Jonathan Halliburtt, und dieser sollte am andern Morgen in der Frühe erschossen werden. Die Kunde von der bevorstehenden Hinrichtung hatte sich schnell in der Stadt verbreitet und wurde von einem der Matrosen der
Delphin
an Bord gebracht. Der Mann theilte die vermeintliche Neuigkeit seinem Kapitän mit, ohne zu ahnen, daß Miß Halliburtt sich in Hörweite befand.
Die junge Dame schrie herzzerreißend auf und stürzte bewußtlos auf dem Verdeck zusammen, worauf James Playfair sie in ihre Cajüte trug und es durch die angestrengtesten Bemühungen dahin brachte, daß sie wieder zum Leben zurückkehrte.
Als sie wieder die Augen aufschlug, schaute sie auf den jungen Kapitän, der ihr mit einem Finger auf den Lippen strenges Schweigen gebot. Sie gewann es über sich, ruhig zu bleiben und die Aufwallungen ihres heftigen Schmerzes zu bezwingen. Als James Playfair sah, daß sie sich ein wenig erholt hatte, neigte er sich herab und flüsterte ihr zu:
»Jenny, in zwei Stunden wird Ihr Vater in Sicherheit und hier bei Ihnen sein, und wenn ich meinen Tod bei seiner Rettung finden sollte.«
Dann verließ er die Cajüte und sprach vor sich hin:
»Jetzt muß er um jeden Preis entführt werden und wenn seine Freiheit mit meinem Leben und mit meiner ganzen Mannschaft erkauft würde!«
Endlich war die entscheidende Stunde gekommen; die
Delphin
hatte am Morgen den letzten Theil seiner Baumwollenladung eingenommen, und alle Kohlenkammern waren mit Brennmaterial angefüllt. In zwei Stunden konnte das Schiff die Anker lichten; James Playfair hatte sie bereits aus dem »North-Commercial-Wharf« herausgelootst und auf die Rhede gebracht, und so wie die Fluth, die um neun Uhr Abends voll sein mußte, eintrat, konnte die Reise vor sich gehen.
Als James Playfair Miß Halliburtt verließ, schlug es gerade sieben Uhr; die Vorbereitungen zur Abfahrt mußten in's Werk gesetzt werden. Bis jetzt war das Geheimniß zwischen ihm, Jenny und Crockston strenge gewahrt worden, aber nun hielt er es für geeignet, Mr. Mathew in die Situation einzuweihen, und er that dies sofort.
»Zu Befehl,« antwortete Mr. Mathew, ohne die geringste weitere Bemerkung zu machen. »Also um neun Uhr?«
»Ja; lassen Sie die Feuer anzünden und kräftig in Brand setzen.«
»Zu Befehl, Herr Kapitän.«
»Die
Delphin
ruht auf einem Nothanker; wir werden unser Ankertau durchhauen und abdampfen, ohne nur eine Secunde Zeit zu verlieren.«
»Ganz recht.«
»Lassen Sie an der Spitze des großen Mastes eine Laterne befestigen, die Nacht ist dunkel, und es steigt Nebel auf. Wir dürfen nicht in Gefahr laufen uns zu verirren, wenn wir an Bord zurückkommen. Lassen Sie Vorsicht halber von neun Uhr ab die Schiffsglocke läuten.«
»Ihre Befehle
Weitere Kostenlose Bücher