Die Blockadebrecher
entfliehen, als sein Kerkermeister daran denkt, ihn zu bewachen, also müßte es eigentlich jedem Gefangenen gelingen, das Weite zu suchen, alle Chancen sind für ihn. Und auch Mr. Halliburtt wird mit unserer Hilfe entkommen.«
»Ich hoffe, Du behältst Recht, Crockston.«
»Wie immer, Herr Kapitän.«
»Aber wie werden wir die Sache einfädeln? wir müssen einen Plan machen und allerlei Vorkehrungen treffen.«
»Ich werde nachdenken, Herr Kapitän.«
»Aber wenn Miß Jenny erfährt, daß ihr Vater zum Tode verurtheilt ist, und daß der Befehl zu seiner Hinrichtung jeden Tag eintreffen kann …«
»Sie muß es eben nicht erfahren.«
»Ja, wir wollen es ihr verbergen, es ist so besser für sie und für uns.«
»Wo ist Mr. Halliburtt eingekerkert?« fragte Crockston.
»In der Citadelle.«
»Vortrefflich! Aber jetzt kommen Sie mit an Bord, Herr Kapitän!«
Achtes Capitel.
Die Flucht.
Miß Jenny saß auf dem Deckzimmer der
Delphin
und erwartete ungeduldig die Rückkehr von James Playfair, und doch konnte sie, als er ihr endlich gegenüberstand, kein Wort hervorbringen, und nur ihre Blicke sprachen die Frage aus, die ihr Mund verschwieg.
James Playfair theilte nun, von Crockston unterstützt, dem jungen Mädchen mit, was er über die Einkerkerung ihres Vaters erfahren hatte. Er sagte ihr, daß er Beauregard vorsichtig über die Kriegsgefangenen ausgeforscht, aber bald gemerkt habe, daß der General ihnen nicht günstig gestimmt sei.
»So hielt ich es für angemessen,« fuhr er fort, »mit meinen Wünschen zurückzuhalten und mich von den Umständen leiten zu lassen. Da Mr. Halliburtt nicht frei in der Stadt umhergehen darf, wird seine Flucht allerdings größere Schwierigkeiten bieten, aber ich hoffe doch mit Bestimmtheit, mein Ziel zu erreichen. Ja, ich schwöre Ihnen, Miß Jenny, daß die
Delphin
die Rhede von Charleston nicht verlassen soll, ohne daß Ihr Vater mit an Bord ist.«
»Danke, Herr James,« sagte Jenny, »meinen wärmsten, innigsten Dank!«
James Playfair fühlte, wie ihm des Herz bei diesen Worten stürmisch klopfte. Er näherte sich feuchten Blickes dem jungen Mädchen und hätte vielleicht, von der Macht des Augenblicks überwältigt, seine Gefühle für Jenny verrathen; aber Crockston sprang gleichsam dazwischen und rief:
»Nichts für ungut, Herr Kapitän, aber für Rührung haben wir jetzt keine Zeit; es ist noch Viel zu verabreden und zu beschließen.«
»Hast Du einen Plan gefaßt, Crockston?« fragte die junge Dame.
»Natürlich! ich habe immer Pläne, das ist meine Specialität,« antwortete der Amerikaner.
»Aber ob auch immer gute, das bleibt noch dahingestellt,« bemerkte der Kapitän.
»Diesmal ist mein Plan ausgezeichnet,« versicherte Crockston, »so ausgezeichnet, daß alle Minister in Washington keinen besseren ersinnen könnten. Er ist eigentlich so gut, als wenn Mr. Halliburtt schon hier an Bord wäre.«
Crockston sprach mit solcher Zuversicht und Treuherzigkeit, daß nur ein ungläubiger Thomas noch Mißtrauen in seine Worte hätte setzen können.
»Wir sind bereit zu hören,« sagte James Playfair.
»Gut. Sie, Herr Kapitän, verfügen sich zum General Beauregard und bitten ihn um eine Gefälligkeit, die er Ihnen gewiß nicht verweigern wird, Sie bitten ihn nämlich um Erlaubniß, einen liederlichen Kerl, den Sie an Bord haben, einen Strolch, der während der Überfahrt Ihre Leute zur Empörung aufgehetzt hat, während Ihres hiesigen Aufenthaltes in der Citadelle einschließen zu dürfen. Bei Ihrer Abreise gedächten Sie ihn wieder an Bord zu nehmen und nach England zurückzufahren, um ihn dort dem Landesgericht zu überliefern.«
»Gut, das läßt sich wohl machen,« sagte lächelnd James Playfair, »Beauregard wird mir solche Bitte gewiß nicht abschlagen.«
»Davon bin ich überzeugt, Herr Kapitän.«
»Mir fehlt dazu nur eins,« meinte James Playfair.
»Und das wäre?«
»Nun, der Strolch.«
»Der Strolch steht vor Ihnen, Herr Kapitän.«
»Wie? der abscheuliche Kerl …?«
»Bin ich, Herr Kapitän, es darf Ihnen aber nicht unangenehm sein.«
»O, Du muthiges, treues Herz!« rief Jenny und drückte mit ihren kleinen Händchen die großen harten Hände des Amerikaners.
»Jetzt verstehe ich Deinen Plan,« rief Playfair »und bedaure nur, daß ich nicht Deine Stelle einnehmen kann.«
»Jeder nach seiner Kunst und seinen Gaben, Herr Kapitän,« erwiderte Crockston; »wenn Sie meine Rolle als Strolch spielen sollten, würden Sie sehr in Verlegenheit
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