Die blonde Geisha
erzählte. Aufregende Bilder von Banditos, die über die alten Pfade ritten und nach verlorenen Schätzen suchten, füllten von da an die Träume des Jungen.
Mit siebzehn reiste Reed nach dem französisch-chinesischen Krieg nach China. Er arbeitete für eine amerikanische Handelsgruppe, die versuchte, abergläubische chinesische Überläufer daran zu hindern, die Eisenbahnschienen von Woosung nach Shanghai zu zerstören und Lokomotiven in den Fluss zu werfen.
Er musste erkennen, dass er in ihren Augen ein “ausländischer Teufel” war, doch das hielt ihn nicht davon ab, an die einsame Küste Koreas zu reisen, zu den schlammigen Flüssen, trostlosen Sandbänken und den lang gestreckten braunen Bergen des chinesischen Festlandes.
Reed grinste die beiden Samurais an. Sie weigerten sich, ihn noch einmal anzusehen und murmelten sich etwas zu. Wie amüsant diese Japaner doch sind, dachte er, niemals darf man ihnen zu nahe kommen. Er erinnerte sich noch genau daran, wie er dieses Land zum ersten Mal durch sein Fernglas erblickt hatte. Von San Francisco aus hatte er achtzehn Tage auf einem Dampfschiff verbracht. Dieses seltsame Land, dessen Gebäude wie Spielzeughäuser aussahen und die Bewohner wie Puppen, interessierte ihn. Das Leben erschien ihm sauber und künstlich. Und recht erotisch, denn in manchen Läden konnte man alles kaufen: einen künstlichen Jadestab, eine künstliche Mondgrotte, Aphrodisiaka, Liebestränke. Er hörte, dass junge Männer und Frauen im Shinto-Tempel das Spiel des Großen Phallus spielten, wobei sie sich gegenseitig so erregten, bis die Männer hart wurden, wobei der Mann das Spiel gewann, der trotz der nackten und willigen Mädchenkörper als letztes ejakulierte.
Weil der Himmel klar und blau war, sah Reed schon Stunden vor seiner Ankunft die aufstrebende Stadt Yokohama mit mehr als hundertfünfzigtausend Einwohnern. Er konnte die ausländischen Clubhäuser, Hotels und Wohnungen mit Meerblick erkennen. Dort trafen sich die vielen Reisenden aus der westlichen Welt, die die Insel bevölkerten, um diesem Land, das seit Jahrhunderten wuchs und gedieh, ihre Vorstellungen von Zivilisation nahe zu bringen. Reed vermied es, in Kontakt mit Engländern oder anderen Gaijins zu treten, die die Wirtschaft in der Stadt aufgebaut hatten.
Denn seine Mission war geheim.
Und gefährlich.
Das Leben eines Mädchens stand auf dem Spiel.
Obwohl Reed für sich blieb, fiel er mit seinen neugierigen blauen Augen und seiner Größe überall auf. Dorfbewohner drängten sich dicht an ihn, fragten ihn über die westliche Welt aus und befingerten seine Kleider. Vor allem die hübschen jungen Mädchen. Ihm gefiel das. Ihre Fingernägel tanzten über seine Lederjacke, sie kicherten hinter vorgehaltenen Händen und drückten ihre jungen Brüste gegen seine Schulter, berührten zögernd seine schlanken, harten Schenkel und betrachteten neugierig die große Ausbuchtung zwischen seinen Beinen.
“Ochimbo … ôkii, desu ne?” sagten sie. “Suki desu.” Grob übersetzt hieß das so viel wie: “Ich mag deinen großen Jadestab.”
Lächelnd lud er sie mit einem Blick ein, seinen Körper weiter zu erkunden. Ein waghalsiges junges Mädchen streckte die Hand aus, streichelte seine Hose und riss die Augen auf, als sie den Umfang seines steifen Zepters ertastete. Dann senkte sie kichernd den Blick und verfiel wieder in ihre unterwürfige Haltung. Wo auch immer er hinkam, überall war es dasselbe, er stellte Fragen, bekam keine Antworten, war ständig auf der Suche.
Auf der Suche nach ihr.
Nach dem Mädchen mit dem goldenen Haar.
Seit einem Monat war Reed nun in Kioto, wo er sich ein Zimmer in einem Wirtshaus für Ausländer namens Yaamis genommen hatte. Er beschattete die Teegärten und die Geisha-Häuser so oft er nur konnte. Obwohl ihm alle Mädchen, die zu seiner Altersangabe passten, gezeigt wurden, war das eine, das er so dringend suchte, nie dabei gewesen.
Doch der Amerikaner gab nicht auf. Heute Morgen hatte ihn eine Mama-san im Geisha-Viertel von Miyagawa-cho in ihrem, wie sie sagte “unwürdigen Teehaus” empfangen. Um die schönste Maiko in ganz Kioto sehen zu dürfen, sagte sie mit gesenktem Kopf, müsse er Blumengeld zahlen. Er zählte ein paar Münzen mehr auf den Tisch, als die Frau von ihm verlangt hatte, dann folgte er ihr die Treppe hinauf in die privaten Quartiere der Mama-san.
Dort, auf der Tatamimatte, saß ein Mädchen. Jung, schlank und so klein, dass es in ihrem lila Kimono wie eine lebende
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