Die blonde Geisha
das bis zur Taille aufgeknöpft war und seine breite Brust zeigte. Seine Fransenlederjacke flatterte im Wind, als er einen Schritt auf mich zu machte.
Vorgebend, entsetzt zu sein, wandte ich den Kopf ab. Dann, ganz langsam, kaum einen Muskel bewegend, warf ich ihm einen verstohlenen Blick zu. Ich befürchtete, er würde meine westlichen Gesichtszüge erkennen und mich verraten.
Während ich weiterging, klimperten die kleinen Glocken an meinen hohen Holzschuhen, dann kehrte ich dem Gaijin den Rücken zu. Ich hatte Angst vor dieser unkontrollierbaren Leidenschaft, und fühlte mich dennoch zu diesem Mann hingezogen.
Sehr sogar.
Ich war bereits ganz feucht.
7. KAPITEL
V erfolgt von dem bezaubernden Anblick des schönen, weiß geschminkten Gesichts, den runden, grünen Augen, errötenden Wangen, vollen, sinnlichen Lippen, wunderbar geschwungenen Augenbrauen und einer geraden Nase, lief Reed Cantrell mühsam atmend weiter den Berg hinauf zum Kiomidzu- Tempel.
Verzweifelt versuchte er, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Sie musste seine Anwesenheit spüren, blieb stehen und sah zu ihm zurück. So viele Fragen standen in ihren Augen, er erkannte aber auch Furcht. Dann verdeckten ihm buddhistische Priester mit gesenkten Köpfen die Sicht. Er nutzte die Gelegenheit, um näher an sie heranzupirschen, und wieder wandte sie ihm ihr Gesicht zu. Was für eine Schönheit. Ihm waren auch die beiden verdächtig aussehenden Männer aufgefallen, die ihr folgten. Sie trugen braune Kimonos, dicke Goldketten baumelten an ihren Gürteln und schlugen gegen ihre Schwerter. Diese einzigartige Kombination aus westlicher und japanischer Kleidung ließ ihn lächeln. Es war nicht ganz neu, dass er bizarre Kombinationen sah, manchmal trugen Japanerinnen Kimonos über Hosen, Männer trugen japanische Seidenhemden unter Gehröcken oder eine schwarze Melone zu ihren Kimonos und Sandalen.
Reed schwor sich, niemals so etwas wie einen Kimono anzuziehen oder gar einen Fächer zu tragen. Diese Bräuche verwirrten ihn noch immer. Sie waren amüsant, ja. Verstand er sie? Nein. Reed verließ sich auf seinen Instinkt, in diesem Land der versteckten Bedeutungen war nichts so, wie es schien. Ständig hatte er den Eindruck, als würde sich der Weg gabeln, und egal, welchen er wählte, es wäre der falsche.
Am liebsten hätte er den beiden Samurais gezeigt, dass ein Ausländer ihr Spiel sehr wohl lernen konnte. Sein Sensei, sein Lehrer, war Mitglied der Shinsengumi, der letzten heldenhaften Kämpfer gegen die westliche Zivilisation. Es brauchte ein wenig Überredungskunst und eine Flasche Saké, bis der alte Samurai ihm die ungeschriebenen Gesetze erklärte, die sich über Jahrhunderte hinweg erhalten hatten. Er sprach über Treue und Ehre.
Das war keine rein östliche Philosophie, wie Reed meinte, denn auch er hielt sich an diese Tugenden. Der einzige Unterschied war, dass Samurais zwei Schwerter bei sich trugen: Sowohl das längere als auch das kürzere lagen nachts neben ihren Kopfkissen in Reichweite. Und diese Schwerter hatte er an den beiden Männern, die das Mädchen verfolgten, auch entdeckt. Ein Schauer überlief ihn, als er an die Worte des alten Samurais dachte: Er prahlte damit, dass er nie jemanden getötet hätte, sondern nur diejenigen erlöst, deren Köpfe sowieso rollen sollten.
Nachdem er die Flasche Saké leer getrunken hatte, verkündete der alte Mann, dass viele seiner Freunde Harakiri begingen. Als Reed den Sinn dieser Methode hinterfragte, grummelte der Samurai nur, umklammerte die tröstliche Flasche fester, erklärte, dass im Magen der Sitz der japanischen Seele sei. Indem sie das Schwert in ihre Eingeweide bohrten, rissen die Samurais das Leben aus ihrem Körper.
Trotz allem war er von diesem Bushi, dem Kriegerleben, fasziniert. Der alte Samurai war begierig darauf gewesen, ihm Judo beizubringen und die Fähigkeit, Raffinesse und Beweglichkeit einzusetzen, um den Gegner zu überwältigen.
Reed seufzte leise. Sein Herz hämmerte. Ein wildes Flackern blitzte in seinen Augen auf, als er die beiden Japaner mit seinen Blicken herausforderte. Sie sahen ihn an, blickten dann zur Seite, als hätte man sie bei einer schändlichen Tat ertappt. Reed hatte das schaurige Gefühl, dass sie ihn davor warnten, sich dem Mädchen zu nähern.
Seine Abenteuerlust war schon während seiner Kindheit in Kalifornien geweckt worden, als ein Vaquero, ein alter mexikanischer Soldat, der auf der Ranch seines Vaters arbeitete, ihm Geschichten
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