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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Rabbi zu werden. Leider habe ich ihn enttäuscht. Ich wurde lieber Anwalt.«
    »Aber hier in der Kolonie haben Sie nicht als Anwalt gearbeitet, Mr. Bloom?«
    Er erklärte ihr, dass es in deutschen Landen Menschen jüdischen Glaubens nicht gestattet war, den Anwaltsberuf auszuüben. Nachdem sein Vater gestorben war, sei er nach London gezogen, um für seinen Onkel Shmuel zu arbeiten, der ihm die Erlaubnis verschaffte, in England Jura zu studieren. Als er dann endlich als Anwalt zugelassen wurde, war er gesundheitlich ruiniert.
    »Vielleicht lag es an den kalten Londoner Wintern?« Er zuckte nachdenklich die Achseln. »Auf alle Fälle hat das gesunde Klima von Ironbark meine Lungen wieder geheilt. Wer weiß, vielleicht war ich einfach nicht dazu bestimmt, Anwalt zu werden.«
    »Doch, das sind Sie! Die Kolonie braucht Menschen mit Ihren Fähigkeiten!« Sie sagte es derart überzeugt, dass beide erschraken. Dann setzte sie hastig hinzu: »Falls Sie sich doch noch anders entscheiden wollen.«
    Als er sie über den Fortschritt ihrer Schüler befragte, fühlte sie sich sicherer.
    »Sogar die Kleinsten beherrschen jetzt das Alphabet und können ihre Namen schreiben. Winnie hatte anfangs Mühe zu lesen, aber dafür hat sie ein wunderbares Talent zum Zeichnen. Sie sieht
die ganze Welt in Bildern. Deshalb habe ich ein Alphabet erfunden, das aus Strichmännchen besteht.«
    »Wie sieht das aus?«, fragte er höflich.
    Sie sprang auf, um es ihm zu zeigen. »Der Buchstabe M zum Beispiel: zwei Jungen, die voreinander stehen und sich die Hand schütteln. T ist eine Vogelscheuche. P ein dicker Mann mit geschwollener Brust.«
    Wenn Joseph Bloom lächelte, sah er aus wie ein kleiner Junge. Ermutigt fuhr Keziah fort: »Die älteren Kinder schreiben und illustrieren ihr eigenes Buch. Für jedes Kapitel bündeln sie ihre Talente, sie können über alles schreiben, was sie wollen, die Welt, die sie umgibt, oder das, was sich in ihrer Phantasie abspielt. Mit dem letzten Kapitel habe ich einen Katholiken und einen Protestanten zusammen beauftragt, die sich ständig kabbeln. Jetzt müssen sie sich irgendwie zusammenraufen.« Plötzlich wurde sie ernst. »Rede ich zu viel?«
    »Keineswegs. Ihr Enthusiasmus ist erfrischend.«
    Keziah fuhr fort: »Die größten Sorgen mache ich mir um Big Bruce MacAlister. Er wird bald ein Niveau erreicht haben, in dem ich ihm nicht mehr helfen kann. Er muss Latein, Naturwissenschaft oder Jura studieren.«
    »Ich teile Ihre Sorgen. Ich suche nach einer Möglichkeit, ihm ein Stipendium zu verschaffen, damit er auf eine höhere Schule gehen kann und seine Mutter trotzdem allein auf ihrer Farm zurechtkommt. «
    Keziah klatschte in die Hände. »Wie klug von Ihnen!«
    Erwirkte geschmeichelt, wechselte dennoch das Thema. »Womit beschäftigen sich die Kinder in ihrer Freizeit?«
    »Mit Bockspringen oder Wettrennen. Am liebsten spielen sie Buschräuber und Trooper. Ich war ziemlich entsetzt, als die Trooper den kleinen Davey Collins für seine Verbrechen als Buschräuber tatsächlich auspeitschen wollten.«
    »In den Kindern spiegelt sich nur die Welt der Erwachsenen wider. Darf ich fragen, wie Sie dieses Problem gelöst haben?«
    »Ich habe ihnen vorgeschlagen, dass die Buschräuber die Trooper zu einer Partie Kricket herausfordern.« Sie grinste ihn breit an. »Die Buschräuber gewannen mit drei Toren Vorsprung.«
    »Ein genialer Einfall. Obwohl ich die britische Staatsangehörigkeit besitze, war mir Kricket immer ein Rätsel, aber ich halte es für eine vorzügliche Methode, Kindern das Fairplay beizubringen. «
    Kaum hatte sich Keziah etwas entspannt, erschreckte er sie mit der nächsten Frage. Ob sie an Zufälle glaube? Keziah versuchte, eine neutrale Antwort zu geben, doch Joseph Bloom starrte ins Leere, als hätte er halbwegs vergessen, dass sie da war, während er den Grund für seine Frage erklärte.
    Gestern hatte er im Buch Hiob gelesen . »Auch bekam er sieben Söhne und drei Töchter … Man fand im ganzen Land keine schöneren Frauen als die Töchter Hiobs .« Eine davon hatte er Keziah genannt. Und dann war Trooper Kenwood gekommen, um ihn über das Opfer des Kutschenunfalls zu befragen, Keziah Smith.
    »Dieselbe junge Frau, die laut Jakob Andersen von Caleb Morgan gesucht wird. Sie erinnern sich an den Brief, den ich an Sie weitergeleitet habe?«
    Keziah spürte, wie ihr das Blut aus dem Gesicht wich. Wie um alles in der Welt könnte ich das vergessen! »Keziah war eine Mitreisende in meiner Kutsche.

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