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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Hinweis, die Wesleyan’sche Haushälterin würde das Teufelszeug sonst ins Spülbecken kippen, noch ehe Leslie Ross die Gelegenheit hätte, das Etikett zu lesen.
    Keziah stieg die Treppen hinauf, stets auf der Hut vor einem mulo , doch als sie das Krankenzimmer betrat, spürte sie keinerlei Schwingungen, die auf Geister schließen ließen. Das Sonnenlicht fiel durch das Dachfenster auf einen farbenfrohen Flickenteppich.
    Dr. Leslie Ross saß aufrecht im Bett, von ein paar Kissen gestützt, sein Haar war frisch gekämmt, der Bart gestutzt. Keziah erkannte, dass er beträchtlich an Gewicht verloren hatte und Mühe beim Atmen hatte, doch das tat seiner herzlichen Gastfreundschaft keinen Abbruch.
    »Wie schön, dass Sie vorbeischauen, Mädchen«, sagte er. »Sie sind also die Schullehrerin, die Jake so schätzt. Endlich lernen wir uns auch einmal kennen.«
    »Sie sind der Held von Ironbark, Doc. Ich bin wegen Ihrer Genesung da, deshalb will ich es kurz machen. Jake schickt Ihnen diese Whiskyflasche, weil er meint, damit brächten Sie die bittere Medizin leichter hinunter. Außerdem habe ich Ihnen Obst, Gemüse,
Eier und eine Lammhälfte von Ihren dankbaren Patienten mitgebracht. Und ich soll Ihnen mitteilen, dass Sie Ihre Arbeit erst wieder aufnehmen sollen, wenn Sie ganz gesund sind.«
    »Vielen Dank, aber mir geht es schon fast wieder gut. Außerdem gibt es meilenweit keinen anderen Arzt.«
    Keziah hob die Hand und ließ seinen Einwand nicht gelten. »Jake hat mich gebeten, Ihnen meinen Kräutertee zu bringen. Es ist ein altes Roma-Rezept und wirkt immer.« Dann setzte sie hastig hinzu: »Ich habe ihn von einer alten Zigeunerin. Sie müssen ihn viermal am Tag trinken, dann löst er den Schleim in Ihrer Lunge. Nehmen Sie mir es nicht übel, wenn ich mich erdreiste, Ihnen Ratschläge zu erteilen.«
    Er schüttelte bewundernd den Kopf. »Sie kommen mir wie ein Flottenadmiral vor, Mädchen. Sehr tüchtig. Sagen Sie Janet, dass sie die Kräuter nach Ihren Anweisungen zubereiten soll. Ich werde meine Medizin einnehmen wie ein Mann!«
    Während sie die Treppe hinuntereilte, um Janet zu erklären, wie sie den Tee zubereiten sollte, seufzte Keziah vor Erleichterung. Mörder oder Opfer, ganz gleich, welcher Geist hier gespukt hatte, er war seit Langem verschwunden.
    Ohne die Proviantkisten war Hobsons Kutsche viel leichter. Nachdem Keziah die Auffahrt verlassen hatte, blieb sie neben einer Trauerweide stehen und betrachtete den vernachlässigten Garten. Trotz der Sonne lief es ihr plötzlich eiskalt über den Rücken, als ihr ein schrecklicher Gedanke kam. Was, wenn sie nun ebenfalls krank würde? Sie wäre eine Gefahr für Gabriel, Murphy und alle Schüler.
    In diesem Augenblick entdeckte sie den neuen Arbeiter des Arztes. Ein junger Mann, der in einiger Entfernung neben einem verfallenen Steinbrunnen stand. Sein kahl geschorener Schädel und die zerlumpte, schmutzige Kleidung wiesen ihn als Strafgefangenen aus. Er starrte sie aus traurigen Augen in einem hageren Gesicht an. Keziah winkte ihm zu und tröstete sich mit dem Gedanken, dass er einem menschlichen Herrn zugewiesen worden
war. Kein Zweifel, sobald Dr. Ross wieder auf den Beinen wäre, würde er ihm die Fußfesseln abnehmen.
    Der Junge beobachtete sie schweigend, hob dann den Holzdeckel des Brunnens und warf etwas hinein. Sekunden später hörte sie ein Platschen, als der Gegenstand auf das Wasser schlug.
    Keziah wollte gerade weiterfahren, als sie spürte, dass irgendetwas nicht stimmte. Seine Fußfesseln waren verschwunden. Und dann sah sie auch, warum. Sein ganzer Körper löste sich vor ihren Augen langsam auf.
    Von Panik erfüllt ließ sie die Peitsche knallen und preschte mit der Kutsche auf die Straße zu. Mi-duvel! Padraic! Warum lassen mich diese verdammten Geister nicht endlich in Frieden?

    Daniel Browne saß auf Keziahs Holzstuhl und ließ sich das üppige Frühstück schmecken, das sie ihm vorgesetzt hatte.
    Er hatte Ausgang bekommen, um an der Verlesung des Aufgebots in der Kapelle teilzunehmen. Keziah war froh, dass er bei Einbruch der Nacht zurück in Gideon Park sein musste. Bis dahin zwang die Gastfreundschaft der Roma sie, seine Arroganz zu ertragen.
    »Vorzüglich. Ich kann mich zu meiner Wahl nur beglückwünschen. «
    »Zähl die Küken nicht, bevor sie ausgebrütet sind!«, erwiderte Keziah.
    »Na, komm schon«, spottete er mit einem boshaften Unterton. »Wenn du mich heiratest, steht dir das Beste aus beiden Welten offen. Du hast einen Mann,

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