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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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jungen Buschräubers zu erinnern.
    »Du kannst jetzt wieder nüchtern werden«, bemerkte sie scharf. »Und erspar mir das Gesinge. Das können die Iren weit besser.«
    »Nun, ich bin zufällig zur Hälfte Ire«, entgegnete Jake.
    »Dann ist es wohl deine norwegische Hälfte, die da trällert.«
    »Jesses! Ihr Frauen müsst immer das letzte Wort haben, wie?«
    »Nicht heute Nacht. Jedenfalls nicht ich.« Wütend wischte sie sich eine Träne weg. »Ich verurteile Gem nicht, weil er mich verstoßen
hat. Aber warum stellt er sich nicht, um wenigstens sein Leben zu retten?«
    Jake hatte keinen Zweifel, dass der Grund dafür die Hölle war, in der der Teufel in Person herrschte. Doch das konnte er ihr nicht sagen. »Einem Mann wie Gem bedeutet die Freiheit mehr als alles andere.«
    Während sie die Straße nach Ironbark entlangritten, fühlte sich Jake der ganzen Sache immer weniger gewachsen. Keziah weinte sich die Augen aus. Ihre Bluse war schon ganz nass von den vielen Tränen. Obendrein sah sie ihn an, als läge es in seiner Macht, alles wieder ins Lot zu bringen.
    Jake versuchte, den Blick abzuwenden. Kez sieht wirklich furchtbar aus, wenn sie weint.
    »Ist das nicht verrückt, Jake? Wenn Gem mich heiratet, würde man ihn nach dem Gesetz der gaujo mir unterstellen, aber sein Roma-Stolz würde ihm nie erlauben, Gabriel anzuerkennen. Und statt Gem werde ich nun diesem Daniel Browne die Freiheit schenken!«
    Jake wusste, dass das System nicht so einfach zu manipulieren war. Als angesehene Schullehrerin die Erlaubnis des Gouverneurs zu bekommen, einen hart arbeitenden Mann wie Daniel zu heiraten, war eine Sache, aber die Richter verteilten nicht Ehegenehmigungen an Buschräuber wie Lutscher.
    Er versuchte, sie zu trösten. »Du hast richtig entschieden. Gabriel hat Vorrang. Kinder bitten nicht darum, auf die Welt zu kommen.«
    Keziah klammerte sich an diesen Gedanken. »Ja, das stimmt. Gabriel ist das Wichtigste!« Sie schenkte ihm ein Lächeln, das, wie Jake sehr gut wusste, die meisten Männer umgeworfen hätte. Doch er war immun dagegen. Kez war lediglich sein Kumpel.

NEUNUNDZWANZIG
    K eziahs Herz raste, als sie in Hobsons Einspänner über die Holzbrücke fuhr und die Geisterfarm in Sicht kam. Bislang hatte sie das Anwesen wegen seines unheimlichen Rufs gemieden, doch heute blieb ihr keine Wahl.
    Während der jüngsten Epidemie hatte sich Dr. Ross überall in der Gegend große Achtung erworben und unzählige Bürger vor dem Tod gerettet, doch am Ende war er selbst erkrankt.
    Als Jake erwähnt hatte, dass sie die Genesung des Arztes vielleicht mit ihrem »Kräuterzeug« beschleunigen könnte, hatte Keziah entschieden, ihre Angst vor mulos zu überwinden, denn dass Jake jemanden um einen Gefallen bat, kam nicht alle Tage vor.
    Als sie zu dem doppelstöckigen, weiß getünchten Haus des Docs gelangte, war sie von der friedlichen Atmosphäre überrascht. Trotz der unheimlichen Legende von einem gewissen Barnes, der seine Frau geschlagen hatte und hier von einem irischen Strafgefangenen namens Padraic umgebracht worden war, befand sich das alte Haus selbst offenbar in gutem Zustand. Die Felder und Obstgärten dagegen brauchten eindeutig Pflege. Sie wusste, dass Dr. Ross einen Häftling beantragt hatte, der auf dem Hof arbeiten sollte, doch dann waren die Gesetze zugunsten neuer freier Siedler geändert worden, sodass der Nachschub an Strafgefangenen ins Stocken geraten war.
    Die Veranda war mit einem Schild abgesperrt, auf dem »Quarantäne« stand. Trotzdem würde sich Keziah jetzt nicht davon abbringen lassen, dem Doc die Kräutermedizin ihrer Vorfahren anzubieten.
    Janet Macgregor, die Strafgefangene, die Dr. Ross den Haushalt
führte, öffnete ihr die Tür. Sie wirkte Respekt einflößend. Keziah hatte Gerüchte über die kriminelle Vergangenheit der Frau gehört, aber als sie jetzt völlig erschöpft vor ihr stand, nachdem sie den Doc wochenlang aufopfernd gepflegt hatte, empfand sie sofort Sympathie für sie.
    »Auf dem Schild steht, dass hier Quarantänegebiet ist«, sagte Janet kurz angebunden.
    »Ich bin Saranna Plews, die Lehrerin aus Ironbark. Dürfte ich kurz mit dem Doc sprechen? Ich habe ein paar Vorräte für ihn mitgebracht. Jake Andersen hat mich gebeten, ihm persönlich eine Nachricht zu überbringen.«
    »Zweite Tür am Ende der Treppe«, erklärte Janet und machte sich daran, die Kisten abzuladen.
    Keziah verbarg unter ihrem Schal eine Whiskyflasche, die Jake ihr für den Doc gegeben hatte, mit dem

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