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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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über das Kinn lief. Mit schlaff herabhängenden Armen ging er auf Jake zu und versuchte dann, ihn mit einem unerwarteten Catcher-Griff festzuhalten. Überrumpelt setzte Jake sein ganzes Körpergewicht ein und schleuderte ihn zu Boden.
    Beide stürzten und wälzten sich keuchend über die Erde wie zwei Schuljungen auf dem Spielplatz. Als Daniel ihn festhielt, war Jake so verblüfft, dass er innehielt. Er war es nicht gewohnt zu unterliegen. Außerdem verwunderte ihn Daniels seltsamer Ausdruck.
    »Verstehst du nicht, warum ich nicht mit dir kämpfen kann?«
    Jake löste sich aus seinem Griff, indem er ihm einen derart wuchtigen Tritt zwischen die Beine verpasste, dass Daniel in die Büsche flog. Dann stieg Jake über den gekrümmt am Boden liegenden Körper und ging auf Horatio zu.
    Daniel richtete sich taumelnd auf. Im gleichen Augenblick tauchte Scotty an der Tür auf und rief Jake zu, er solle noch etwas bleiben und von seinem neuen Schnaps probieren. Scottys irische Freunde erschienen ebenfalls, in der Hoffnung auf eine ordentliche Schlägerei. Sie waren so betrunken, dass sie nicht wussten, auf welcher Seite sie standen, aber sie würden die Sache genießen.
    »Du dämlicher Hund!«, schrie Jake Daniel an. »Lässt dich lieber zu Brei schlagen, als deine kostbaren Hände in Gefahr zu bringen!« Da ihm keine passende Beleidigung einfiel, setzte er geringschätzig hinzu: »Blöder Künstlerspinner!«
    Anschließend schwang er sich in den Sattel und drohte: »Wenn du je wieder meine Freundin betrügst, bringe ich dich um!«
    Daniel sah ihm nach, bis Ross und Reiter verschwanden, taumelte
zu Keziahs Wildpferd und ritt davon. Das Mädchen mit dem grünen Kleid rief ihm noch nach: »Komm zurück, Danny!«, doch er warf nur einen Blick über die Schulter und antwortete nicht.
    Er war wie gelähmt vor Schreck, als er an den seichten Bach hinter Keziahs Haus kam. Der führte gerade noch so viel Wasser, dass er sein blutiges Gesicht darin waschen konnte. Da er seiner Frau nicht begegnen wollte, legte er sich auf der Veranda hin. Doch er konnte nicht einschlafen; er lag einfach nur da und beobachtete, wie der Mond über den mit Sternen übersäten Himmel wanderte.
    Die Kleine bedeutete ihm nichts. Sie hatte ihm nur einen kurzen Augenblick körperlicher Befriedigung verschafft, danach hatte er sich erniedrigt und beschämt gefühlt. Diese Hure war ein billiger Ersatz – aber für wen? Seine Frau?
    Immer wieder blitzten Fetzen ihres Kampfs in seiner Erinnerung auf. Die Worte, die er Jake entgegengeschleudert hatte, ohne nachzudenken. Verstehst du nicht, warum ich nicht mit dir kämpfen kann?
    Und dann erlebte er – überwältigt von düsteren, heimlichen Gefühlen – noch einmal den Augenblick, als sie sich ineinander verkeilt über den Boden gewälzt hatten.

FÜNFUNDDREISSIG
    W ieder stand der Vollmond am Himmel. Jake beugte sich über sein Lagerfeuer neben der Sydney Road und las zum x-ten Mal den neuesten Bericht des amerikanischen Detektivbüros, um seine Laune zu bessern.
    Zwar war er anfänglich enttäuscht gewesen, weil er noch immer keine Rückschlüsse auf den Aufenthaltsort seiner Pearl zuließ, dafür aber enthielt das Schreiben einige erstaunliche Neuigkeiten über die finanzielle Lage des Grafen.
    Das Netz zieht sich zu. Der Graf steckt in einer finanziellen Klemme. Die gerissenen Neuseeländer waren vorsichtig genug, nicht in seine angeblich so lukrativen Geschäfte einzusteigen. Man fand das Segelschiff, das er zu einem Dampfer umgebaut hatte, die Contessa Giovanna, an der Küste unweit von South Island, wo es gestrandet war. Von Fracht und Mannschaft keine Spur. Man verdächtigt den Besitzer des Betrugs. Mein Informant in Auckland berichtet, er sei äußerst launisch – das Spektrum reiche von grenzenloser Gastfreundschaft bis zu heftigen Wutausbrüchen. Wie es heißt, plant er seine Rückkehr nach New South Wales, weil seine Herzensdame sich langweilt.
    Seine Herzensdame sich langweilt . Bei diesem Satz zuckte Jake zusammen und wappnete sich gegen die Erinnerung an Jennys Körper, ihre Stimme, ihr Parfüm. Er sagte sich, dass er die Trumpfkarte in der Hand hielt; dies war der erste hoffnungsvolle Bericht des Yankees. Er trug ihn stets bei sich, in Regenhaut gewickelt, um ihn vor dem Wetter zu schützen, griffbereit für den
Augenblick, wenn er von Angesicht zu Angesicht vor Jenny stünde. Dann würde er sie zwingen, ihm zu verraten, wo sie Pearl versteckte. Die Tage dieses Conte waren gezählt. Er

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