Die Blüte des Eukalyptus
erinnerte sich an den Lieblingssatz des Arztes, dass die Engländer alle Schlachten verloren bis auf die letzte entscheidende! Jake beschloss, dass er seine letzte entscheidende Schlacht gewinnen würde, und wenn er wie Horatio Nelson dabei ins Gras beißen müsste.
Kurz vor dem Wegdämmern schreckte er plötzlich auf. Von seinem üblichen Schlafplatz unter dem Pferdewagen aus sah er ein Paar Männerstiefel vor dem ausgehenden Lagerfeuer. Seine Hand fuhr zum Revolver.
Eine vom Alkohol verzerrte Stimme lallte: »Schläfst du, Jake? Ich habe hier eine Flasche, die Gesellschaft sucht.«
Jake kroch unter dem Wagen hervor und stand vor dem legendären jungen Burschen, der jetzt als Schwadroneur bekannt war, der Gentleman unter den Buschräubern. Es tat gut zu sehen, dass Will Martens lebte und frei war.
Jake klopfte ihm auf die Schulter. »Jesses, wie hast du es dieses Mal geschafft auszubüxen? Das neue Gefängnis in Berrima ist doch angeblich ausbruchsicher. Was für eine Blamage für die Behörden! «
Im Schein des Mondes musterte Jake ihn eingehend. Wills Augen waren blutunterlaufen, das Gesicht unrasiert, er schwankte in seinen Reitstiefeln, und sein Mantel war zerfetzt. Ganz und gar nicht der elegante Buschräuber, als den man ihn kannte. Selbst sein Draufgängertum war nur ein blasser Abklatsch seines gewohnten Selbstbewusstseins.
»Es gibt einen Trick, um aus Berrima auszureißen. Erinnere mich, dass ich ihn dir verrate, falls du jemals in die Verlegenheit kommen solltest«, bot er Jake an. »Aber zuerst muss ich mit dir über ein Geschäft reden. Ich bin schon seit Tagen auf der Suche nach dir.«
Jake legte ein Holzscheit nach und stellte den Topf mit den Resten des Eintopfes darauf.
»Iss erst mal einen Happen, Kumpel.«
Gierig verschlang Will den Rest des Essens und spülte es mit einem Becher Rotwein hinunter.
Jake wartete, bis er ihm verriet, worum es ging. Zuerst unterhielten sie sich über Pferde, ihr Lieblingsthema. Will deutete mit dem Kinn auf zwei Tiere, die hinter einem Gebüsch versteckt waren.
»Diese Stute ist das beste Pferd, das ich jemals geritten habe. Sie gibt mir das Gefühl, als wäre mein kurzes Leben nicht völlig umsonst gewesen.« Er sah wehmütig aus. »Weißt du was, Kumpel? Ich hab noch nie ein Mädchen geküsst.«
»Was soll der Quatsch mit deinem kurzen Leben? Du wirst noch jede Menge Mädchen küssen und neunundneunzig Jahre alt werden.«
Will schüttelte den Kopf. »Du weißt genau, wie lange ein Strafgefangener zu leben hat, wenn er Buschräuber wird. Sechs Monate. Ein Jahr, wenn’s hochkommt. Ich lebe bereits auf geborgter Zeit.«
»Dummkopf. Das trifft nur auf gewalttätige Buschräuber zu. Jeder weiß, dass du noch nie auf jemanden geschossen hast. Alle Zeitungen lieben dich. Für die Jugend von Ironbark bist du ein Held.«
Doch Will machte sich ernste Sorgen über seinen bevorstehenden Tod. »Hast du schon das Neueste über den Henker gehört? Gouverneur Gipps kann ihn nicht feuern. Es gibt niemanden mehr in der Kolonie, der seine Arbeit machen möchte. Er ist so verhasst, dass er sich in einer Zelle in Woolloomooloo Stockade verkrochen hat und nur zu den öffentlichen Hinrichtungen herauskommt.« Will hing einen Augenblick seinen Gedanken nach. »Und ich könnte sein nächster Kandidat sein!«
Jake schenkte ihm nach. Will war bereits so betrunken, dass es auf ein Glas mehr oder weniger nicht ankam.
»Also, raus mit der Sprache, was hast du so Geheimes mit mir zu besprechen?«
»Es geht nicht um mich, sondern um Gem.« Will zog einen
Umschlag aus seiner Jackentasche und überreichte ihn Jake. »Er hat mich gebeten, diesen Brief für ihn zu schreiben. Es ist so etwas wie sein letzter Wille. Ein Testament.«
»Jesses!«, rief Jake. »Langsam wird mir das alles hier zu düster.«
Will hob die Hand. »Ich habe Gem hoch und heilig versprochen, dir den Brief zu überbringen.«
Jake zögerte, ihn anzunehmen. »Wenn du ihn geschrieben hast, kannst du ihn mir auch vorlesen.«
So begann Will, Gems Brief im Licht des Feuers zu verlesen:
Lieber Kamerad,
dieser letzte Wille ist keine amtliche Urkunde. Da mir aber das Gesetz nie wohlgesinnt war, wäre ich ein Heuchler, wenn ich mich darauf bezöge, nachdem ich tot und begraben bin. In meinem ganzen Leben habe ich nur zwei gaujo gekannt, denen ich fast hundertprozentig vertrauen konnte. Der Überbringer dieses Briefes ist einer, und Du bist der andere.
Zwei Dinge überlasse ich Deiner Obhut. Sarishan, der uns zu
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