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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Wir werden dann nach Goulburn ziehen. Es tut mir sehr leid, dass wir Sie so unter Druck setzen müssen.«
    »Dann werde ich zwischen unseren Sitzungen Tag und Nacht am Hintergrund arbeiten.«
    Als sich Daniel daran erinnerte, dass er kein Dach mehr über dem Kopf hatte, um zu arbeiten und zu schlafen, geriet er in Panik. Wie sollte er in dieser kurzen Zeit sein Versprechen einhalten und höchste Qualität liefern?
    Er spürte, wie Mrs. Hamberton ihn nachdenklich musterte.
    »Es wird nicht leicht sein, die große Leinwand zwischen Ihrem Atelier und unserem Haus hin und her zu transportieren. Wäre es nicht besser, Sie würden als Gast meines Mannes hierbleiben, bis Sie das Porträt beendet haben? Das Haus verfügt über einen
ruhigen Gästeflügel, wo Sie ungestört arbeiten könnten, wenn Sie wollen.«
    Daniel hätte aus schierer Erleichterung beinahe laut losgelacht. Mein Atelier? Wenn sie wüsste, wie gründlich Dix alles zerstört hat. Und dass ich für heute Nacht nicht einmal ein Bett hatte.
    Mrs. Hamberton interpretierte sein Schweigen als Zustimmung. »Wenn Ihnen das Arrangement zusagt, würde ich vorschlagen, dass wir sofort mit der Arbeit beginnen. Aber fühlen Sie sich nicht unter Zeitdruck gesetzt. Sollten Sie das Porträt rechtzeitig vor unserer Abreise nicht zu Ihrer vollkommenen Zufriedenheit beendet haben, so würden wir uns freuen, wenn Sie mit uns nach Goulburn ziehen, um es dort fertig zu malen.«
    Zu meiner vollkommenen Zufriedenheit! Sie behandelt mich wie einen berühmten Künstler.
    Während er die Umrisse skizzierte, hatte Daniel das Gefühl, als schwebte er in einem Traum einen Korridor entlang, in dem alle Türen aufsprangen, um ihm den Weg zu erleuchten. Er musste sich um nichts sorgen, höchstens um die Auswahl der richtigen Farben, die er auf seiner Palette mischte, das Arrangement des Dekors, den perfekten Farbton der Blumen, damit sie mit dem Türkis ihres Kleides und dem Blau ihrer Augen harmonisierten.
    Die Zeit stand ihm entweder zur Verfügung oder war eine Dimension, in der er sich nach Gutdünken verlieren konnte. Er arbeitete schnell und sicher, als führten die Engel seinen Pinsel. Dann trat er einen Schritt von der Staffelei zurück und betrachtete die Ölfarben im Sonnenlicht, das durch das Fenster fiel. Es warf ganz leichte Schatten auf die klassische Struktur ihres Gesichtes, die sie noch rätselhafter erscheinen ließen. Er war hingerissen. Das Gemälde wäre weit mehr als das konventionelle Porträt einer schönen Frau von vornehmer Herkunft.
    Obwohl Mrs. Hamberton Aristokratin war und ihn während der Arbeit höflich, aber etwas distanziert behandelte, war sie mit der arroganten Charlotte Jonstone nicht zu vergleichen. Manchmal
fragte sie ihn über seine Arbeit und sein Leben aus, während sie Modell stand.
    »Nehmen Sie Anstoß an meinen Fragen, Mr. Browne? Sagen Sie es mir, bitte. Ich bin neu in der Kolonie und muss noch viel über das Leben hier lernen.«
    Von ihrer Achtung entwaffnet, hatte Daniel das Gefühl, ganz ehrlich sein zu können.
    »Ich fürchte, dass mein Wissen beschränkt ist. Als Strafgefangener war mein Leben auf Mr. Jonstones Anwesen begrenzt, bis ich das Glück hatte, heiraten zu können und freikam.«
    »Recht so. Es war richtig, sich ein neues Leben aufzubauen. « Sie zögerte. »Wie ich gehört habe, kam Ihre Frau als freier Mensch in die Kolonie?«
    Die Frage erschreckte ihn. »Ja. Ich bin Saranna vieles schuldig. Sie versteht die Zwänge, unter denen ein Künstler leidet.« Plötzlich war er alarmiert, denn um ein Haar hätte er seine Frau Keziah genannt.
    »Ja, Mr. Jonstone erzählte mir, dass Mrs. Browne als Lehrerin in einem abgelegenen Dorf sehr geschätzt wurde.«
    »Das ja, doch im Augenblick reist sie in Gesellschaft eines Freundes durch das Land, bis ich wieder zu ihnen stoße.«
    Daniel hoffte, sie würde nicht fragen, wo genau. Er konnte ihr schlecht sagen, dass seine Frau ihrem Liebhaber Jake Andersen folgte, wohin dieser auch ging.
    »Sie haben ein Kind, nicht wahr? Welch ein Segen«, sagte Mrs. Hamberton und seufzte leise.
    Da Daniel es gewohnt war, bei diesem Thema vorsichtig zu sein, antwortete er so wie immer. »Wir haben noch keine eigenen Kinder, aber meine Frau hat einen wunderbaren Jungen adoptiert, der nach der Geburt ausgesetzt worden war. Gabriel Stanley.«
    »Gabriel Stanley«, wiederholte sie. »Ein schöner Name.«
    Daniel bemerkte, dass sie ihn kaum noch wahrzunehmen schien, obwohl sie ihn nach wie vor ansah und ihren

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