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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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dem Porträt für diesen Politiker fertig. Sogar ein Merinoschaf sieht besser aus als er. Er war aber trotzdem zufrieden und hat mich ordentlich bezahlt. Nur gut, dass manche Landadlige von der Depression verschont geblieben sind.«
    Dix enthielt sich eines Kommentars. Daniel machte eine ausholende Bewegung mit der Hand.
    »Und jetzt die richtig gute Neuigkeit. Mit Jonstones Hilfe habe ich den Auftrag, eine gut aussehende Dame zu malen – Alfred Hambertons Frau. Die erste Sitzung findet morgen Früh in ihrem Stadthaus am Woolloomooloo Hill statt. Hamberton ist erst vor Kurzem aus dem Mutterland eingetroffen und vom Gouverneur zum Richter ernannt worden. Offensichtlich sind ihre beiden Frauen enge Freundinnen. Du weißt ja, wie so etwas funktioniert.«
    Daniel entledigte sich seiner Stiefel und ließ sich auf das gestreifte Regency-Sofa fallen.
    »Trinken wir auf meinen Gönner. Möge Gott ihn segnen. Er hat mir eine eigene Ausstellung für nächstes Jahr versprochen.«
Daniel lachte fröhlich. »Ich bin so glücklich, dass ich Jonstone die Stiefel küssen könnte.«
    Dix probierte wortlos von dem Wein. »Na, solange er nicht verlangt, dass du ihm den Hintern küsst.«
    Daniel war plötzlich alarmiert. Er hatte sich an Dix’ heftige Stimmungswechsel gewöhnt, die zwischen Großzügigkeit und Eifersucht schwankten. Daniel vermutete komplexe Gründe dahinter. Dix war zehn Jahre älter als er, hatte sich aber bislang noch keinen Namen als Künstler machen können. Außerdem beneidete er Daniel, weil der in Jonstone, einem Freund des Gouverneurs, einen Mäzen gefunden hatte. Er ließ sich keine Gelegenheit entgehen, Daniel daran zu erinnern, dass er früher dessen Strafgefangener gewesen war.
    Daniel hatte trotz ihrer Rivalitäten einen herzlicheren Empfang erwartet.
    »Habe ich dich etwa gekränkt, Dix? Du weißt doch, wie dankbar ich dir für deine Gastfreundschaft bin und dafür, dass du mich immer wieder in meiner Arbeit ermutigst.«
    »Dankbar? Dann hast du eine seltsame Art, es zu zeigen, mein Junge. Ich erwarte wirklich nicht viel dafür, dass du mein ständiger Gast bist, aber in letzter Zeit ziehst du es vor, deine Zeit mit irgendwelchen Nichtsnutzen zu verbringen, die sich auf meine Kosten betrinken.«
    Dix setzte sich in den Sessel gegenüber dem Sofa, um seine verletzten Gefühle zu unterstreichen.
    Daniel versuchte, ihn zu besänftigen, aber seine Stimme war kühl. »Wenn du meinst, dass ich mich an den Kosten beteiligen sollte, dann will ich es jetzt tun, solange ich noch Geld habe.«
    Dix’ Stimme schraubte sich eine Oktave höher. »Glaubst du etwa, du könntest mich für meine Freundlichkeit ausbezahlen? Mich abschieben wie einen alten Gaul, der seine Schuldigkeit getan hat?«
    Daniel sprang auf. »Du weißt genau, dass ich dir immer ein treuer Freund gewesen bin!«

    Dix schnaubte ungläubig.
    »Ich sehe, dass du verletzt bist. Wenn du möchtest, dass ich gehe, brauchst du es nur zu sagen.«
    »Ach, jetzt, da du von den vornehmen Herrschaften akzeptiert wirst, glaubst du, mir drohen zu können«, kreischte Dix schrill. »Bilde dir bloß nicht ein, dass es von Dauer sein wird, Danny Boy. Wir Aristokraten sind wankelmütig wie die Hölle.«
    Daniel hob die Hand und kapitulierte. »Heute ist mein Glückstag. Ich will mich nicht mit dir streiten. Darf ich dich zum Essen einladen? Such dir aus, wohin du am liebsten gehen würdest.«
    Noch ehe Dix antworten konnte, ging die Schlafzimmertür auf, und ein nackter junger Mann trat ein. Er hatte den muskulösen Körper eines Mannes auf einem Gemälde von Michelangelo und schlenderte quer durch den Raum auf das Badezimmer zu.
    »Wie unartig, Kinder«, sagte er spöttisch. »Streitet euch doch nicht!« Dann grinste er Daniel über die Schulter zu und ließ die Badezimmertür hinter sich zufallen.
    Daniel war, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen. Er hatte den jungen Mann noch nie zuvor gesehen. Er ließ sich wieder auf das Sofa fallen und musterte Dix, dessen Gesicht vom Wein erhitzt war.
    »Aha, jetzt verstehe ich«, sagte Daniel ruhig. »Angriff ist die beste Verteidigung. Du wirfst mir Untreue vor, um von deiner eigenen abzulenken. Sag mir eins, Dix, ist dein kleiner Freund auch so ein unerfahrener Künstler wie ich, als du mich unter deine Fittiche genommen hast?«
    Dix musterte ihn blasiert. »Seine Bilder sind nicht der Rede wert, aber darin, worauf es ankommt, ist er sehr talentiert.«
    Daniel nahm sich Zeit, um die Neuigkeit zu

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