Die Blüte des Eukalyptus
war mein Held. Stark und schön. Er ritt wie der Wind. Keiner konnte meinen Gem im Faustkampf schlagen. Ich wusste schon als Kind, dass wir eines Tages zusammen sein würden. Er ist mein Rom. Mein Mann.«
Sie registrierte, dass Caleb den Blick abwandte, als hätten ihre Worte ihn verstimmt.
»Habt ihr auch in der Kirche geheiratet?«, fragte er listig.
Keziah schnaubte verächtlich. »Eure Kirche bedeutet uns nichts. Als ich dreizehn wurde, sagte mir mein Körper, dass ich eine Frau war.«
Caleb hob eine Augenbraue, doch Keziah fuhr fort.
»Wir zogen unsere schönsten Kleider an, leisteten unsere Schwüre, nahmen uns an der Hand und sprangen zusammen über den Besenstiel, zum Zeichen, dass wir verheiratet waren.«
»Du sagst, dass du dazu bestimmt warst, Gem zu lieben. Du sprichst über das Schicksal wie andere über Gott.«
» Del – der Schöpfer – existiert. Aber wir sehen die Dinge anders als ihr. Wir leben mit dem baxt , dem Schicksal, Glück oder Geschick. Wenn man an einer Kreuzung den falschen Weg einschlägt, so hat das Schicksal es so bestimmt.«
»Dann war es dir also auch bestimmt, mir zu begegnen, Keziah. «
»Natürlich. Und wenn ich Morgan Park wieder verlasse, ist auch das mein Schicksal.«
Keziah zog das Amulett aus ihrem Mieder. »Das wird mich auf meinem Weg nach New South Wales beschützen und mich wieder mit Gem vereinen.«
»Möge es alle Gefahren von dir abwenden.« Caleb zog sie an der Schnur des Amuletts zu sich heran.
Als Keziah die Botschaft in seinen Augen las, machte sie sich von ihm los. Dann fing sie an, eine Trophäe zu polieren, als hinge ihr Leben davon ab.
Caleb wirkte nervös, als er ein schweres Buch aus dem Regal nahm und darin blätterte.
»Wenn du lesen üben willst, dann fang heute Abend mit diesem Abschnitt an. Und morgen erzählst du mir, was du davon hältst.«
Als er es ihr reichte, spürte sie seine Hand auf ihrem Haar.
Das Buch erinnerte Keziah an Puri Dais Warnung. Sie versuchte, sich den genauen Wortlaut ins Gedächtnis zurückzurufen. Nimm dich in Acht vor dem gaujo mit der silbernen Zunge. Ich sehe ihn mit einem großen Buch. Er möchte, dass du ihm vorliest!
Sie blätterte zu der Seite mit dem Titel »Gesang der Gesänge«. Bestimmt würde die gaujo- Bibel ihr keinen Schaden zufügen! Doch als sie auf den Abschnitt stieß, den Caleb angekreuzt hatte, weiteten sich ihre Augen ungläubig. Konnte es wirklich sein, dass solche Wörter von einem gaujo- Gott stammten?
Zur verabredeten Zeit am nächsten Tag betrat sie die Bibliothek und fand Caleb scheinbar in ein Buch vertieft.
»Nun? Kannst du mir den Absatz vorlesen?«, fragte er kühl.
Keziah wusste genau, worum es im ersten Gesang der Gesänge ging, und reichte ihm die Bibel zurück.
»Ich könnte, aber ich glaube, es wäre besser, wenn Sie es mir vorlesen.«
Caleb wirkte verblüfft und warf ihr einen Blick zu, bevor er zu lesen begann. »Mit Küssen seines Mundes bedeckt er mich, süßer als Wein ist seine Liebe …« Schließlich stockte er bei folgender Zeile: »Mein Geliebter ruht wie ein Beutel Myrrhe an meiner Brust …«
Jetzt zwang Keziah ihn, Farbe zu bekennen. »Warum haben Sie ausgerechnet diese Passage aus der Bibel ausgesucht, Caleb?«
»Also wirklich, Keziah. Wer ist hier wohl der Herr und wer die Dienerin?«
Sie beherrschte ihren Zorn, antwortete jedoch hochmütig: »Entschuldigen Sie mich, Sir.«
»Das werde ich ganz sicher nicht tun!« Er versperrte ihr den Weg zur Tür. »Ich möchte, dass du weißt, was ich fühle. Gegen meinen Willen bin ich dabei, mich in dich zu verlieben, Keziah.«
Keziahs Verwirrung grenzte an Panik. Jetzt begriff sie, dass sie aus lauter Arroganz die Warnung ihrer Großmutter in den Wind geschlagen hatte. »Ich hatte nicht die Absicht, Sie irrezuführen. Ich gehöre zu Gem.«
Er wandte sich ab, jedoch nicht rasch genug, um seine zitternde Hand zu verbergen. »Hier haben wir ein naturkundliches Werk mit den wundervollsten Illustrationen der Flora und Fauna in New South Wales. Einige Pflanzen darin haben lateinische Namen, aber ich will sie dir übersetzen.«
Am Ende der Lektion bedankte sich Keziah, doch sie war gereizt. In Calebs Augen verbarg sich eine tiefe Sehnsucht, wie sie sie nur von einem einzigen anderen Mann kannte. Gem.
SECHS
I ch muss sie malen . Dieser Gedanke verfolgte Daniel Browne Tag und Nacht.
In den ersten Wochen seiner Lehrzeit war er fasziniert von jeder Herausforderung, der er sich bei der Restauration der alten Werke
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