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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Priester im Johannisevangelium unterstrichen hatte.
    In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn ’ s nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten?
    Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin.
    Neben dem Wort »Wohnungen« war ein Sternchen eingezeichnet, und am Rand stand die mit Bleistift geschriebene Erklärung: »Ein Wort, das falsch übersetzt wurde. Die ursprüngliche Bedeutung ließe sich am ehesten mit Ebenen übersetzen.«
    Sind die verschiedenen Stockwerke im Gefängnis gemeint? Der Keller? Das Dachgeschoss?
    Ganz unten hatte der Priester mit Bleistift vermerkt: »Ich werde sie morgen besuchen. Wenn du ihr etwas mitteilen willst, stehe ich dir zur Verfügung.«
    »Ich will verflucht sein! Ein Priester, der Briefe schmuggelt!«
    Auf der Stelle machte er sich daran, Keziah einen heimlichen Liebesbrief zu schreiben, und achtete darauf, weder ihren noch seinen Namen zu erwähnen, für den Fall, dass er abgefangen wurde.

    In einem kleinen Gefängnishof schlug Jake mit seiner Picke auf die Steinplatten, die er ausgraben sollte. Was für eine dämliche Stelle für einen Brunnen. Und wozu diese verdammte Eile?
    Er vermutete, dass eine derart sinnlose Arbeit dazu gedacht war, Häftlinge wie ihn heute rund um die Uhr zu beschäftigen. Jeder wusste, dass am heutigen 22. Oktober Lucretia Dunkley und ihr Liebhaber Martin Beech öffentlich hingerichtet würden.
Seit dem Morgengrauen hatte Jake die Ankunft der Kutschen und Pferdewagen gehört. Es hieß, Berrimas Bevölkerung hätte sich über Nacht verdoppelt. Von überall in den umliegenden Dörfern waren die Menschen in die Stadt geströmt, um zu sehen, wie der Finisher die Mörder am Galgen draußen vor den Gefängnismauern hinrichtete.
    Jake wusste genau, was diese erste Hinrichtung einer Frau in Berrima bedeutete. Die verfluchten Behörden könnten auf die Idee kommen, den Finisher direkt dazubehalten, um anschließend Kez aufzuknüpfen . Niemand sonst war so tief gesunken, dass er eine solche Aufgabe übernehmen würde, und Kez’ Prozess würde innerhalb von achtundvierzig Stunden beginnen.
    Während er die Steinplatten hochhob, ging er im Geist jedes Detail des Falles noch einmal durch. Daniel hatte ihm berichtet, dass bei Iagos Beisetzung auf dem Familienfriedhof der Jonstones niemand eine Träne verloren hatte, am wenigsten seine Frau, die noch vor der Bestattung aus Gideon Park verschwunden war. Doch auch das konnte ihn nicht trösten. Der alte Priester war offensichtlich schockiert gewesen, als der erste Spaten Erde auf den Sarg polterte und Iagos ehemalige Strafgefangene spontan in Jubel ausbrachen. Soll er in der Hölle schmoren! Jake dachte nur an Keziah. Eine Hoffnung blieb. Die gute Lucretia hatte keinen Verteidiger gehabt, und ihr Verfahren war von dem Präsidenten des Obersten Gerichtshofs geführt worden. Keziahs Prozess dagegen wurde von einem neuen Richter geleitet, und sie hatte Joseph Bloom, der Tag und Nacht zusammen mit dem Doc und Daniel an dem Fall arbeitete.
    Als Jake einen zweiten triumphierenden Aufschrei vor den Mauern hörte, wusste er, dass der Finisher seines Amtes gewaltet hatte. Wenn Joseph scheiterte, würde Keziah vielleicht am selben Galgen enden, unter dem Beifall desselben blutrünstigen Mobs.
    Am Vorabend des Prozesses gegen Keziah wurde Jake vor lauter Angst fast wahnsinnig. Während sein Zellengenosse, der
Sanfte Jesus, selig vor sich hin schnarchte, setzte er sich im Mondlicht, das durch das schmale Fenster fiel, hin und schrieb Keziah einen weiteren Brief, in dem er ihr versicherte, dass Joseph Bloom ihre Unschuld beweisen würde. Und wenn alles schiefliefe, würde er selbst kommen, um sie aus dem Gefängnis zu holen.
    In der letzten Woche hatte der Gefängnisseelsorger ihr Jakes Briefe gebracht und sie verbrannt, nachdem Kez sie in seiner Anwesenheit gelesen hatte.
    Der Priester hatte ihm anvertraut, dass eine einflussreiche Dame sich dafür einsetzte, seine Strafe herabzusetzen, doch er traute dem Braten nicht. Die einzige Frau aus der höheren Gesellschaft, die er kannte, war Jenny, und sie würde lieber sterben, als in aller Öffentlichkeit seine Existenz zuzugeben.
    Als er das Knirschen eines Schlüssels im Schloss hörte, versteckte er den Brief hastig in seinem Hemd, aber zum Glück war es nur der Priester. Er gab ihm ein stummes Zeichen, um den Sanften Jesus nicht zu wecken.
    Jake

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