Die Blüte des Eukalyptus
Modell eines Malers.
Los, steig schon ein. Nichts löst weibliche Probleme besser als ein neues Kleid!«
Als Keziah die neue Filiale von Joseph Farmer’s Emporium in Parramatta sah, wäre sie am liebsten davongelaufen. Nachdem sie mehr als ein Jahr Häftlingskleidung getragen hatte, klang alles fremd. Textilien, Kurzwaren, Leinen.
Daniel suchte ein indisches Baumwollkleid aus. »Blau passt zu deinen Augen«, sagte er.
Was ist das schon für ein Trost?
Sie zog sich in der Umkleidekabine aus und blickte in den Spiegel. Und als Daniel zufällig vorbeikam und ihren nackten Körper im Spiegel sah, schreckte sie zusammen. Eine Sekunde sahen sich beide schockiert an.
Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie das Halstuch fallen ließ. Daran angesteckt war ein langer Zopf ihres Haars. Sie starrte niedergeschlagen in den Spiegel. Ihr Schädel war völlig kahl. Daniel wandte sich wortlos ab.
Als sie ihn draußen vor dem Laden wiedertraf, trug sie das blaue Kleid, aber sie mied seinen Blick.
»Du bist wunderschön, Keziah.« Er half ihr auf den Kutschbock. »Jetzt brauchst du nur noch das hier, um alles perfekt zu machen.« Er reichte ihr das Geschenk, das er gerade gekauft hatte.
»Für dein Haar«, sagte er. »Setz den Hut auf. Wir haben eine lange Reise vor uns, und ich will nicht, dass du einen Sonnenstich bekommst.«
Keziahs Augen leuchteten schwach auf, als sie das Päckchen öffnete.
Während sie den Hut über dem Kopftuch aufsetzte, wandte Daniel den Blick ab. Über die Schulter hing ihr Zopf, der mit Daniels scharlachroter Glücksschleife geschmückt war.
»So, jetzt kennst du die Wahrheit«, sagte sie reglos.
Er nickte. »Ich weiß, wie wichtig euch Frauen das Haar ist. Du
musst dir sehr erniedrigt vorkommen, aber es wird schnell nachwachsen, und Jake wird es ohnehin egal sein. Er kann es kaum abwarten, dass du wieder nach Hause kommst.«
Und ich kann es kaum abwarten, irgendwo anders zu sein, dachte sie, behielt es jedoch für sich.
»Zugegeben, es wird dir nicht leichtfallen, dich wieder an die Freiheit zu gewöhnen, aber diese Erfahrung haben wir alle gemacht. Wir kamen zwar wieder frei, aber wir mussten auch Freunde im Gefängnis zurücklassen.«
»Ich hatte keine Freunde!«, erwiderte sie mit harter Stimme.
Er nickte. »Als ich Gideon Park verließ, fühlte ich mich wertlos. Wie ein schäbiger Feigling für das, was ich Maynard Plews und Saranna angetan hatte. Und auch das, was Iago aus mir gemacht hatte. Als ich dann auch noch anfing, dich zu erpressen, war mir bewusst, dass ich meine Seele an den Teufel verkauft hatte!«
Keziah fiel ihm ins Wort. »Deine Seele war nur tief verletzt. Sie brauchte Zeit, um zu heilen.«
»Du hast Recht. Die Zeit hat meine Wunden geheilt. Und sie wird auch deine heilen, Keziah.«
»Nein. Nichts in der Welt kann das wiedergutmachen, was ich angestellt habe. Du hast niemanden ermordet, Daniel. Du hast keine Kinder verraten, die dir vertrauten.«
»Weißt du, wer mich geheilt hat?«, fragte Daniel. »Gabriel.«
»Kinder erkennen den wahren Menschen in uns.«
»An einem Sonntag redete der Priester in der Kirche von Ironbark über Daniel und die Höhle des Löwen und die Botschaft des Erzengels Gabriel. Es waren unsere Namen, verstehst du? Und da wurde mir klar, wie sehr ihr beide mich brauchtet. Ich werde dir immer ein Freund sein, Keziah, aber im Augenblick ist es Jake, der dich am meisten braucht.«
Keziah wandte den Kopf ab und musterte den Horizont, an dem sich dunkle Sturmwolken zusammenbrauten.
»Nein! Ich kann ihm nicht in die Augen sehen!«
»Hör zu, Keziah. Die Vergangenheit ist tot. Jake braucht dich,
um ein neues Leben zu beginnen. Bei Gott, ich habe noch nie jemanden gesehen, der so liebt, wie Jake dich liebt!«
»Er liebt die Frau, die ich einmal war. Aber ich habe Dinge getan, die nicht einmal Jakes Liebe heilen könnte.«
Schließlich verlor Daniel die Geduld. »Gib dem Mann eine Chance, Keziah. Verdammt noch mal, das hat der arme Kerl verdient!«
Am Morgen versammelte Jake die Kinder auf der Veranda, überprüfte, ob Hände, Gesichter und Hälse sauber waren, und bläute ihnen ein: »Jede Art von dummen Witzen oder Schabernack ist tabu! So was könnt ihr euch für den ersten April aufheben.«
Seit dem Morgengrauen hatte er strenge Anweisungen erteilt. Die Kinder waren durch das ganze Haus geschwirrt, um die ihnen aufgetragenen Pflichten zu erfüllen. Seit zwei Tagen war der Tisch mit einer Spitzendecke geschmückt, um Mama zum Mittagessen
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