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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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oder Abendmahl zu empfangen, wann immer die unbekannte Stunde der Wiedervereinigung schlug.
    Jake war gerade dabei, eine Lammhälfte aus der Speisekammer zu holen, als eine Postkutsche von Rolly Brothers vor der Koppel zum Stehen kam. Mac Mackies kleiner Abstecher von seiner üblichen Route hatte die männlichen Fahrgäste leicht verwirrt.
    »Gleich geht es weiter. Ich bin ein Engel der Barmherzigkeit!«, rief ihnen Mac über der Schulter zu. »Sie können sich in der Zwischenzeit die Beine vertreten und Ihr Geschäft verrichten.«
    Jake musste Pearl keine Anweisungen geben. Sie war stolz auf ihre Rolle als Farmerstochter und kannte die ungeschriebenen Gesetze der Gastfreundschaft im Busch. Schon kam sie mit einem Tablett voller Getränke und Biskuits für die Fahrgäste, die in der ungewöhnlichen Frühjahrshitze schwitzten.
    Mac stapelte einen Haufen Kisten auf Jakes Veranda.
    »Der Proviant ist von Janet Macgregor und Polly Doyle. Obst und Gemüse von den Ironbark-Farmern. Scotch und Drambuie
vom Doc. Und alle haben dieselbe Botschaft. Sie können es kaum erwarten, Keziah zu sehen, aber sie wissen, dass ihr beide etwas Zeit braucht.« Er zwinkerte ihm nicht gerade diskret zu, und der zottelige Bart zitterte vor unterdrücktem Lachen.
    »Das reicht, um ein ganzes Regiment zu verpflegen. Ich bin verdammt überwältigt«, erklärte Jake.
    »Hoffentlich nicht so sehr, dass du vergisst, was du heute Nacht zu tun hast, mein Junge. Wenn du ein paar Tipps brauchst, um dein Gedächtnis aufzufrischen, dann frag Onkel Mac.«
    »Fahr zum Teufel!«, erwiderte Jake gerührt.
    Mac kletterte wieder auf seinen Kutschbock und zeigte mit dem Finger auf ihn. »Das ist wie beim Reiten, mein Junge. Sobald du wieder im Sattel sitzt, kommt alles zurück!«
    Die Nachmittagssonne warf lange Schatten auf das verdorrte Gras. Jake und die Kinder warteten auf der Veranda und hielten Ausschau nach Daniels Pferdewagen und seiner wertvollen Fracht. Jake hatte Keziahs Gesicht zuletzt vor mehr als einem Jahr gesehen. Im Gefängnis von Berrima, hinter Gittern, als der Geistliche ihn eines Nachts zu ihr geschmuggelt hatte, damit er mit ihr reden konnte.
    Jetzt lief er nervös hin und her und schielte mit einem Auge auf die Straße. Er hatte seine saubere, aber abgetragene Hose aus Moleskin-Baumwolle in die Reitstiefel gesteckt. Das rote Hemd fiel offen über seinen Gürtel. Sein Körper war hart, braungebrannt und sehr angespannt.
    Yosie war mittlerweile zwölf Monate alt und längst über das Krabbelalter hinaus. Jake hatte ihn in seinen Kinderstuhl gesetzt und holte ihm immer wieder frisches Gerstenwasser aus dem Kühlraum. Regelmäßig überprüfte er die Windeln des Kleinen. Er wollte ihn Keziah trocken übergeben. Doch Yosies unersättlicher Durst machte es ihm nicht gerade leicht.
    Pearl hatte sich aus Keziahs altem Arbeitskleid einen Rock geschneidert. Erst jetzt erkannte Jake, wie sehr sie aus ihren Kleidern herausgewachsen war. Sie waren knapp bei Kasse, und Pearl
bat mit Ausnahme der drei Pence fürs Schulgeld und einer Münze für die Sonntagsschule nie um Geld.
    Gabriels Haar klebte an seinem Schädel, nur der Haarwirbel stand wie ein Fragezeichen hoch, als er unermüdlich wie ein Musiker im Orchestergraben seine Geige stimmte.
    Schließlich konnte er nicht mehr an sich halten. »Mama kommt doch heute nach Hause, oder?«
    »Na, hoffentlich. Ich will mir dein Gedudel morgen nicht noch einmal anhören müssen!« Als Jake die Sehnsucht in seinem Gesicht sah, bereute er seine Worte. »Deine Mama würde uns nie enttäuschen, mein Junge. Wenn sie sich verspätet hat, dann wird es einen triftigen Grund dafür geben.«
    »Buschräuber?«, flüsterten beide Kinder ängstlich.
    »Ach was, mit Buschräubern wird eure Mutter spielend fertig. Deswegen braucht ihr euch nicht zu sorgen!«
    Fünf Minuten später brach die Hölle los. Mit lautem Geschrei sprang Gabriel wie eine Gazelle über den Zaun, und seine Schwester rannte durchs Tor. Und als Daniel den Pferdewagen zum Stehen brachte, hingen die beiden bereits wie Kletten an Keziah und überhäuften sie mit Fragen, ohne ihr die geringste Möglichkeit zu lassen, sie zu beantworten.
    Jakes Herz hämmerte, und sein Mund war wie ausgetrocknet, als er mit Yosie auf dem Arm auf sie zulief und kein Wort seiner Rede herausbekam, an der er seit Wochen gebastelt hatte.
    »Hier. Man kann ihn ruhig auf den Arm nehmen, er ist ausnahmsweise trocken!«, platzte er heraus.
    »Bis später«, rief Daniel und machte

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