Die Blüte des Eukalyptus
konzentriert, um zu weinen.
Keziah fuhr fort: »Du bist genau wie ich, Pearl. Als ich fünf war, hat mich meine Mutter bei meinem Papa zurückgelassen. Ich habe sie nie wieder gesehen. Ich kann mir denken, wie traurig du darüber bist, aber deine Familie und die Menschen, die dich lieben, wissen, was für ein braves kleines Mädchen du bist!«
Als Pearls Augen leuchteten, küsste Keziah sie auf die Wange. »Vergiss nie, dass Papa und ich euch alle drei gleich lieb haben.«
Aus einem Impuls heraus zog sie Pearl vor den Spiegel und legte ihr das silberne Amulett um den Hals.
»Meine Großmutter hat mir dieses Amulett gegeben, damit es mich beschützt. Und jetzt gebe ich es an dich weiter, meine Tochter. Siehst du? Was soll denn das heißen, du bist hässlich? Sieh nur, wie hübsch du bist! Es ist wie ein Zauber. Wenn du daran glaubst, ist es wahr. Sag dem Spiegel: ›Ich bin Pearl – ich bin schön, klug und brav. Ich bin eine Prinzessin.‹«
In dem Augenblick, als Pearl diese Worte flüsterte, lächelte ihr Spiegelbild sie an.
»Hey, wer ist denn diese hübsche kleine Prinzessin?«, fragte Jake, als Pearl auf den vardo zulief. Er sprang hinunter und hob sie auf den Kutschbock neben Gabriel. Keziah ließ er allein aufsteigen.
»Was braucht ihr so lange?«, zischte er sie an.
»Frauengeheimnisse!«, antwortete sie. Yosie lächelte glückselig zu ihr auf, während sich auf ihrem Rock ein nasser Fleck ausbreitete. Doch sie hatten keine Zeit mehr, um seine Hose zu wechseln. Jake war wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch.
Mit Genugtuung betrachtete Jake das Willkommenskomitee, das sich auf der Veranda der Haunted Farm versammelt hatte. Leslie und der neue, ihm zugewiesene Gärtner trugen ihre Schottenröcke. Janet stand stocksteif daneben, mit einer Schürze über dem Haushälterkleid. Doch als sie Keziah spontan und herzlich umarmte, so wie es ehemalige Häftlinge zur Begrüßung tun, war er beruhigt.
Die Kinder liefen in den Garten, wo sie ihr eigenes Fest veranstalten würden. Janet warf einen Blick auf Keziahs feuchten Rock und nahm sie mit in die Küche, wo sie das Kleid mit einem Schwamm säuberte und trocken bügelte.
Während der Mahlzeit hielten Jake und Leslie die Konversation aufrecht, um Keziahs Einsilbigkeit zu überdecken. Jake machte seiner Frustration Luft, indem er über den neuen Gefängnisdirektor auf Norfolk Island herzog.
»Major Childs war noch keine fünf Minuten im Amt, da hatte er bereits sämtliche Reformen von Alexander Maconochie abgeschafft. Dieser Schotte war so aufgeklärt und menschlich, dass die verdammte Verwaltung ihn einfach feuern musste.«
Leslie Ross stimmte ihm zu. »Aye, ich bin zwar kein Freund von Meutereien, aber in diesem Fall glaube ich auch, dass die Gefangenen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen sollten.«
Jake sah, wie Keziah zusammenzuckte, als sie an ihr eigenes Schicksal erinnert wurde, und verfluchte sich, das Thema angesprochen zu haben. Jesses, was bin ich für ein Esel.
Er war heilfroh, als Janet seinen Fauxpas ausbügelte, indem sie Keziah mit in die Küche nahm, um ihr ein paar ungewöhnliche Kräuter zu zeigen. Er folgte dem Doc in sein Arbeitszimmer.
Leslie zündete seine Pfeife an und sagte: »Ihre Kinder können bei uns bleiben, so lange es dauert, mein Junge.«
»Sie kennen mich, Doc. Ich glaube nicht an Wunder. Und die Zeit läuft mir davon.«
»Ich hatte keine Gelegenheit, Keziah unter die Lupe zu nehmen, seit sie zurück ist.«
»Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen, Doc. Sie wird weder Sie noch einen anderen Arzt an sich heranlassen.«
»Es ist sehr wohl möglich, dass ihr mehrere Dinge zu schaffen machen. Das Trauma nach Iagos Tod. Das brutale Leben im Gefängnis. Und eine Depression, an der manche Frauen nach einer Geburt erkranken. Ich würde ihr ja etwas verschreiben, aber ich glaube nicht, dass sie es anrühren würde. Meiner Meinung nach
hat Keziah eine Mauer um sich gebaut, um sich vor irgendetwas zu schützen.«
»Vor mir!«, sagte Jake und lachte bitter.
Leslie Ross sah ihn unbehaglich an. »Ich bin an ihrem Zustand nicht ganz unschuldig, fürchte ich. Während ihres Prozesses gab ich ihr Tee und Wein mit etwas Laudanum, damit sie sich nicht selbst um Kopf und Kragen redete. Nur wirkt Laudanum sehr unterschiedlich. Manchen Patienten nimmt es den Schmerz und die Melancholie. Andere sind wie betrunken, wieder andere ganz klar im Kopf und voller Energie, sodass sie tagelang keinen Schlaf brauchen. Es kann auch
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