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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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beim nächsten Westwind einstürzen wie Kartenhäuser. Die beiden doppelstöckigen Gebäude an den Enden der Straße waren seit jeher als House of the Four Sisters und Red Brumby bekannt.
    Mac bestellte im The Shanty with No Name die Drinks, schob Jake etwas Geld über den Tisch und ging auf den Ausgang zu.
    »Ich schau mal kurz im Red Brumby vorbei. Du kennst mich ja. Ich brauche nicht lange und weiß, dass du ein Nachtmensch bist. Wir treffen uns zum Frühstück wieder.« Damit verschwand er durch die Tür.
    Jake hatte aus seiner Junggesellenzeit noch eine Menge lustvoller Erinnerungen ans Red Brumby, entschied sich aber trotzdem dagegen, seiner Vergangenheit einen Besuch abzustatten. Während er sein erstes Albion Ale trank, betrachtete er die Redwoodfassade des Bordells auf der anderen Straßenseite, des House of the Four Sisters.
    Es wirkte durchaus respektabel mit seinen stets verschlossenen Fensterläden, den Geranien an den Fenstern und der Haustür,
die immer offen stand – außer am Sonntag, wenn die Freier den Hintereingang benutzten. Durch die Ritzen in den Holzbrettern drang rotes Licht, und aus Madam Fleurs Bar kam Gelächter.
    Es war interessant zu beobachten, wie sich die Männer hineinstahlen und wie anders sie das Etablissement verließen. Mit stolzem Gang. Manche kamen gar nicht mehr heraus, das waren die Nachtschwärmer.
    In seiner Jugend hatte Jake alles, was er über Frauen wusste, von Viehtreibern, Schafzüchtern und alten Knastbrüdern aus den Kneipen erfahren. Obwohl sein Vater einen Jungen nach dem anderen und zwischendrin auch eine Tochter zeugte, hatte er Jake nicht erzählt, wie die Menschen sich fortpflanzten.
    Um seine Jungfräulichkeit loszuwerden, hatte er an seinem achtzehnten Geburtstag ein Mädchen aus dem Red Brumby bezahlt. Die Sache hatte ihm solchen Spaß gemacht, dass er sie fortsetzte.
    Er wusste, dass es nur zwei Arten von Frauen gab – anständige und »Huren«. Ehrbare Menschen zogen einen klaren Strich zwischen beiden, doch Jake fragte sich, ob Frauen diese Trennlinie jemals überwinden konnten. Waren alle »Huren« automatisch schlecht? Konnte eine »Hure« ein neues Leben beginnen und ihre Selbstachtung wiedergewinnen? War Jenny nun bis ans Ende ihres Lebens verdammt? Jake schlug sich diesen Gedanken aus dem Kopf und redete sich ein, dass es ihm gleichgültig sei.
    Trotzdem wand er sich innerlich vor Schmerz, als er sich daran erinnerte, wie er mit neunzehn gewesen war – er war so in Jenny verknallt gewesen, dass er nie gedacht hätte, ihre alles verzehrende Liebe könnte eines Tages erlöschen. Er musste nur zärtlich sein und ihr Zeit lassen, um die natürliche Angst zu überwinden, die anständige Frauen vor den Bedürfnissen des Mannes hatten – vor der körperlichen Vereinigung. Zu seinem Entsetzen hatte er feststellen müssen, dass seine Erfahrungen im Red Brumby für seine Hochzeitsnacht nicht gerade von Vorteil waren.
    Er bezahlte den hausgebrannten Grog, für den The Shanty
with No Name berüchtigt war, und kehrte zu seinem Platz zurück. Verstohlen betrat ein Mann durch die Hintertür die Kneipe und setzte sich in eine Ecke. Jake konnte einen Polizeispitzel auf eine Meile Entfernung riechen. Der hier hatte einen verschlagenen Blick, einen herabhängenden Schnurrbart und Strähnen von fettigem rotblondem Haar über der Stirn. Der Wirt sprach ihn mit Mr. Evans an und wollte ihm einen Grog ausgeben – was jedoch abgelehnt wurde.
    Jake kannte Gilbert Evans nur von dem, was die Leute über ihn erzählten. Der mächtigste Großgrundbesitzer von Ironbark war zugleich auch Laienprediger von Bolthole und selbst ernannter Abstinenzler. Was also hatte er hier verloren?
    Die Antwort kam prompt. Ein Mann, ganz in Schwarz bis auf ein rotes Hemd, betrat von zwei Leibwächtern flankiert die Schenke. Bevor er auf den Tisch zuging, an dem Evans saß, gab er ihnen ein Zeichen, ihn allein zu lassen.
    Jake kannte den Aufseher von Gideon Park mehr vom Hörensagen her als vom Sehen. Es war bekannt, dass er stolz auf den Spitznamen war, den seine irischen Strafgefangenen ihm gegeben hatten – der Teufel in Person.
    Er hatte ein rotes Gesicht mit klaren Zügen und einen spitz zulaufenden, schwarzen Bart. Sein Profil erinnerte an den Pik-König. Jake hatte gelernt, am Akzent zu erkennen, woher ein Siedler stammte, doch die Ausdrucksweise dieses Mannes gab ihm keinerlei Hinweise. Er konnte von überall her sein.
    Einer seiner Leibwächter brachte ihm eine Flasche Grog und

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