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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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Buschmannsmeile von der Sydney Road entfernt lag. Als er beim letzten Mal durch Ironbark gekommen war, hatte er sich auf dem Weg nach Tagalong befunden, um sich mit Mac über den Kampf gegen Bulldog Kane zu beraten. Damals war er frohen Mutes gewesen, weil er davon ausging, dass er Jenny bald wieder in den Armen halten würde. Das schien ihm nun eine Ewigkeit her zu sein. Jetzt war er auf der Suche nach seiner durchgebrannten Frau. Kleine Orte hatten ein langes Gedächtnis.
    Vor ihm auf der Sydney Road stand ein mit Kisten beladener Wagen. Der Fahrer mit seinen hängenden Schultern sah aus wie der typische Neuankömmling, der sich im Busch verirrt hat. Er saß über eine Landkarte gebeugt da und fluchte lautstark.
    Jake ritt auf ihn zu, um ihm zu helfen, und grinste, als er ihn
erkannte. Kein Zweifel, es war der Arzt, der ihn im Rum Hospital wieder zusammengeflickt hatte.
    Ohne ihn wiederzuerkennen, sagte Dr. Ross: »Wären Sie so freundlich, mir zu zeigen, wie ich zu Barnes’ Farm gelange, Sir? Diese Karte ist zu nichts nutze, verdammt, außer um einen in die Irre zu führen.«
    Auch Jake tat anfangs so, als wäre er ihm unbekannt. »Kinderleicht. Folgen Sie der Straße, bis Sie zu einem Eukalyptusbaum kommen. Dann überqueren Sie eine wacklige Brücke und biegen nach links ab, Sie können sie nicht verfehlen.«
    »Danke sehr. Aber wie, zum Teufel, erkenne ich einen Eukalyptusbaum? «
    »Der weiße Stamm sieht aus, als hätten Kinder ihn bekritzelt. Erinnern Sie sich nicht an mich, Doc?«
    Der Highlander runzelte die Stirn. »Aye, Sie sind doch der Kerl, der in The Rocks von einer fliegenden Flasche erwischt wurde. Ich bin überrascht, dass Sie sich an mich erinnern können. Sternhagelvoll wie Sie waren.«
    »Schuldig im Sinne der Anklage, aber Sie haben gute Arbeit geleistet. Ich bin kerngesund. Kann ich Ihnen einen Drink anbieten, Doc?«, fragte Jake und kramte in seiner Satteltasche nach der Whiskyflasche.
    »Tausend Dank, aber ich bin unterwegs, um mir ein Grundstück anzusehen, das zum Verkauf steht. Die Barnes’ Farm. Ich habe gehört, dass man hier in der Gegend dringend einen Arzt sucht.«
    »Der letzte hat zu tief ins Glas geschaut und sich am Ende zu Tode gesoffen. Die Farm ist nicht die schlechteste, aber sie hat einen merkwürdigen Ruf. Es soll darin spuken. Barnes hatte die Angewohnheit, seine Frau zu verprügeln. 1825 ist er von uns gegangen, nachdem ein Strafgefangener, der Barnes’ Frau zu Hilfe kommen wollte, ihm mit einem Hackebeil den Schädel gespalten hat. Wenn Sie Ihre Karten richtig ausspielen, können Sie die Farm für einen Apfel und ein Ei kaufen. Das heißt, wenn Sie keine Angst vor dem Gespensterkram haben.«

    Dr. Ross verzog den Mund. »Nein. Blanker Unsinn. Danke für den Hinweis, Mr. …?«
    »Ich heiße Jake. Viel Glück, Doc. Wenn’s mich mal wieder erwischt, weiß ich, wohin.«
    »Dann nehme ich an, dass ich Sie von nun an öfters sehen werde. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass man sich in diesen Breiten zweimal hintereinander über den Weg läuft?«
    »Sie sind nicht mehr in England, Doc. Hier gibt es nur fünfundfünfzigtausend von uns Weißen – die Hälfte davon sind Strafgefangene –, und wir sind über die ganze Kolonie verstreut, von Morgan Bay bis Port Phillip. Zudem gibt es kaum Straßen. Sie werden sehen, dass wir uns ständig über den Weg laufen, ob es Ihnen passt oder nicht.«
    Jake war sich der Ironie seiner Worte bewusst. Und warum, zum Teufel, kann ich dann meine eigene Frau nicht finden?

ZEHN
    K eziah Stanley lag im Dunkeln in ihrer Koje auf der Harlequin und tat vor Aufregung kein Auge zu. Tagelang, wann immer Wind und Wetter es zuließen, waren sie so nah an der Küste gesegelt, dass sie gelegentlich den östlichen Rand des australischen Kontinents hatten sehen können. An Bord ging das Gerücht um, dass schon am nächsten Morgen die Felsen von Port Jackson in Sicht kämen!
    Nach vierzehn Wochen auf hoher See hatte Keziah ihre neue Identität als Witwe Mrs. Smith verinnerlicht. Sie achtete sorgsam darauf, ihre Vergangenheit und ihre Pläne für die Zukunft vor allen anderen zu verbergen, damit die Morgans sie nicht finden konnten. Tag für Tag, bei Regen, Hagel oder Sonnenschein, war sie an Deck geblieben, nicht nur, um der stickigen Luft im Innern des Schiffes und den anderen Mitreisenden aus dem Weg zu gehen, sondern auch, um ihre morgendliche Übelkeit als Seekrankheit auszugeben.
    Keziah betrachtete die Gestalten in den Reihen von Kojen, die den

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