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Die Blüte des Eukalyptus

Die Blüte des Eukalyptus

Titel: Die Blüte des Eukalyptus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Nicholls
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hin, sein Schweigen sprach Bände.
    Leslie seufzte. »Wäre doch eine Schande, das gerade erst geheilte Bein ins Gefängnis zu schicken. Aber eins nach dem anderen. Wie gedenken Sie Ihre Wiederauferstehung zu feiern?«
    »Na, mit einem Besuch im Four Sisters, Doc. Wie sonst?«

    Freiheit! Jake spürte, dass sich Horatio genauso freute wie er, als sie die Straße entlanggaloppierten.
    Dank Mac Mackie hatte er gerade genug Geld in der Tasche, um seine Rechnung im Four Sisters bezahlen zu können. Sein Freund zweifelte nicht an seiner Kreditwürdigkeit, denn er glaubte fest daran, dass er Pete the Hammer schlagen würde. Davon abgesehen hatte Jake noch eine Ehrenschuld zu begleichen. Die Witwe Smith hatte ihm das Leben gerettet. Er würde Saranna Plews in Ironbark aufsuchen, um die Wahrheit herauszufinden. Lag die Witwe wirklich auf dem Friedhof von Bolthole begraben?
Jake wollte es nicht glauben. Er hatte irgendwie in Erinnerung, wie sie mit dem Fuchs im Busch verschwunden war.
    Doch heute Abend hatte er andere Prioritäten. Er wollte sein Bein in Lily Pompadours Bett trainieren.
    Auf dem Weg ins Four Sisters zügelte er sein Pferd vor einem zerfallenen Gebäude. Er war froh, dass das Schild mit der Aufschrift »Zu verkaufen« noch am Stamm des riesigen Eisenrindenbaumes hing. Obwohl er keinen Cent hatte, um es zu kaufen, würde er ein Stück Land brauchen, das so gut war wie dieses, wenn er seinen Traum wahrmachen und die besten Rassepferde züchten wollte, die die Kolonie jemals gesehen hatte.
    Die Vorstellung, Wiradjuri-Land zu kaufen, löste gemischte Gefühle aus. Wut, Respekt, Trauer – ein Schuldgefühl, für das er nichts konnte, das ihm aber in Fleisch und Blut übergegangen war. Empfindungen, die mit jenem unvergesslichen Tag verbunden waren, dem Weihnachtsabend 1824, als er als Zehnjähriger neben seinem Pa auf dem Marktplatz von Parramata gestanden und versucht hatte, über die Köpfe der Leute hinwegzulugen.
    Die Luft knisterte vor Spannung. Es war ein historischer Augenblick, das spürte Jake. Ein außergewöhnliches Ereignis stand bevor. Gouverneur Brisbane hatte den Anführer der Wiradjuri-Rebellen eingeladen, der von den Weißen »Samstag« genannt wurde, bei seinen Leuten jedoch als Windradyne bekannt war. Nach zehn Jahren des Blutvergießens und Guerillakriegs gegen das Militär und die Siedler kam Windradyne nun in Frieden.
    Mit einem Mal verstummte die Menschenmenge. Jake lief ein kalter Schauer über den Rücken, als er den legendären Windradyne sah. Die Leute tuschelten, er sei siebzehn Tage an der Spitze von zweihundertsechzig Männern, Frauen und Kindern über die Berge gewandert, um sich hier mit den Verbündeten seines Stammes zu vereinen. Es war Furcht erregend – es mussten an die vierhundert Menschen gewesen sein, kräftiger und stolzer als die meisten entwurzelten Schwarzen, die er in Parramata und Nepean gesehen hatte. Gouverneur Brisbanes offizielles
Begrüßungskomitee war ebenfalls beeindruckend. Soldaten in rot-blauen Uniformen mit Litzen und glänzendem Kupfer, die ihre Kokarden schwangen und von der Elite der Kolonie flankiert wurden, Landbesitzern, Frauen, die so feine Kleider trugen, als käme das britische Königshaus zu Besuch, und Journalisten von Zeitungen wie The Sydney Gazette .
    Jake stupste seinen Pa an. Er glaubte, zu wissen, was dieser öffentliche Auflauf in Wirklichkeit bedeutete.
    »Ich wette, der Gouverneur hat es aufgegeben, Windradyne gefangen zu nehmen, Pa. Weil er die Polizei ganz offen zum Narren gehalten hat. Und jetzt tut der Gouverneur so, als wären wir großzügig, und bietet ihm einen ›ehrenvollen Frieden‹ an.«
    Isaac Andersen sah ihn schuldbewusst an. »Da könntest du sogar Recht haben, Jake.«
    »Wie viel Land hat man denn den Wiradjuri weggenommen, Pa?«
    Sein Vater hob die Schultern. »Mehr als in ganz England Platz hätte, mein Sohn. Aber hätten wir uns hier nicht niedergelassen, hätten es andere getan.«
    Gouverneur Brisbane und Saxe Bannister, der Generalstaatsanwalt, der den Friedensvertrag ausgehandelt hatte, hielten wichtige Reden. Jake aber hatte nur für Windradyne Augen gehabt, jene große, majestätische Gestalt mit dem langen Umhang aus vielen Opossumfellen. Dieser Mann stellte alle anderen in den Schatten. Jake war beschämt, als der Gouverneur dem Häuptling einen kleinen Zweig als Symbol für einen Olivenzweig und einen Strohhut mit einem Hutband überreichte, auf dem »Frieden« geschrieben stand. In diesem Augenblick drehte

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