Die Blüte des Eukalyptus
sich Windradyne um, und Jake war sicher, dass er ihn direkt ansah.
Jake wusste, dass Windradyne heute nur noch Erinnerung war. Ein schwarzer Bösewicht, den man im Interesse des kolonialen Fortschritts gefügig gemacht hatte. Doch für Jake war er der einzige wahre Held, den er jemals gekannt hatte.
Lily kreischte vor Lachen, als Jake in dieser Nacht zu ihr ins Bett stieg und sie warnte: »Ich habe wochenlang flach gelegen, aber
nicht etwa zum Vergnügen. Ich bin völlig eingerostet, Lily. Ich werde dir einiges zumuten müssen, um die verlorene Zeit wieder wettzumachen.«
Erst in den frühen Morgenstunden begnügte er sich eine Weile damit, neben Lily zu liegen und sie in den Armen zu halten. Dann aber packte ihn das Verlangen erneut, und dieses Mal ging es ihm nur darum, die unwillkürlichen Lustschreie zu hören, die er von denen ihres professionellen Repertoires zu unterscheiden gelernt hatte.
Völlig erschöpft schmiegte sie sich an ihn. »Die Mädchen beneiden mich. Du bist der einzige Freier, der dafür bezahlt, mir Lust zu bereiten.«
Das gefiel Jake. »Es ist nur zu meinem Vorteil. Du hast mich nie zu kurz kommen lassen.«
Er küsste sie auf die Handgelenke, um davon abzulenken, dass er nach blauen Flecken suchte. Er würde nicht zulassen, dass der Teufel in Person seine sadistischen Spuren an Lily hinterließ.
»Du würdest mir doch erzählen, wenn dir jemand wehtäte, oder? Ich würde mich um ihn kümmern. Dauerhaft.«
»Würdest du wirklich jemanden wegen einer Frau töten – sogar wegen einer Hure wie mir?«
»Vor allem wegen dir«, antwortete er und meinte es ernst.
Lily sah ihn an. »Ich mag dich, Jake. Nicht nur dein Geld. Du hast eine charmante Art, Geschäfte zu machen. Seit mich Uncle Charlie aufgenommen und später an Madam Fleur verkauft hat, bin ich nie mehr mit einem Mann zusammen gewesen, außer für Geld. Bis du gekommen bist.«
Als Jake am nächsten Morgen aufwachte, schlief Lily noch. Er lag im Bett und dachte an die Witwe Smith. Er hatte das sichere Gefühl, dass sie noch lebte. Natürlich war er nicht im Entferntesten an ihr als Frau interessiert. Aber ein junges Ding, das jeden Anstand in den Wind schlägt, um einen Mann zu retten, muss man bewundern. Ihr Problem liegt darin, dass sie eine anständige Frau ist, mit einem Körper, der ihr Scherereien einbringt!
Er spürte, wie Lilys Hand über seine Brust zu seinen Lenden glitt.
»Soll ich dich wecken, Jake?«, schnurrte sie.
»Nur wenn du willst, dass ich dir eine Menge Ärger mache, Lil«, sagte er sanft und zog sie auf sich. Gott sei gedankt für die Huren.
Auf seinem Weg nach Sydney Town beschloss Jake, in Gideon Park Halt zu machen. Julian Jonstone war im ganzen Land für seine verschwenderische Gastfreundschaft bekannt, wenn er zuhause war. Es war zwar reine Spekulation, doch vielleicht war Jenny zu einem seiner Festessen oder Bälle eingeladen gewesen.
Während er auf das imposante Sandsteingebäude zuritt, war sich Jake bewusst, dass seine Ankunft von dem einzigen sichtbaren Menschen weit und breit beobachtet wurde, einem jungen Strafgefangenen, der im Rosengarten arbeitete. Abgesehen von den gelegentlichen Männerstimmen, die aus den hinteren Gebäuden der Farm kamen, schien das Jonstone-Anwesen verwaist zu sein. Sämtliche Läden vor den Verandatüren waren verschlossen. Die Haushälterin klärte ihn auf. Die Jonstones seien nach Sydney Town zu einem Festessen gefahren, das der Gouverneur aus Anlass des Foundation Day gab.
Als Jake sich enttäuscht abwandte, fiel ihm auf, dass derselbe junge Strafgefangene ihn jetzt aus einem Gestrüpp heraus beobachtete. Er wirkte nervös. Hatte der Junge gehört, dass er nach Jenny fragte? Jakes Herz machte einen Sprung. Wusste er irgendetwas?
Er ging zu ihm hinüber und sagte kühl: »Ich bin Jake Andersen. «
Der junge Mann zögerte überrumpelt. Er sah Jakes ausgestreckte Hand misstrauisch an, schüttelte sie dann aber doch.
»Browne«, murmelte er vorsichtig. »Was wollen Sie von mir?«
Jake stopfte seine Pfeife und bot ihm seinen Tabakbeutel an, doch der Strafgefangene lehnte ab.
»Es könnte sein, dass du meine Frau Jenny gesehen hast. Sie ist
vor einiger Zeit mit meinem kleinen Mädchen Pearl verschwunden. Vielleicht war sie auf einem der Feste hier. Du hättest sie bestimmt nicht vergessen.«
Jake beschrieb Jenny und ihre blonde Schönheit bis ins kleinste Detail. Browne schüttelte den Kopf, doch Jake konnte sehen, dass er verwirrt war und Angst hatte. Oder
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