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Die Blueten der Freiheit

Die Blueten der Freiheit

Titel: Die Blueten der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Anthony
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jedem anderen Land hätte man mir geglaubt und diese Rohlinge verhaftet. Ich ging davon aus, dass mir zumindest auf der Polizeistation der Stadt Glauben geschenkt, wenn schon nicht Respekt entgegengebracht wurde, also machte ich mich auf den Weg dorthin, um Anzeige zu erstatten.
    »De Grote?« Der Wachtmeister sah mich erstaunt an und hob eine Augenbraue. » Arne De Grote?«
    »Ja, genau.«
    »Das kann nicht sein.«
    Nun war ich es, der ihn mit erhobenen Augenbrauen ansah. »Natürlich.«
    »Er ist ein ehrenwertes Mitglied des Stadtrates, und er lässt gerade zu Ehren seiner Frau eine Kapelle errichten.«
    Ehre! Dieses Wort war diesem Mann doch fremd!
    »Und Ihr behauptet, dass er Euch überfallen hat?«
    »Nein. Ich sagte doch, dass er seine Männer auf mich gehetzt hat, um mich zu überfallen. Sie haben meinen Geldbeutel mitsamt den Münzen gestohlen. Und das waren nicht wenige.«
    »Mich würde interessieren, warum Ihr so viel Geld bei Euch hattet.«
    Ah. Ich musste meine Antwort nun vorsichtig abwägen. Wenn ich ihm den wahren Grund verriet, würde ich mich selbst als Schmuggler entlarven. »Ich bin hier, um für meinen Vetter, den Vicomte von Souboscq, einige Geschäfte zu erledigen.«
    »Es geht selten gut aus, wenn ein Mann mit einem solchen Vermögen in der Tasche herumläuft. Natürlich wurdet Ihr überfallen!«
    »Ja, natürlich wurde ich überfallen. Das sage ich ja die ganze Zeit.« Verstanden diese Flamen denn rein gar nichts? »Ich wurde von Arne De Grote überfallen.«
    »Das ist unmöglich. Er erhebt kaum jemals seine Stimme.«
    »Es ist bloß eine Sache unmöglich, nämlich dass Ihr darauf besteht, dass das unmöglich ist!«
    »Wenn Ihr ein Ehrenmann sein wollt, dann benehmt Euch auch wie einer.«
    Mich wie einer benehmen …
    »Ihr habt nicht einmal einen Hut auf Eurem Kopf.«
    »Er ging im Kampf verloren, und ich …«
    »Ah! Im Kampf. Dann gebt Ihr es also zu. Ihr habt einen Kampf mit ein paar Männern aus Kortrijk vom Zaun gebrochen, und nun könnt Ihr nicht akzeptieren, dass Ihr verloren habt.«
    Ich atmete tief durch, was den unglücklichen Effekt hatte, dass meine Rippen wieder furchtbar zu schmerzen begannen. »Ich bin hier, um Anzeige zu erstatten und Euch um Hilfe bei der Suche nach meinem Geldbeutel zu bitten.«
    »Warum seid Ihr hier in Kortrijk?«
    »Ich bin hier, um Geschäfte für den Vicomte von Souboscq zu erledigen.«
    »Und Euer Geschäftspartner ist?«
    »Arne De Grote.«
    Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und verschränkte die Arme, wobei er sich die Daumen unter die Achseln steckte. »Ich verstehe. Ihr seid also hierhergekommen, um mit De Grote Geschäfte abzuwickeln, und nun beschuldigt Ihr ihn, Euch überfallen zu haben.«
    »Genau!«
    »Und warum sollte er so etwas tun?«
    »Weil …« Ich bemerkte, dass ich beinahe in eine Falle getappt wäre, die ich selbst gestellt hatte. Wenn ich dem Wachtmeister gegenüber zugab, dass ich mit De Grote die Vereinbarung geschlossen hatte, Spitze außer Landes zu schmuggeln, dann entlarvte ich mich selbst als Krimineller. Ich fragte mich, wie viele Männer bereits wie ich ihr Geld an diesen Mann verloren hatten. Wenn ich zugab, warum ich hier war, dann konnte ich die Spitze auch gleich den Söldnern übergeben, die entlang der Grenze patrouillierten, um sie zu beschlagnahmen. »Weil er ein unehrenhafter Mann ist.«
    »Er stellt Schwarzpulver für die Waffenkammer zur Verfügung, er lässt zusätzliche Messen für die Armen lesen, er versorgt das städtische Waisenhaus mit Nahrungsmitteln. Ich kenne keinen ehrenwerteren Mann!«
    Ich merkte, dass ich hier wohl kaum auf Verständnis hoffen konnte, also nickte ich bloß und drehte mich um, um zu gehen.
    »Herr Lefort?«
    Ich hielt inne. »Ja?«
    »Ich wäre an Eurer Stelle sehr vorsichtig, was De Grote betrifft.«

    Der zwölfjährige Junge, der ich gewesen war, hätte keiner solchen Warnung bedurft. Und er hätte es nicht zugelassen, in einen Hinterhalt gelockt zu werden. Er wäre hocherhobenen Hauptes die Straßen entlanggewandert und hätte sich nicht um den Regen gekümmert. Er hätte die Gefahr rechtzeitig erkannt. Der Junge hätte bemerkt, dass etwas faul sein musste, wenn Männer bei diesem Wetter ihre Kragen nicht hochschlugen.
    Der Junge hätte sich nicht zusammenschlagen lassen, wie ich es getan hatte.
    Von dem Ehrenmann war nun nichts mehr übrig. Der Mann war wieder zu dem Jungen geworden.
    Sehr vorsichtig, was De Grote betrifft … Ich hatte es satt, vorsichtig zu sein!

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