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Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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sitzen. Auf seinem Schreibtisch grinsten ihn Ehefrau und Tochter an. Zwei wunderschöne Frauen. Sie waren so stolz auf ihn. Sie himmelten ihn an. Was würde geschehen, wenn Sie erfuhren, dass er ihnen die ganze Zeit etwas vorgespielt hatte? Eva liebte es, mit Frau Doktor angesprochen zu werden. In der Schule hatte Erb im Unterricht einmal erzählt, was ein ganz großer und wichtiger Psychologe so den ganzen Tag macht, Annas Mitschüler hatten bewundernd zu ihm aufgeschaut, und seine Tochter hatte ihn anschließend mit einem dicken Kuss belohnt.
    Es gab keine Alternative. Und was war eigentlich so schlecht an Mallorca?
    Langsam räumte er die Unterlagen zusammen. Die Akten seiner Patienten. Diese Menschen hatten ihm wirklich etwas bedeutet. Es war ihm bei der ganzen Sache doch letztlich nicht darum gegangen, sich zu profilieren. Er war ein guter Psychologe. Auch wenn sein mittelmäßiger Hauptschulabschluss ihm die Möglichkeit genommen hatte, dies mit einem ordentlichen Diplom offiziell zu bestätigen. Aber er hatte für Fachzeitschriften Aufsätze geschrieben, die der Kollegenschaft als Wegweiser dienten. Er hatte an der Universität im vollbesetzten Audimax Vorträge gehalten. Er hatte Menschen geholfen.
    Was er getan hatte, war doch bei weitem nicht so schlimm wie das, was die Politiker trieben. Von Steuergeldern bezahlte Sexskandale   … Das war widerlich! Und diese ganze Geschichte in Ostfriesland sollte doch auch nur ein Ablenkungsmanöver sein, damit nicht irgendein eifriger Journalist Lunte roch. Zugegeben, bei Katharina Zwolau war es tatsächlich knapp geworden. Aber was taten die Politiker nicht alles nur aus Machtgier. In was war er da eigentlich hineingeraten?
    Plötzlich stand eine Gestalt vor ihm. Wie aus dem Boden geschossen. Klein, energisch, rothaarig.
    «Noch nie was von Anklopfen gehört?», raunzte er die Kommissarin an.
    Doch Wencke Tydmers ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. «Ich habe nirgendwo Ihr Namensschild entdeckt. Da stand nur Dr.   Tillmann Erb, Diplom-Psychologe und Psychoanalytiker. Und da ich inzwischen weiß, dass Sie das nicht sind, dachte ich mir, komme ich einfach mal so rein.» Sie grinste unverschämt. Hinter ihr stand die Blondierte mit ähnlichem Gesichtsausdruck.
    «Wie bitte?»
    Sie knallte ihm einen Zettel auf dieArbeitsfläche.«Schauen Sie mal, was ich vor ein paar Tagen auf meinem Schreibtisch liegen hatte.»
    Er sah sich den Brief an. Es war irgendein offizielles Schreiben von der Polizeibehörde. Aber noch ehe er die ersten Sätze entziffern konnte, zog Wencke Tydmers ihm den Brief mit schadenfrohem Grinsen wieder weg. «Eine Einladung nach Virginia, FB I-Academy . Da dachte ich, wenn die mich schon einladen, kann ich da ja mal anrufen und mich so nebenbei über einen gemeinsamen Bekannten informieren. Einen gewissen Dr.   Tillmann Erb.»
    «Aha», brachte er hervor. So ein beschissener Zufall.
    «Leider habe ich keine lustigen Schülergeschichten von Ihnen erzählt bekommen. Sie wissen selbst, warum.»
    Erb nickte.
    Wencke Tydmers setzte sich mit einer Pobacke auf seinen Schreibtisch und verschränkte die Arme. Wie eine überschlaue Lehrerin, ärgerte sich Erb.
    «Vielleicht freut es Sie ein bisschen, dass ich Sie die ganze Zeit unterschätzt habe.»
    «Nein, das freut mich nicht im Geringsten.»
    «Ich dachte, Sie seien eine Pappnase. Irgend so ein Seelenklempner, der mal ein bisschen bei einem spannenden Kriminalfall mitmachen will. Dass Sie aber in Wirklichkeit Drahtzieher einer groß angelegten Verschwörung sind, ist doch schon fast wie eine Beförderung für Sie.» Trotz ihres Bestrebens, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen, blieb sie bei jedem Satz todernst. «Wir hatten in Hanno Thedinga schon unseren Mörder gefunden, bevor Sie angefangen haben, Wesselmann verdächtig erscheinen zu lassen. Durch Ihre Aktion haben Sie alles noch schlimmer gemacht. Hätten Sie nur Ihre Profilneurose aus dem Spiel gelassen, wäre weniger Blut geflossen. Hanno Thedinga würde vielleicht noch leben, und Gernot Huckler wäre auch ohne Manipulation von jeglichem Verdacht befreit.»
    «Hätten Sie mich von Anfang an wirklich in den Fall integriert, dann hätte ich das Ablenkungsmanöver mit Wesselmann doch gar nicht gestartet», versuchte Erb sich zu rechtfertigen. Doch bei den beiden Kommissarinnen biss er auf Granit.
    «Wissen Sie, Erb, Hochstapler sind im Grunde genommen sehr talentierte Menschen. Sie schaffen es immer, für ihre narzisstische Störung die ganze Welt

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