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Die Blütenfrau

Die Blütenfrau

Titel: Die Blütenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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seinem Lederstuhl aufrecht hin und legte die gefalteten Hände auf den Schreibtisch. «Aber ich hatte an ein Forschungsprojekt gedacht. In Berlin arbeiten sie an der Charité mit Pädophilen, und das ist doch mein Spezialgebiet.»
    «Das Problem ist nur: Da nehmen die keine Schwimmmeister.»
    Tillmann Erb versuchte es mit Lässigkeit: «Haben Sie etwa damals meine Zeugnisse mit der Lupe untersucht?»
    «Leider nicht», gab der Mann zu. «Hätte uns eine Menge Ärger erspart. Aber Sie konnten das damals so gut: vom FBIerzählen, diesem Spezial-Camp in Virginia, und wie Sie dort mit Kusshand aufgenommen wurden. Alle Achtung, damit haben Sie uns ganz schön beeindruckt. Dann noch die Referenzen bei den Strafgerichten, die waren ja im Gegensatz zu Ihrem Lebenslauf nicht mal gefälscht. Ihr Name war also bekannt, Ihr Ruf als Gutachter für Sexualstraftäter exzellent. Wir dachten, da hätten wir eine ganz große Nummer an Land gezogen.»
    «Haben Sie doch auch.»
    «Wie man’s nimmt. Immerhin hat Ihr Gutachten unserem Ministerpräsidenten wieder mächtig auf die Beine geholfen.»
    Nun mischte sich der andere Kerl ein: «Sollte aber die Presse oder die Gegenpartei Wind davon bekommen, dass dieses rettende Stück Papier von einem Nichts-und-Niemand verfasst wurde, der sich seine Zeugnisse aus dem Internet gezogen hat   … Nun, ich denke, das würde Wolfgang Ulferts das Genick brechen. Da spielt sein kleiner Sexskandal nur noch eine sekundäre Rolle. Dann werden die uns Betrug nachsagen   …»
    «Meinen Eindruck von diesem Mann habe ich wahrheitsgemäß zu Papier gebracht. Meiner Meinung nach steckt in Wolfgang Ulferts wirklich kein überdurchschnittlich sexuell gesteuerter Mann. Auch ohne Hochschul-Studium und Auszeichnung kann ich das erkennen.»
    «Kommen Sie, Erb. Wir wissen doch, dass Sie Ihr psychologisches Wissen auf einer dieser unsäglichen Privatakademien erlangt haben. Eines dieser Institute, die immer mit grandiosen Karriereversprechungen auf den Rückseiten der Yellow Press werben. Da haben Sie damals Ihr bescheidenes Angestelltengehalt auf den Kopf gehauen und zu spät erkannt, dass ein Privatdiplom weniger zählt als ’ne Rolle zweilagiges Toilettenpapier. Klar waren Sie sauer.»
    «Die Kurse waren in der Tat exzellent, und ich habe immerhin drei Jahre dort   …»
    «Jetzt sagen Sie nicht
studiert
, sonst lach ich mich tot!»
    «Ich bin trotz allem ein guter Psychologe. Ich kann mich in Menschen hineinversetzen.»
    Der Mann zog nur die Augenbrauen in die Höhe.
    «Sie brauchen Leute wie mich. Der Ministerpräsident   … Nun hat er einen ganzen Stab an Personality-Betreuern, wie Sie es sind, und gerät trotzdem noch in so eine Affäre. Käuflicher Sex auf Dienstreise   … egal, ob da was dran ist oder nicht, Sie müssen nun seinen Ruf polieren.» Erb schüttelte den Kopf. «Sie machen einen merkwürdigen Job.»
    «Haben Sie schon mal versucht, einen Mann in der Öffentlichkeit besser aussehen zu lassen, als er in Wirklichkeit ist?» Er lachte kurz und trocken. «Ach ja, ich vergaß, das machen Sie ja schon seit Jahren. Mit sich selbst.»
    «Ich bin nicht der Schlechteste auf meinem Gebiet», verteidigte sich Erb.
    «Na, wenn einer von uns sein Seepferdchenabzeichen machen will, kommen wir gern wieder auf Sie zu. Aber als Psychologe sind Sie weg vom Fenster, Erb. Machen Sie sich nichts vor. Wenn Wolfgang Ulferts Ministerpräsident von Niedersachsen bleibt und dann seinen Gutachter mit einer Belobigung nach Berlin schickt, wird die Presse sich an Ihnen festbeißen. Und zwar gnadenlos. Da können wir nicht noch einmal unsere Kontakte spielen lassen. Dann wird herauskommen, dass Dr.   Tillmann Erb nichts weiter ist als einer der genialsten Hochstapler unserer Zeit. Ach ja, und staatlich geprüfter Schwimmmeister.»
    Der Mann, der zuerst gesprochen hatte, mischte sich wieder ins Gespräch. «Wir raten Ihnen daher dringend: Nehmen Sie das Geld und verschwinden Sie aus Deutschland. Bringen Sie den Touristen auf Mallorca das Schwimmenbei. Aber eröffnen Sie keine Klinik für plastische Chirurgie, keine Finanzberaterfirma oder sonst einen Scheiß, wofür Sie gefälschte Zeugnisse auf den Tisch legen müssten. Wenn irgendjemand irgendwann herausfindet, dass Sie ein gottverdammter Betrüger sind, gehen wir alle den Bach runter. Kapiert?»
    Erb schluckte. Sie meinten es ernst.
    Die beiden erhoben sich gleichzeitig wie auf ein unhörbares Kommando. «Sie entschuldigen uns?» Dann rauschten sie ab.
    Erb blieb

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