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Die Blume der Diener

Die Blume der Diener

Titel: Die Blume der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delia Sherman
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sie. »Dieses Hemd solltet Ihr anbehalten und der Schlafrock meiner Lady soll Eure Schamhaftigkeit bewahren.«
    »Nein«, entgegnete Elinor und zog sich das Hemd über den Kopf.
    Alyson schloss die Augen und versteckte sich hinter Dollys drallem Körper. Doch dann wurde die Neugier stärker als ihre Scheu und sie spähte durch die Wimpern auf Elinor. Elinors Körper war von der Hüfte bis zu den Achseln in ein langes, weißes Leinenband eingewickelt und sie zuckte leicht zusammen, als sie es langsam aufrollte. Zuerst wurde ihr Bauch entblößt, der von den Malen der Schwangerschaften gezeichnet war; dann kamen ihre Flanken zum Vorschein, in die das Leinen Striemen gedrückt hatte; schließlich waren die gequetschten und flach gedrückten Brüste an der Reihe. Über der linken Brust hatte sich ein großes Schmuckstück an einer Kette in das dunkle Fleisch eingegraben. Das Kleinod löste sich, als Elinor sich vorbeugte, und hinterließ einen Abdruck auf der Haut. An derselben Kette glänzte ein schmaler, goldener Ring.
    Elinor schaute wehmütig an ihrem Körper herunter. »Diese Brüste hätten spätestens jetzt meine männliche Gewandung Lügen gestraft.«
    Alyson fand diese gelassene Nacktheit unerträglich. Sie ergriff einen Kittel und warf ihn Elinor über den Kopf, während Dolly ihr Mitgefühl kund tat und gute Ratschläge gab. »Für diese Quetschungen braucht Ihr unbedingt einen Badezuber und eine Einreibung, Mylady.«
    »Jawohl, Mistress Whitlow, einen Badezuber – und dazu Rosenblätter und Myrthe für das Wasser. Aber b itte keine Bandagen oder Umwicklungen.« Elinor seufzte, während Alyson sie in das mächtige Schlafgewand hüllte. »Ich muss gestehen, dass diese kleine körperliche Freiheit mir im Augenblick mehr bedeutet als Macht, Ehre oder Truhen voller Gold.« Sie glättete das Gewand und faltete die Hände fromm vor der Hüfte. »Sehe ich jetzt wieder wie eine Christenfrau aus?«
    »Euer Haupt ist bloß, Mylady«, sagte Dolly ernst und versteckte Elinors kurzes Haar rasch unter einer Leinenkappe, an die sie einen Schleier heftete. In diesem Rahmen aus weißem Leinen wirkte Elinors Gesicht älter, bleicher und härter. Alyson wunderte sich, wie sie Elinor jemals als schön hatte ansehen können. Schließlich zog Elinor das Kleinod aus ihrem Busen hervor und legte es über die schwere Wolle des Schlafrocks.
    »Ist das Euer Gemahl?«, fragte Alyson und nahm es in die Hand. Das gemalte Antlitz sah vierschrötig aus; es hatte einen breiten, fröhlichen Mund, strohfarbenes, unregelmäßig gelocktes Haar und einen ausladenden Kiefer. »Er sieht … sehr freundlich aus.«
    »Ja«, meinte Elinor, »mein William war keine Schönheit. Aber er war wirklich sehr freundlich. Er schenkte mit dieses Bildnis nach der Geburt unseres Sohnes Henry. Ich sagte ihm, dass wir uns solche Spielereien nicht leisten können. Darauf antwortete er nur, ich hätte ihm im Kindbett ein lebendes Abbild seiner selbst geschenkt, woraufhin er auf dem Feld gearbeitet habe, um mir ein gemaltes zu verehren.«
    Elinor lächelte das Porträt an, legte es sich dann sanft auf den Busen und streckte die Hand nach Alyson aus.
    »Kommt, wir wollen Freunde sein. Wenn William Flower Euch beleidigt hat, bittet Euch Elinor Flower demütigst um Verzeihung. Ich hatte einmal eine Tochter namens Alys, aber sie lebte nicht lange genug, um ihr mein Kräuterwissen oder irgend etwas anderes mitzugeben. Dieses arme Kind! Als ich neben Euch im Garten saß, habe ich Euch durchaus geliebt, aber nicht so, wie William Euch geliebt hätte, wenn er dazu in der Lage gewesen wäre.«

Kapitel Sieben

    Am selben Tag ernannte König Lionel den Grafen von Brackton zum Haushofmeister und in der folgenden Woche kehrte der Hof langsam wieder zu seiner gewohnten Ergebenheit zurück. Unten in der Küche hatte Master Hardy den unnatürlichen Grad an Sauberkeit etwas gesenkt. In der großen Halle unterhielten sich die Adligen im Flüsterton über neue Steuern und Abgaben für den Wiederaufbau Albias und in der Turmstube disputierten die Ladies über die plötzlich gewachsene Freundschaft zwischen Lady Flower und den Gräfinnen von Brackton und Pascourt.
    »Sie leben so eng zusammen, dass Mylady Brackton essen muss, wenn Lady Flower Hunger hat, und wenn sie durstig ist, muss Lady Pascourt trinken«, sagte Lady Dumbletan zur Baronin Carstey, die an den Hof zurückgekehrt war. »Und sie leben zurückgezogen wie Nonnen, auch wenn Alyson und Elizabeth noch nicht dem Beispiel der

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