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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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Hoffnung, Masra Martin zu erspähen. Dieser war am Mittag aus dem Haus geschlichen, und die beiden wussten nur zu gut, wohin es ihn trieb. Seit er von der Ankunft seines Vaters gehört hatte, war Masra Martin sichtlich unruhig gewesen. Karini ging es ähnlich. Sie wusste, was das bedeutete: Veränderungen. Sie seufzte. »Meinst du, er hat ihn gefunden?«
    »Sicherlich«, meinte Masra Henry, »so groß ist Paramaribo ja nicht. Und unter den Weißen sprechen sich Neuankömmlinge schnell herum.« Er deutete auf den Flur. In der kleinen Silberschale auf der Anrichte stapelten sich bereits die Einladungen für Misi Juliette, oder besser gesagt für Masra Wim und Misi Gesine. Wie immer brannten die weißen Kolonisten darauf, die aus Europa Angereisten einzuladen, um Neuigkeiten aus der alten Heimat zu hören.
    »Mit Misi Gesine werden sie ihren Spaß haben«, bemerkte Karini grinsend. Noch nie hatte sie eine Frau kennengelernt, die so viel redete. Aber die Misi hatte auch wunderschöne Kleider und teuren Schmuck. Karini hatte helfen dürfen, die unzähligen Koffer der Misi auszupacken und andächtig in aller Heimlichkeit den Stoff eines jeden Kleidungsstückes vorsichtig befühlt. Wie weich die Kleider waren! Karini befand, dass Misi Gesine eine richtige Dame war. Aber ihre Redseligkeit war für alle in diesem Haus ungewohnt.
    Selbst mit Karini hatte die Misi Gesine ununterbrochen gesprochen. Oder besser gesagt, sie hatte geredet, und Karini hatte schweigend zugehört. Ein bisschen stolz war Karini schon, dass Misi Juliette ihr aufgetragen hatte, sich um das Wohl von Misi Gesine zu kümmern. Das bedeutete für Karini, dass Misi Juliette ihr zutraute, diese Aufgabe zu ihrer Zufriedenheit zu erledigen. Ihre Mutter hatte zwar die Stirn gerunzelt, auch weil Kiri sehr wohl wusste, dass ihre Tochter die Rolle des Dienstmädchens nicht gerne übernahm. Aber sie konnte ja nicht wissen, dass Karini sich dieses Mal sogar sehr darüber freute. Denn wo hätte sie mehr über Europa und das Leben als Dame dort erfahren können, als von Misi Gesine? Dafür nahm sie sogar in Kauf, von Misi Gesine herumkommandiert zu werden.
    Masra Henry riss Karini aus ihren Gedanken. »Wenn er nicht bald zurückkommt, wird Mutter etwas bemerken.«
    »Er wird schon aufpassen, ich glaube nicht, dass er es jetzt schon auf einen Streit ankommen lässt.« Karini schob nochmals die Vorhänge beiseite. Plötzlich sah sie Masra Martin die Straße entlanghasten. Er lief leicht gebeugt und hielt den Kopf gesenkt, als wolle er nicht entdeckt werden. Karini nickte in Richtung des Fensters. »Da kommt er«, sagte sie und folgte Masra Henry dann mit großen Schritten durch den Salon bis zur Tür.
    Masra Martin schloss hastig die Tür und schrak zurück, als er die beiden entdeckte. Dann blickte er sich hastig um.
    »Keine Sorge, Misi Juliette ist mit Helena noch auf ihrem Zimmer«, flüsterte Karini.
    Einen Moment herrschte vollkommene Stille, dann atmete Masra Martin hörbar aus und wandte sich in Richtung Treppe. Karini aber musste wissen, was passiert war. »Hast du … hast du ihn getroffen?«, stellte sie die Frage, die ihr auf der Seele brannte.
    Masra Martins Augen weiteten sich kurz. Dann nickte er, während er den Finger auf die Lippen legte und mit der anderen Hand die Treppe hinaufwies. Einen kurzen Moment sahen sich alle drei verschwörerisch an, dann liefen sie nach oben. Als sieMisi Juliettes Zimmer passierten, schlich Karini auf baren Sohlen daran vorbei, die Schuhe von Masra Martin und Masra Henry aber schienen in ihren Ohren zu dröhnen. Doch nichts regte sich.
    In Masra Martins Zimmer schloss Masra Henry, so leise es ging, die Tür und ließ sich dann auf den Stuhl an dem kleinen Schreibtisch unter dem Fenster fallen. Karini atmete erleichtert aus und hockte sich, wie immer, auf den Boden, während Masra Martin an der Wand neben der Tür stehen blieb und sich mit einer fahrigen Geste die Haare aus der Stirn strich. Sein Gesicht war leicht gerötet, und er schien sehr aufgewühlt zu sein.
    »Nun erzähl schon«, drängte Masra Henry.
    »Ich habe gar nicht lange fragen müssen, er … mein Vater … ist als Gast bei John Therhorsten untergekommen.«
    Karinis Herz schlug schneller in ihrer Brust. »Und? Hast du ihn besucht?«, fragte sie neugierig.
    »Bist du verrückt … ich kann da doch nicht einfach hingehen«, zischte Masra Martin vorwurfsvoll.
    Karini musterte ihn überrascht. Masra Martin hatte so lange auf ein Wiedersehen mit seinem Vater

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