Die Blume von Surinam
beschwichtigen, »dort gab es eine Menge zu tun, und ich habe Thijs dabei geholfen.«
»Das sehe ich, du siehst ja aus wie ein Landarbeiter, schau dir mal deine Hände an. Gibt es dafür in diesem Land keine Neger?«
Masra Wim schien diese Bemerkung zu ärgern, trotzdem ließ er sich nicht auf eine Diskussion ein. »Es musste erst einiges erledigt werden, bevor die Arbeiter dort anfangen können, Gesine.«
Masra Wim hatte augenscheinlich nicht viel Lust, sich vor seiner Frau zu rechtfertigen. Karini wusste auch gar nicht, was Misi Gesine zu beanstanden hatte. Masra Wim hatte sich in den vergangenen Wochen ihrer Meinung nach sehr zum Positiven verändert. Er sah gesund und kräftig aus, gar nicht mehr wie ein blassgesichtiger Europäer, sondern eher wie ein echter Kolonist.
»Wann fahren wir wieder in die Stadt?«, fragte Misi Gesine vorwurfsvoll.
»In die Stadt?« Masra Wim lachte auf. »Gesine, ich bin hier, um den Aufbau der Zuckermühle zu dokumentieren. Für deinen Vater, falls du dich erinnerst. Das wird noch ein paar Monate dauern.«
»Monate?« Misi Gesine entzog Karini barsch die Hand und sprang vom Sessel auf. »Du willst mir sagen, dass du noch Monate hier in diesem Urwald bleiben willst?«, fragte sie schrill.
»Ja, das habe ich vor. Und genau genommen sind wir auch gerade deswegen in dieses Land gekommen.« Masra Wim stand auf und zog sich das Hemd gerade. Ein Jackett, wie in der Stadt üblich, trug er nicht mehr. Masra Wim trat auf seine Frau zu und sah ihr fest in die Augen. »Ich werde auf jeden Fall mit Thijs zurück auf die Plantage gehen«, sagte er mit einer Stimme, die keinen Widerspruch duldete, und schritt aus dem Raum.
Misi Gesine ließ sich in den Sessel sinken, sie schien den Tränen nahe. Mit scheinbar letzter Kraft reichte sie Karini eine Hand und legte sich die andere an die Stirn.
»Was soll ich nur machen? Ich werde noch verrückt hier in dieser Provinz. Ich weiß gar nicht, wie Juliette das aushält, man vereinsamt hier doch vollkommen.«
Karini zuckte nur die Achseln und machte sich wieder daran, Misi Gesines Hand zu behandeln.
Bereits am nächsten Tag schien Misi Gesine es sich allerdings anders überlegt zu haben. »Ich werde mit nach Watervreede gehen«, verkündete sie beim Essen, gerade als Karini den Hauptgang servierte.
Karini musste sich sehr konzentrieren, die Schale mit dem Gemüse zu halten. Alle, insbesondere Misi Juliette, sahen Misi Gesine verwundert an.
In Masra Wims Blick aber lag Entsetzen. »Willst du das wirklich? Ich meine … Watervreede ist noch lange nicht so komfortabel wie Rozenburg. Gestern hast du doch noch gesagt … vielleicht wäre es besser, wenn du zunächst hierbleiben würdest.« Seine Stimme klang bei Weitem nicht so selbstbewusst wie am Abend zuvor.
Karini zog sich auf ihren Platz neben dem Türrahmen zurück, wo sie zu stehen hatte, während die Herrschaften aßen.
»Nein, ich komme mit. Ich sitze nicht noch einmal wochenlang hier und warte auf dich«, hörte sie Misi Gesine jetzt sagen. Ihr entging der vorwurfsvolle Tonfall nicht. Masra Wim schien verärgert, sagte aber nichts.
Stattdessen räusperte sich Masra Thijs. Er wirkte angespannt, und sein Gesicht schien Karini infolge der Neuigkeit erblasst zu sein. »Mevrouw Vandenberg, wir arbeiten dort noch sehr hart, wir haben gerade einmal das Nötigste geschafft. Vor allem das Plantagenhaus bedarf noch einer Renovierung«, sagte er eindringlich.
Misi Gesine aber schien von der offensichtlichen Ablehnung nichts zu bemerken, sondern machte auch dieses Argument zunichte. »Das ist mir egal. Vielleicht tut es Ihrem Plantagenhaus ja ganz gut, wenn bei den Arbeiten eine Frau zugegen ist«, sagte sie spitz.
Masra Thijs hob die Augenbrauen, sein Blick wanderte zu Masra Wim, dann zuckte er die Achseln.
Misi Gesine wandte sich derweil an Misi Juliette. »Juliette, wenn du erlaubst, würde ich Karini gerne mitnehmen. Soweitich das sehe, gibt es auf Watervreede ja noch kein Personal.« Karini horchte auf, aber Misi Juliette schien nicht begeistert von der Idee. »Karini soll mit nach Watervreede?«, fragte sie ungläubig. »Aber Sarina ist doch dort.«
Doch Misi Gesine schien auch das nicht gelten lassen zu wollen. Vermutlich fürchtete sie, dass Sarina sich um zu viele andere Dinge kümmern musste und zu wenig Zeit für sie haben würde. »Du meinst diese indische Frau? Ach Gott, nein, die hat doch sicherlich keine Erfahrung.« Karini fühlte sich geschmeichelt. Sie hatte nicht geahnt,
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