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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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hochzuziehen. Die Frauen beobachteten das kleine Mädchen schweigend. Dabei huschte ein dunkler Schatten über Erikas Gesicht.
    Julie wusste, dass Erika schwer an der Trennung von ihren Kindern trug. Dabei war es nicht so sehr die räumliche Entfernung, die ihr zusetzte, als vielmehr die gefühlsmäßige Distanz. Reiner hatte sich früh von Erika gelöst, er ging seinen eigenen Weg, und selbst die gerade mal achtzehnjährige Hanni zog es vor, am anderen Ende der Kolonie zu leben, anstatt bei ihrer Mutter.
    Julie konnte sich das nicht erklären, Erika war so ein herzensguter Mensch. Eines allerdings war unbestritten: Um Hannis Vater machte Erika ein großes Geheimnis oder besser gesagt, sie hatte nie darüber geredet. Hanni konnte nicht das Kind von Reinhard sein, dieser war damals schon zu lange verschollen, und Erika hatte zudem erst nach Hannis Geburt erfahren, dass Reinhard auf Batavia lebte.
    Der Grund für die gefühlsmäßige Distanz zwischen Erika und ihrer Tochter lag vielleicht auch in diesem dunklen Geheimnis.
    Erikas Stimme holte Julie aus ihren Gedanken zurück.
    »Dein Cousin ist wirklich sehr nett. Ich finde es beachtlich, wie gut er sich hier in Surinam zurechtfindet«, sagte sie lächelnd.
    »Ja«, Julie nickte, »ich hätte auch nicht gedacht, dass er hier solche wagemutigen Abenteuer in Angriff nimmt. Wenn er dadurch nur nicht seine Frau vergrault.«
    Erika schmunzelte. »Sie ist sicher kein einfacher Charakter. Und so anders als er. Ich frage mich, was sie verbindet.«
    Julie nickte. Sie hatte auch schon oft darüber nachgedacht. »Schau dir die beiden doch an. Sie sind eher wie Feuer und Wasser als wie Mann und Frau. Ich befürchte, dass Wims Hochzeit mit Gesine ähnlich wie meine damals von meinem Onkel arrangiert wurde. «
    »Ja, wahrscheinlich hast du recht. Hoffentlich geht das auf Watervreede gut. Ich habe deinem Cousin übrigens gesagt, dass ichihn gerne dort besuchen würde, sobald ich wieder gesund bin. Ich finde die Entwicklung dort sehr spannend, und natürlich möchte ich auch gerne Sarina wiedersehen. Wim hat sich sehr positiv über sie geäußert und auch Thijs Marwijk ist voll des Lobes. Es war wohl doch eine gute Entscheidung, sie mitgehen zu lassen.«
    Julie runzelte die Stirn und zog Helena auf ihren Schoß. Das Mädchen war sichtlich müde und kuschelte sich nun in ihre Arme. Julie strich ihm zärtlich über das blonde Haar.
    »Ich hoffe, es bleibt auch so friedlich, wenn Pieter dort Einzug hält.«
    Vom Fluss her kamen Wim und Thijs auf das Haus zu. Beide waren bis zur Hüfte nass, scherzten aber offensichtlich miteinander und lachten.
    »Juliette, stell dir vor …«, Wim nahm die Stufen der Veranda in einem Satz, »unter dem umgekippten Boot saß ein Kaiman, er hat nach Thijs geschnappt.« Er breitete die Arme aus, um zu zeigen, wie groß das Tier gewesen war.
    Thijs klopfte ihm auf die Schulter. »Na, übertreib mal nicht, so riesig war er nicht, und er hatte mehr Angst vor uns als wir vor ihm.« Er wandte sich an Julie. »Hier … das haben wir im Boot gefunden, es hatte sich an einem der Bretter verfangen. Ob das Boot doch von jemandem gestohlen wurde?«
    Julie fand, dass diese beiden erwachsenen Männer aussahen wie zwei Jungen auf Abenteuerreise. Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Dann aber fiel ihr Blick auf das nasse Stück Stoff, das Thijs nun hochhielt. Ihr stockte für einen Moment der Atem. Julie wusste sofort, woher dieses längliche blaue Stück Tuch stammte.
    Dieser Stoff wurde von den indischen Männern als Turban getragen und sie kannte nur einen, der die Farbe Blau bevorzugte: Baramadir.

Kapitel 18
    D er Schlag traf Inika hart und unvermittelt. Es wurde dunkel um sie herum.
    Als ihre Sinne langsam wiederkehrten, war sie völlig verwirrt. Was war geschehen? Dann wurde ihr bewusst, dass sie getragen wurde, sie hing bäuchlings über einer Schulter. Sie konnte ihre Hände nicht bewegen, diese waren fest zusammengebunden. Panisch versuchte sie zu strampeln, aber auch ihre Beine waren gefesselt.
    »Damit hast du nicht gerechnet, was?«
    Die Stimme ließ sie erstarren. Baramadir. Er lebte. Damit wurde ihr schlimmster Albtraum Wirklichkeit. Sie wand sich in dem Versuch, sich zu befreien, aber sein Griff wurde nur fester. Hilflos, wie ein Stück Vieh, hing sie über seiner Schulter. Inika begann zu schreien.
    »Ja, schrei ruhig, diesmal wird dir keiner zu Hilfe kommen, diesmal wirst du bei mir bleiben, du kleines Miststück.« Er lachte höhnisch

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