Die Blume von Surinam
und Aufmerksamkeit gerne an.
Wie leicht sich doch alles fügte! Vandenberg würde sich, im Falle eines ernsthaften Zerwürfnisses zwischen ihm und Gesine, von der Plantage zurückziehen müssen, und damit auch Marwijk nicht länger beeinflussen. Pieter könnte dann endlich auch seine Vormacht weiter ausbauen.
Marwijk hatte seit Wochen sowieso eher wenig Interesse an den Arbeitsabläufen auf der Plantage. Er zeigte sich zwar durchaus erfreut, dass sein Plan in die Tat umgesetzt worden war, aber seit die wichtigsten Arbeiten getan waren und es darum ging, die Arbeiter auf die Felder zu treiben und die Pflanzungen instand zu setzen, verfiel Marwijk in den alten kolonialen Lebensstil. Er überließ die Organisation auf den Feldern und die Beaufsichtigung der Arbeiter seinem Direktor.
Pieter hatte nichts dagegen, dies war schließlich sein Ziel gewesen. Marwijks schwindendes Interesse zeigte ihm, dass der junge Mann geschäftlich doch eher wankelmütig war. Marwijks Aufmerksamkeit galt mehr der indischen Haushälterin, Pieter hatte die beiden mehrfach in trauter Zweisamkeit erwischt. Diese Sarina hatte sich dann stets beschämt zurückgezogen, und Pieter wurde schnell gewahr, dass sie für Marwijk mehr war als eine Haushälterin. Pieter hatte dafür nur Verachtung übrig. Haushälterinnen nahm man sich, aber man hatte keine Liebelei mit ihnen.
Marwijks heimliche Liebschaft mit dieser indischen Frau bot ihm aber noch einen weiteren Trumpf, dachte Pieter amüsiert. Und er würde nicht zögern, ihn auszuspielen, sollte Marwijk gar auf die Idee kommen, sich gegen ihn zu stellen. Mit schwarzen Frauen ließ man sich nicht offiziell ein. Die, die es getan hatten, wurden von der kolonialen Gesellschaft gemieden. Sich aber gar mit einer indischen Kontraktarbeiterin einzulassen war ein schwerer Fauxpas. Marwijk schien dies nicht zu wissen.
Marwijk indes war leicht zu beeinflussen und hörte, was die Bewirtschaftung der Plantage anging, zumeist auf seinen Rat.Pieter hatte über einhundert neue Arbeitskräfte in der Stadt anwerben lassen, und diese zeigten sich sehr gehorsam. Am Anfang war zwar eine gewisse Härte nötig gewesen, um diese Leute ordentlich zum Arbeiten zu bringen, doch in der Hinsicht konnte er auf seine Erfahrung zurückgreifen. Schwieriger als vermutet gestaltete sich hingegen das Anlernen seines Sohnes. Martin war einen liberalen Umgang mit den Arbeitern gewohnt.
Pieter hatte mehrmals eingreifen müssen, inzwischen zeigte sich Martin aber recht anstellig. Er hatte verstanden, dass das Tragen der Flinte auf dem Feld ein wichtiges Zeichen für die Arbeiter war und dass man bei Bestrafungen nicht zimperlich sein durfte. Pieter bedauerte zutiefst, dass die Zeiten vorbei waren, in denen man die Peitsche gebrauchen durfte. Aber die Flinte war ein ebenbürtiges Hilfsmittel. Ein gezielter Schuss in den Fuß eines Arbeiters, natürlich als bedauerlicher Unfall, hatte Pieter gleich den nötigen Respekt eingebracht. Martin war bei diesem Vorgehen etwas blass um die Nase geworden. Pieter hatte ihn dann aber darauf einschwören können, dass man sich die Untergebenheit der Arbeiter nur so sichern konnte.
»Du darfst ihnen gegenüber keine Schwäche zeigen. Das sind über hundert Männer, was geschieht wohl, wenn man ihnen auch nur ein klein wenig nachgibt? Sie werden einem auf der Nase herumtanzen und die ganze Plantage niederwirtschaften.« Dies hatte Martin schließlich eingesehen.
Inzwischen konnte er Martin allein mit den Arbeitern losschicken und hatte somit Zeit, sich vermehrt um Gesine zu kümmern. Ihr schien die Rolle der vernachlässigten Ehefrau zu gefallen, sie genoss es sichtlich, sich von ihm bemitleiden zu lassen. Dieses Bedürfnis zu befriedigen fiel ihm alles andere als schwer. Es lief also alles zu seiner Zufriedenheit. Jetzt mussten nur noch die ersten Zuckerrohrlieferungen von den anderen Plantagen und insbesondere von Rozenburg kommen.
Kapitel 11
M artin? Was für eine schöne Überraschung.« Julie freute sich ehrlich, ihren Ziehsohn wiederzusehen. Er war gerade mit einem Boot von Watervreede gekommen, und sie war ihm, mit Helena an der Hand, ein Stück entgegengegangen.
Es war bereits Ende Juli, die Trockenzeit stand unmittelbar bevor. Waren seit ihrem Aufbruch von Watervreede etwa schon gut zehn Monate vergangen? In diesem Land zerschmolz die Zeit in der Tropenhitze.
»Tante Juliette, ich freue mich auch.« Martins Augen strahlten, und er schien zu meinen, was er sagte. »Vater schickt mich,
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