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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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eine der erwachsenen Frauen …«
    Sie sah die Verzweiflung in seinen Augen, trotzdem gelang es ihr nicht, die Wut in ihrem Bauch zu mäßigen. Am meisten aber ärgerte Julie sich über sich selbst. Sarina hatte es ihr bereits vor vielen Wochen gesagt. Wie hatte sie eine solch wichtige Sache nur vergessen können! Natürlich, sie war vom Pferd gefallen und hatte auch infolge der Schwangerschaft schon die eine oder andere Sache vergessen, aber das alles war in Anbetracht des Schicksals, das Inika ereilt hatte, keine Entschuldigung. Jetzt war Inika verheiratet, und Julie ahnte, was das für das Mädchen bedeutete. »Du weißt, was er mit ihr machen wird«, zischte sie leise.
    Jean zuckte hilflos mit den Achseln. »Julie, das ist bei den Indern wahrscheinlich so Sitte, schau doch … bei den Negern …« Ein Argument, das Julie zur Weißglut trieb. Jean kannte die Sitten der ehemaligen Sklaven ebenso gut wie sie. Aber ob weiß, schwarz, gelb oder rot – es gab in ihren Augen Dinge, die in keiner Kultur einem jungen Mädchen gegenüber gerechtfertigt waren.
    »Da passiert das auch wohl kaum im Sinne der Mädchen«, stieß sie hervor. Mit Schaudern dachte sie daran, was sie vor vielen Jahren hier auf der Plantage mitbekommen hatte. Und es war nicht ein Schwarzer, sondern Martins Vater Pieter gewesen, der offensichtlich eine Vorliebe für kleine schwarze Mädchen hatte und … Julie würde die Bilder des geschändeten Kindes nie aus ihrem Kopf verbannen können. Damals war es ihr mit viel Mühe schließlich gelungen, weitere derartige Vorfälle zu vereiteln. Aber auf ihre Arbeiter, auf die Schwarzen und auf die Inder, würde sie dahingehend keinen Einfluss haben, ohne … ohne dass es der Plantage schaden würde. Und genau diesen Gedanken sprach Jean jetzt aus.
    »Wir sollten uns da heraushalten. Gibt es Unruhe unter den Arbeitern, schadet das der Plantage, das weißt du ganz genau.«
    »Wenn du das so siehst...«
    »Außerdem solltest du dich schonen. Reg dich doch bitte nicht so auf.« Er warf einen Blick auf ihren Bauch und sah sie dann vorwurfsvoll an.
    »Mir geht es gut. Löblich, dass du dich um unser Kind sorgst, dafür aber ein anderes seinem Schicksal überlässt.«
    Julie drehte sich wutschnaubend um und lief in Richtung Plantagenhaus.
    Wenige Tage später musste Julie sich eingestehen, dass die Aufregung wirklich nicht gut gewesen war. Die Übelkeit übermannte sie von Tag zu Tag mehr, und sie fürchtete, dass das monatelang so weitergehen würde. Jean ließ mehrmals Aniga kommen. Sein sorgenvoller Blick sprach Bände, aber Julie strafte ihn mit Ignoranz, zu schwer lastete das Geschehen um Inika auf ihrem Herzen. Gerne wäre sie zum Dorf gegangen und hätte nach dem Mädchen geschaut, aber das eine Mal, als sie es versuchte, versagten ihr bereits auf der Treppe die Beine. Hätte Kiri sie nicht aufgefangen, wäre sie gestürzt.
    »Sag das nicht dem Masra«, hatte Julie Kiri beschworen und sich zurück in ihr Bett helfen lassen. Resigniert lag sie dort, verdammt dazu, abzuwarten, bis ihr das Baby unter ihrem Herzen wieder ein normales Leben gestattete.

Kapitel 13
    K arini stand auf dem Vorhof der Schule in Paramaribo, während der Februarregen ihr unangenehm kalt in den Nacken tropfte. Die Brote der Jungen lagen sicher unter einem Teller, Karini aber hatte sich nur notdürftig ihr Tuch über den Kopf legen können. Vorsichtig griff sie mit den Fingern nach einer verirrten Strähne und versuchte, sie zurück in ihren geflochtenen Zopf zu stecken. Ihre Haare waren tiefschwarz und viel glatter als die der meisten schwarzen Mädchen. Sie schielte zu dem lang gezogenen Vordach des Schulgebäudes hinüber, wo die Masras sie bei schlechtem Wetter erwarteten. Erst wenn die Pause begann, würde sie dorthin gehen dürfen, vorher war es den farbigen Bediensteten untersagt, sich dort aufzuhalten. Manchmal sehnte sie sich danach, dass die Schulzeit der Jungen endete und sie alle auf der Plantage blieben.
    »Du gehst mit Liv in die Stadt, ich werde bei der Misi auf der Plantage bleiben«, hatte ihre Mutter gesagt. Karini grollte ihrer Mutter immer noch. Und zwar nicht wegen der Aussicht, mit Liv die kommenden Monate in der Stadt verbringen zu müssen, was für Karini deutlich mehr Arbeit bedeutete, weil Liv die Haushaltsführung in der Stadt nicht kannte und Karini sie dort unterstützen musste. Nein  – es ging genau um die Situation, in der sie jetzt war: als schwarzes Dienstmädchen frierend im Regen auf die Masras

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