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Die Blume von Surinam

Die Blume von Surinam

Titel: Die Blume von Surinam Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Belago
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daran, dass dies noch nicht das Ende der Geschichte war.
    Jean ließ sich in einen Sessel fallen. »Was machen wir jetzt? Sarina und Inika können unmöglich ins Dorf zurück. Womöglich … lynchen die anderen sie dann.« Er schüttelte entsetzt den Kopf.
    Inika begann zu weinen, und Julie nahm sie schützend und tröstend in den Arm.
    »Wir dürfen auf keinen Fall zulassen, dass sie ihr Vorhaben in die Tat umsetzen. Vielleicht … vielleicht können wir Sarina und Inika erst einmal zu Erika in die Stadt schicken? Da wären sie zumindest in Sicherheit.«
    Jean seufzte. »Das wird wohl das Beste sein. Ich will wieder Ruhe haben unter den Arbeitern, und wenn … ich will es nicht erzwingen müssen, Julie, das weißt du.« Und mit dem Finger auf Martin zeigend fügte er hinzu: »Das gilt auch für dich. Du hast vorhin geschossen. Darüber reden wir noch, mein Junge!«

Weet wat je zegt, maar zegt niet alles wat je weet
    Wisse, was du sagst, aber sage nicht alles, was du weißt

    Vereinigtes Königreich der Niederlande, Surinam 1878–1879 Amsterdam, Plantage Rozenburg, Paramaribo

Kapitel 1
    Amsterdam, den 15. Oktober 1878
    Liebe Juliette,
    vielen Dank für Deine Zeilen. Ich beglückwünsche Dich zur Geburt Deiner Tochter und verstehe, dass Dir eine Reise nach Europa nicht möglich ist.
    Da es bezüglich des Erbes allerdings einige Dinge zu besprechen gibt, habe ich beschlossen, die Gelegenheit zu nutzen und selbst einmal die Kolonie zu bereisen. Ich werde in der letzten Woche des Februars in Surinam eintreffen.
    Ich freue mich auf ein Wiedersehen.
    Es grüßt Dich
    Dein Cousin Wim
    Wim wartete einen Moment, bis die Tinte auf dem Papier getrocknet war, dann faltete er den Brief sorgsam zusammen und steckte ihn in einen Umschlag. In zwei Tagen würde ein Schiff auslaufen und den Brief mit in die Kolonie nehmen. In ungefähr fünf Wochen dann, so Gott wollte, würde Juliette die Nachricht erhalten, und nur wenige Wochen später würde er selbst ein Schiff besteigen.
    Ihm war etwas mulmig zumute. Er hatte diese Reise recht kurzentschlossen gebucht, nachdem er die Fahrpläne der Schiffe studiert hatte  – eigentlich, um zu erfahren, wann er den Antwortbrief aufgeben konnte. Aber an der Hafenmeisterei hatte ihn dann die Sehnsucht gepackt, einfach an Bord eines dieser Schiffezu gehen und davonzufahren. Das Gefühl war so stark gewesen, dass er einen Moment nach Atem hatte ringen müssen.
    Der Tod seines Vaters hatte alles verändert. Nicht, dass er über dessen Ableben sonderlich bestürzt war, in den letzten zehn Jahren hatte er sich mit seinem Vater mehr gestritten als harmonische Momente erlebt. Dabei ging es meist um Wims berufliche Zukunft. Sein Vater sah in ihm den künftigen Leiter des Handelskontors, Wims größter Wunsch aber war es schon immer gewesen, als Korrespondent zu arbeiten. Was er letztendlich hin und wieder auch tat, er schrieb gelegentlich für ein Amsterdamer Handelsblatt  – aber nur, weil sein Vater es ihm gestattete. Wim liebte diese Tätigkeit und hatte die Hoffnung nie aufgegeben, sich, was seine berufliche Laufbahn anging, gegen den Willen seines Vaters auflehnen zu können und irgendwann hauptberuflich als Korrespondent tätig zu sein. Aber als letzten Hieb gegen seinen Sohn hatte Wilhelm Vandenberg ihm schließlich die Geschäfte des Kontors übertragen, obwohl ihm immer bewusst gewesen war, dass Wim nicht in seine Fußstapfen treten wollte. Jeder andere hätte sich vermutlich glücklich geschätzt, dieses gut laufende Handelsgeschäft übernehmen zu dürfen, für Wim aber war es eine Bürde, an der er schwer trug. Sein Vater hatte gewusst, dass Wim sich trotz allem beugen würde, zumal nicht nur er finanziell von dem Kontor abhängig war, sondern auch der Rest der Familie: seine Mutter Margret und seine beiden älteren Schwestern samt deren Männer und Kinder. Wilhelm hatte es verstanden, seine Familie von sich abhängig zu halten. Sein Tod, der plötzlich, aber bei seinem Lebenswandel nicht gänzlich unerwartet gekommen war, hatte die Familie erschüttert. Nicht aus Kummer, sondern einzig aus Sorge um das Geld. Wer sollte von jetzt an das Familienvermögen verwalten und mehren? Für diese Aufgabe kam einzig Wim infrage. Die Männer seiner Schwestern waren blassgesichtige große Jungen und beide nicht im Handel tätig. Wim erinnerte sich noch gut daran, dass beide damals mitFreude den Bund der Ehe mit seinen Schwestern eingegangen waren, aber nur, weil Wilhelm ihnen eine finanziell

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