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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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der Normandie lebten.
    Als sie das Gasthaus betraten, taxierte der Wirt mit Kennermiene ihre kostbaren Pelzumhänge und begrüßte sie mit einem zuvorkommenden Lächeln.
    »Wisst Ihr vielleicht, ob sich die Duchesse d’Alençon gerade im Val de Loire aufhält?«, wollte Alix sofort von ihm wissen.
    Der Mann nickte eifrig.
    »Soweit ich weiß, ist sie in Blois und will dann weiter nach Amboise. Sie war sogar mit ihrem ganzen Gefolge hier bei mir, genau wie ihr Bruder, der Duc d’Angoulême, der ihr entgegengeritten ist. Sie sind dann aber auf ihr Schloss zurückgekehrt, ehe der nächste Schneesturm losbrach.«
    »Und die Comtesse d’Angoulême?«
    »Sie ist wohl in Amboise, weil ihre Tochter und Herzog François sie dort besuchen wollen.«
    »Das ist gut«, meinte Alix beruhigt. »Könnt Ihr einen Boten hinschicken? Das würde ich mich einiges kosten lassen.«
    Mathias zückte seine Börse, die dem Wirt gut gefüllt zu sein schien. Trotzdem schüttelte er den Kopf.
    »Die Straßen sind schlecht, aber wir könnten es versuchen.«
    »Hier, das ist für Euch!«, sagte Mathias und gab ihm eine Handvoll Münzen.
    Der Mann nahm das Geld, wog es in der Hand, zählte die
Münzen und ließ sie in einer kleinen Schublade seines Schanktischs verschwinden.
    »Ich werde Lucas schicken, meinen Stallknecht. Er ist ein schneller Reiter und hat keine Angst vor Schnee. Gebt ihm den Brief. Er ist heute Abend zurück.«
    Das ließ sich Alix nicht zweimal sagen. Wusste sie doch, dass es keinen Sinn haben würde, nach Blois zu schreiben, wenn Marguerite vielleicht schon unterwegs nach Amboise war. Deshalb wollte sie lieber gleich an Louise schreiben. Ausgestattet mit Papier, Tinte und Feder, wofür Mathias den Gastwirt vermutlich teuer bezahlt hatte, setzte sie sich an einen Tisch und begann ihren Brief:
    Liebe Louise,
     
    der Inhalt meines Briefes wird Euch überraschen, aber ich kann nicht anders. Bitte verzeiht! Ich muss Euch unbedingt etwas berichten, wovon ich Euch bisher kein Wort gesagt habe. Ihr fragt warum? Vielleicht weil ich den schrecklichen Kummer ganz für mich behalten wollte, den ich aus Florenz mitgebracht habe. Hier nun die traurige Geschichte.
    Als mich die französischen Soldaten in der Annahme, ich wäre eine Spionin, gefangen genommen hatten, obwohl ich doch nur auf der Suche nach Alessandro Van de Veere war, bin ich niedergekommen. So viel wisst Ihr, Louise, weil ich ja meine Tochter mit nach Tours gebracht habe.
    Was Ihr aber nicht wisst, ist, dass ich Zwillinge zur Welt gebracht habe und mir das ältere der beiden Mädchen gleich nach der Geburt von einer skrupellosen Frau geraubt wurde. Als Gefangene vor den Toren Bolognas und mitten in den
Kanonenhagel König Ludwigs geraten, war ich beinahe bewusstlos, als die Wehen einsetzten. Ich kam nieder, während um uns herum die Kanonen explodierten, von denen mich auch eine getroffen hat. Deshalb war ich so lange nicht bei Bewusstsein. Ich war umgeben von schreienden, blutenden Verletzten und zerstückelten Leichen.
    Als meine erste Tochter das Licht der Welt erblickte, war ich ohnmächtig, weshalb ich lange geglaubt habe, ich hätte nur ein Kind geboren, obwohl ich seitdem regelmäßig von quälenden Gedanken, sonderbaren Gefühlen und schrecklichen Alpträumen heimgesucht wurde. Nicht anders ergeht es meiner kleinen Valentine, die jeden Monat um die gleiche Zeit unter unerklärlichen hysterischen Anfällen leidet.
    Einige Zeit später berichtete mir jemand, dass meine ältere Tochter direkt nach der Geburt gestorben sei, was ich aber nicht recht glauben wollte, weil mich nach wie vor die Ängste quälten und Valentine immer noch ihre Anfälle hatte.
    Kurz vor Wintereinbruch erfuhr ich dann die Wahrheit. Valentines Zwillingsschwester ist nicht gestorben, wie man mich glauben machen wollte. Mathias hat daraufhin Nachforschungen angestellt und in Paris die Frau getroffen, die für die Tragödie verantwortlich ist. Meine Tochter wurde für viel Geld der Frau eines Notabeln von Caen übergeben. Diese Frau heißt Roxane de Romaincourt und wollte das Mädchen für eine Freundin, die keine Kinder bekommen kann, deren Namen ich aber nicht herausfinden konnte.
    Sobald wir das erfahren hatten, haben Mathias und ich Tours verlassen und uns auf den Weg in die Normandie gemacht, um meine Tochter zu finden. Doch dann kamen die Schneestürme und die große Kälte, wir konnten uns vor den Wölfen gerade
noch in eine Hütte retten und mussten drei Tage später einsehen, dass wir

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