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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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schon so oft geträumt hatte.
    Sie liebten sich auf dem kalten, feuchten Stroh. Das Feuer war erloschen, und sie hatten kein Holz mehr, nur noch ein letztes Restchen rote Glut, die auch bald kalt und grau sein würde. Neben sich spürten sie den warmen Atem der Pferde.
    Sie mussten sich wärmen, dicht an dicht, Haut an Haut. Mit hastigen Bewegungen zog er sie aus, nachdem er schon so lange sehnsüchtig auf sie gewartet hatte. Dann deckte er sie mit seinem großen, warmen Körper zu. Als er sie nahm, ergriff sie ein Taumel, sie erstickte fast, stieß einen Schrei aus. Sie staunte, mit welcher Leidenschaft sich ihre Körper fanden und welch übergroßes sinnliches Glück sie dabei empfand.
    In wenigen Augenblicken hatte Mathias sie überzeugt, dass er in der Lage war, auch ihre geheimsten Wünsche zu erfüllen.
    Wieder hörten sie das lang gezogene Heulen eines Raubtiers. War noch ein Wolf in eine Falle geraten? Am nächsten Morgen sollten sie zu ihrer großen Überraschung feststellen, dass zwei von ihnen in die Schlinge gegangen und vor Kälte und Hunger verendet waren.

18.
    Obwohl Blois unter einer dichten weißen Schneedecke lag, erkannte Alix die Stadt an ihrer Silhouette. Bei dem Anblick seufzte sie erleichtert und ein wenig wehmütig in Erinnerung an eine Vergangenheit, die sie tief in sich vergraben hatte mit dem Schwur, sie nur wieder hervorzuholen, wenn sie sie eines Tages wirklich brauchen sollte.
    Nun war dieser Tag gekommen wie ein heiteres Wölkchen an einem strahlend blauen Himmel. Wie lange war es her, dass sie Mathias auf der Straße nach Lille begegnet war und ihn nach seinen Fähigkeiten gefragt hatte. Und der junge Mann mit den unglaublich blauen Augen und der frechen roten Locke in der Stirn hatte einfach geantwortet: »Ich kann alles.« Dabei strahlten seine blauen Augen, und dieses Strahlen war jetzt endlich wieder da.
    Natürlich kannte Alix den Grund dafür. Die einzigartige, unheilverkündende Nacht, umzingelt von Wölfen, voller Angst, ohne zu wissen, ob sie die Hütte je wieder würden lebendig verlassen können. Aus der einen Nacht waren drei geworden, weil die Wölfe erst am Morgen des dritten Tages aufgaben und abzogen. Doch was Alix Mathias während dieser Zeit schenkte, entschädigte ihn reichlich für alles Warten und alle vergeblichen
Bemühungen; damit belohnte sie ihn für seine bedingungslose Treue und für die große Verantwortung, die er seit dem Tod ihres Mannes auf sich genommen hatte. Seitdem bereute Alix auch nichts mehr. Drei Nächte lang hatten sie sich geliebt, geschlafen, geredet und von ihren wenigen Vorräten gezehrt.
    Als die Wölfe, zumindest fürs Erste, verschwunden waren, verließen die beiden die rettende Hütte und machten sich mit ausgeruhten Pferden wieder auf den Weg.
    Die tief verschneite Straße nach Vendôme, die ihnen die Fallensteller geraten hatten, und dann auch die nach Blois – alle Städte auf dem Weg in die Normandie waren von der Außenwelt abgeschlossen – waren so mühsam zu reiten, dass Alix sich bald wieder vor Müdigkeit kaum auf dem Pferd halten konnte.
    Ganz anders Mathias. Er schien in Form zu sein und war seit den langen Nächten mit Alix wie verwandelt. Er strahlte nur so vor Glück und ließ sie kaum aus den Augen, so sehr sorgte er sich um sie. Immer wieder sah ihn Alix lächelnd an und bat ihn um aufmunternde Worte. Gott im Himmel! Irgendwie hatte sie das Gefühl, als würde sie trotz allem ihrem von der fürchterlichen Béraude geraubten Kind kein bisschen näher kommen. Doch je länger sie unterwegs war und nachdachte, umso mehr schwor sie sich, dass sie sich sofort wieder auf den Weg in die Normandie machen wollte, sobald Schnee und Eis und Kälte vorbei waren.
    Gegen Mittag kamen sie zu dem einzigen Gasthaus weit und breit, das auch so eingeschneit war, dass sie beinahe vorbeigeritten wären.
    Alix hatte mittlerweile so lange und so viel über ihre schwierige Lage gegrübelt, dass sie nicht mehr recht wusste, wo ihr der Kopf stand. Auf jeden Fall wollte sie den Gastwirt fragen, ob sich
die Duchesse d’Alençon vielleicht zufällig in der Gegend aufhielt. Marguerite hatte nämlich den Plan geäußert, ins Val de Loire zu reisen, wenn ihr Mann als Feldherr nach Italien müsste.
    Mit einem Mal war Alix überzeugt, dass sie den richtigen Ansatzpunkt gefunden hatte. Warum war sie nicht gleich auf die Idee gekommen, ihre Freundin Marguerite um Hilfe zu bitten? Sie musste schließlich alle Personen von Rang und Namen kennen, die in

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