Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
verletzt, er blutet nicht mal. Viel wichtiger ist, dass wir Hector versorgen.«
Das Tier legte sich ins Stroh und ließ sich von Mathias kräftig abrubbeln, wobei es ein paarmal wohlig wieherte. Anschließend wickelte Alix noch die Decke um Hectors Füße, wobei ihr ihr eigener Fuß so wehtat, dass sie vor Schmerz das Gesicht verzerrte.
Hector erholte sich allmählich wieder, und auch Césarines Kräfte kehrten zurück.
Bald sorgte ein schönes Feuer für wohlige Wärme. Das Stroh auf der anderen Seite mussten sie zusammenschieben, damit es nicht in Brand geraten konnte. Alix stand vor den heißen Steinen,
später setzte sie sich auf den Rand der Feuerstelle, um möglichst viel Wärme abzubekommen.
»Du solltest deinen Stiefel ausziehen, damit wir nachsehen können, ob du verletzt bist, Alix.«
»Wenn ich verletzt wäre, würde ich hinken. Außerdem tut mir nichts weh.«
»Eben hast du noch vor Schmerz das Gesicht verzogen.«
»Das ist vorbei.«
»Trotzdem«, beharrte Mathias und griff vielleicht etwas zu forsch nach ihrem Fuß.
Alix sah ihn ernst an, weil sie sich an den Streit vor nicht allzu langer Zeit erinnerte und befürchtete, er könnte wieder grob werden.
»Bitte, Mathias. Ich weiß, dass du immer für mich da bist, wenn es um Nicolas, Valentine oder mein anderes Kind geht, das ich unbedingt finden muss. Aber dabei sollten wir es auch besser belassen.«
»Ich wollte mich nur vergewissern, dass du nicht verletzt bist«, antwortete er und begegnete ihrem finsteren Blick äußerst kühl. Bebend schob Alix ihren schmerzenden Fuß in Richtung Feuer.
»Seit wann interessierst du dich nicht mehr für diese Kinderdiebin, sondern für mich? Und seit wann …«
»Seit deine Geliebten den Platz beanspruchten, den ich dir einmal angeboten hatte«, unterbrach er sie schroff.
Alix zuckte die Schultern. Sie hatte ihn gereizt und die Quittung dafür bekommen.
»Du weißt, ich habe dir nichts versprochen.«
Mathias nahm sie auf den Arm und trug sie zu den erschöpften Pferden ins Stroh. Dann kniete er vor ihr hin und zog ihr den kaputten
Stiefel aus. Der Wollstrumpf darunter war ebenfalls ganz zerrissen, und er streifte ihn langsam herunter, ohne sie dabei anzusehen. Alix ließ es sich widerstandlos gefallen, woraufhin er ihren Fuß nahm, ihn auf sein Knie legte und genau untersuchte.
»Du hast eine ordentliche Prellung, aber es ist nichts Ernstes. Bist du jetzt beruhigt?«
»Ich wollte das gar nicht wissen.«
»Meinetwegen – dann bin eben ich beruhigt. Wir müssen jetzt versuchen zu schlafen. Bis zum Morgen ist es noch lang hin, und wir sollten den neuen Tag möglichst ausgeruht beginnen. Leg dich hin, und mach es dir so gut es geht bequem. Das Stroh ist noch warm. Ich komme ganz nah zu dir, weil wir uns gegenseitig wärmen müssen. Das Feuer geht bald aus, und wir haben kein Holz mehr.«
Er streckte sich neben ihr aus und hörte sie beinahe zärtlich flüstern.
»Was machen wir nur, wenn wir nicht in die Normandie können? Was sollen wir nur tun, Mathias?«
Ihre Stimme klang so verzweifelt, dass er sich zu ihr umdrehte. Die Fackel brannte noch, und er konnte ihre tieftraurigen Augen sehen.
»Wir gehen hin, wohin wir müssen. Das schwöre ich dir«, sagte er und nahm ihre Hand.
»Was ist, wenn wir noch mehr Hinweise brauchen?«
»Dann besorge ich sie mir, wenn nötig, in Paris.«
»Heißt das etwa, du willst dich wieder mit dieser schrecklichen Frau treffen, mit der du dich eingelassen hast?«
»Natürlich!«
Hochrot vor Zorn sprang sie auf, und alle Zärtlichkeit war wie weggewischt.
»Ich verbiete dir, sie wiederzusehen.«
Er stand ebenfalls auf.
»Habe ich dir jemals verboten, deinen Florentiner oder deinen Duc d’Amboise zu treffen?«, fragte er wütend.
»Willst du mir das ewig vorwerfen?«
»Ich glaube ja!«
»Dann möchte ich jetzt gehen. Und zwar sofort. Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will nach Hause und dich vergessen. Ja, ich will jetzt sofort hier weg, und wenn ich da draußen sterben muss! Das ist mir völlig egal. Alles ist mir egal, sogar dass ich nie meine andere kleine Tochter sehen werde, die mir so sehr fehlt und die mir nicht aus dem Sinn geht, seit ich aus Florenz zurück bin. Ja, ich will sterben.«
Wie eine Schlafwandlerin lief sie zur Tür. Spielt sie mir nur etwas vor?, fragte er sich einen Moment. Nein! Sie schob den Riegel zurück und stürzte hinaus.
»Alix!«, rief er ihr nach.
»Adieu, Mathias. Es ist vorbei. Werde glücklich mit wem du
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