Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
Karmeliterkirche nach Nantes gebracht werden. Ihr Leichnam wurde in der Kirche Saint-Sauveur in Blois ausgesegnet und wird im Laufe von zehn Tagen auf einem von sechs Pferden gezogenen Leichenwagen ganz langsam nach Paris überführt.
Ob wohl das Hermelin aus dem Wappen der bretonischen Krone und das Stachelschwein aus dem der französischen noch lange Seite an Seite stehen werden? Inzwischen weiß jeder, dass die Bretagne Frankreich gehört. Und der König hat alle Maßnahmen getroffen, damit sich daran auch nichts ändert. Mein Sohn wird also nicht die Sorge haben, irgendetwas einfordern zu müssen. Und wenn Claude, die das bretonische Herzogtum von ihrer Mutter erbt, François erst geheiratet hat, wird sie es ihm bestimmt übergeben.
Meine liebe Alix, Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie viel ich zu tun habe! Als Erstes muss ich mit dem König sprechen, sobald er sein Schweigen aufgegeben hat. Seine Trauer ist so groß, dass er am liebsten ebenfalls sterben würde, um mit seiner geliebten Frau vereint zu sein. Er hat sogar bereits eine große
Gruft in Auftrag gegeben, in die er gelegt werden möchte, wenn es so weit ist. Ich weiß aber, dass er sich erholen wird, um uns mit seinen neuesten Plänen zu unterhalten, welche auch immer das sein mögen. Louis scheint um Jahre gealtert und gebeugt. Gott allein weiß, ob ihn der erste Teil seines Lebens, der eine einzige wüste Schwelgerei war, wie ich von meinem Mann weiß, der ihn oft begleitet hat, ohne sich dafür zu schämen, oder der zweite, der gewiss moralischer und klüger, dafür aber von zahllosen Kriegen geprägt war, so geschwächt hat. Wenn ich seine verlorene, gebeugte Gestalt sehe, könnte ich geradezu Mitleid mit ihm bekommen.
Allein in seinen Gemächern, wo ihm nur seine Apotheker und Ärzte Gesellschaft leisten, wehklagt er vermutlich immer wieder über den Tod seiner Kinder. Im Schloss wird gemunkelt, dass ihn der Himmel damit vielleicht dafür bestrafen wollte, dass er seine erste Gattin so grausam verstoßen hat.
Doch das kümmert François alles herzlich wenig. Er reitet mit Pegasus über Land und ist dieser Frau, die ihn so oft hochmütig behandelt hat, insgeheim sehr dankbar, dass sie ihm – gegen ihren erklärten Willen – das Königreich Frankreich und Prinzessin Claude vermacht hat.
Ach, meine liebe Alix, meine zärtliche Freundin! Wie glücklich Ihr für mich sein müsst! Im Geist versammle ich bereits alle Getreuen um mich, die mir im Laufe der Jahre lieb und teuer geworden sind. Die Liste ist vielleicht noch nicht sehr lang, dafür weiß ich, dass ich auf jeden von ihnen zählen kann, wenn ich sie erst in mächtige Positionen gebracht habe. Charles ist als Erster an der Reihe, und er weiß, dass ich mein Versprechen halte. Er wird zum Grand Connétable ernannt. Sobald mein Sohn zum König von Frankreich gekrönt wird, kommt
der Duc de Montpensier in der Rangfolge gleich hinter ihm an zweiter Stelle. Was ihm bestimmt ausgezeichnet gefällt, stolz und ehrgeizig wie er ist. Jeden Tag bete ich zum Himmel, er möge sich etwas mehr von seiner trübsinnigen Frau entfernen und mehr Zeit mit mir verbringen. Wenn seine vielfältigen Verpflichtungen erst verlangen, dass er sich in der Nähe des Königs aufhält, hat er dazu auch endlich die Gelegenheit. Und dann sehen wir weiter. Am Hofe von Beaujeu und auf Umwegen auch an dem von Blois wird gemunkelt, dass Suzanne sehr kränklich ist. Sollte Charles Witwer werden, würde ich ihn auf der Stelle heiraten.
Zunächst geht es aber um Marguerite. Ich möchte sie bitten, sich nicht allzu lange in der Normandie zu verstecken, weil ich sie und ihr brillantes Auftreten für den ruhmreichen Aufstieg ihres Bruders brauche. Gemeinsam wollen wir ihn zum Gipfel tragen und glorifizieren. Sie ist gebildet und klug, eine brillante Gesprächspartnerin und eine Künstlerin beim Feiern, beim Spielen, beim Ausreiten und beim Tanzen.
Als ich mich an meinen Schreibtisch gesetzt und ehe ich meinen Brief an Euch begonnen habe, Alix, habe ich die letzte oder vielleicht auch vorletzte Seite in meinem Tagebuch gefüllt und mit folgendem Satz beendet: Anne de Bretagne ist am 9. Januar 1514 gestorben und hat mir die Verwaltung ihrer Güter, ihres Vermögens und des Vermögens ihrer Töchter übertragen.
Für Louis XII. gibt es nun also keinen Grund mehr, gegen die Heirat seiner Tochter, Prinzessin Claude de France, mit meinem Sohn François, Duc de Valois und Comte d’Angoulême, Einspruch zu erheben. Die Hochzeit
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