Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
soll am 18. Mai 1514 gefeiert werden.
Dabei fällt mir ein: Ihr habt mir erzählt, dass Ihr Mathias heiraten wollt. Was hieltet Ihr davon, die beiden Hochzeiten gleichzeitig zu feiern?
Ich weiß schon, Ihr sagt jetzt bestimmt nein, weil Ihr mir bereits bei Eurem kurzen Aufenthalt in Blois angedeutet habt, dass Ihr Euch eine einfache Hochzeit im kleinen Kreis wünscht. Dann sollte ich vielleicht erläutern, dass die Verbindung von François und Claude nur mit einem Segen in der Kirche und einem anschließenden kleinen Souper begangen werden soll, um die Trauer des Königs zu respektieren. Der kleinen Claude habe ich allerdings angesehen, dass sie sich ein prächtigeres Fest, Banketts, Konzerte und Jagdveranstaltungen gewünscht hätte, weil das besser zu dem großartigen Mann passen würde, den sie liebt.
Ihr müsst nämlich wissen, dass die kleine Claude sehr verliebt ist in meinen François, und obwohl sie den Tod ihrer geliebten Mutter zutiefst betrauert, ist es doch ihr ganzer Lebensinhalt, François glücklich zu machen.
Ihr müsst mir unbedingt berichten, wie es Eurer kleinen Mathilde geht. Sie fehlt Marguerite sehr. Zu gern hätte sie die Kleine mit in die Normandie genommen. Ich habe sie mit dem Versprechen getröstet, dass Ihr sie ihr oft überlassen werdet, damit sie sie standesgemäß erziehen kann, das heißt nach allen Regeln von Anstand und Kultur, um eines Tages zu einer vollendeten Hofdame zu reifen. Kümmert Euch gut um sie. Möge sie immer glücklich sein mit ihrer Zwillingsschwester.
Auf bald, meine liebe Alix,
und herzliche Grüße von Eurer
Louise.
21.
Auch wenn Alix nun endlich ihr Glück in vollen Zügen genoss, war es doch leider getrübt von einem Zwischenfall, der sich während der Aufregung um die glückliche Wiedervereinigung der Kinder in ihrer Werkstatt ereignet hatte. Und wie hätte man die vermeiden sollen, wenn sich doch sogar der gesamte Hof von Blois mit dem außergewöhnlichen Ereignis beschäftigte?
Arbeiter und Lehrlinge hatten wegen des großen Wirbels um die beiden Zwillinge ihre Arbeit stehen und liegen gelassen. Es herrschte große Aufregung, und keinen hielt es an seinem Platz. Wer hätte auch ahnen sollen, dass man ihnen sozusagen vor der Nase etwas aus der Werkstatt stehlen würde, während jeder damit beschäftigt war, die Tränen der Rührung über diese unglaubliche Geschichte wegzuwischen? Zwei kleine Zwillingsmädchen, die das Schicksal direkt nach der Geburt getrennt hatte und die wie durch ein Wunder am französischen Königshof wieder zusammengefunden hatten!
In den Werkstätten der Alix Cassex, die gerade in den Adelsstand erhoben worden war, kam man aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Schwester des zukünftigen Königs von Frankreich hatte das kleine Mädchen, das sich später als Valentines Zwillingsschwester herausstellen sollte, gerettet und zu sich genommen.
Und der zukünftige König persönlich hatte die kleine Mathilde zu sich aufs Pferd genommen und ihr ein Pony versprochen, sobald sie groß genug dafür wäre.
Arbeiter und Lehrlinge trauten ihren Ohren kaum, umso mehr als es sich bei den beiden Mädchen um die leiblichen Töchter von Dame Alix handelte. Und deshalb hatte Bertille die Türen an der Place Foire-le-Roi weit aufgerissen, damit sie alle die zwei Kleinen sehen konnten, wie sie Arm in Arm aus der Kutsche kletterten und auf das Haus zugingen. Die Comtesse d’Angoulême und die Duchesse d’Alençon hatte dieses Schauspiel so gerührt, dass in ganz Tours von nichts anderem die Rede war.
Die Galanterien mussten in dem Augenblick verschwunden sein, als der Wächter Juan ganz kurz seinen Posten verlassen hatte, um die königlichen Equipagen vor dem Haus zu bewundern.
Bei seiner Rückkehr war ihm nichts aufgefallen. Erst am nächsten Morgen stellte Arnaude entsetzt fest, dass der Teppich verschwunden war, den sie tags zuvor noch auf dem Webstuhl gesehen hatte.
»Verdammt!«, entfuhr es Mathias.
»Der Dieb muss vom Fach sein«, meinte Arnaude, die den leeren Webstuhl genau untersucht hatte, »er hat den Teppich vorschriftsmäßig herausgenommen.«
Von dem aufgeregten Stimmengewirr angelockt erschien Juan mit bleicher Miene und zitternden Händen. Wie hatte das passieren können, ihm, dem aufmerksamen, unbescholtenen Wächter?
»Ich habe niemand gesehen«, versicherte er verstört. »Ich schwöre, ich war nur ganz kurz weg, Dame Alix. Ich wollte nur einmal die königlichen Equipagen sehen. Und …«
Er verstummte verlegen,
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