Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
die
Millefleurs, die wir dort weben. Meine Weber haben ein wunderbares Ensemble mit herrschaftlichen Szenen begonnen.«
»Sind es die Teppiche, von denen Ihr mir in Florenz erzählt habt?«
»Ja«, sagte er und nickte. »Sie werden Euch nicht gleichgültig lassen.«
Ihr war bewusst, dass er sie mit ihrer Arbeit gewinnen wollte. Und es war ihm geglückt! Sie wollte ihn besuchen, allerdings nur, wenn seine Frau nicht in Chaumont war.
»Werde ich denn das Vergnügen haben, die Duchesse d’Amboise zu treffen?«, fragte sie spöttisch.
»Nicht wenn Ihr in den nächsten Tagen kommt. Wenn Ihr zu lange wartet, dann ja.«
»Ich überlege es mir.«
Sie erhob sich.
»Würdet Ihr mich zum Schloss zurückbegleiten, damit ich mein Pferd holen kann?«
»Mit dem größten Vergnügen. Ich muss ohnehin ins Schloss, weil ich mit dem Duc d’Alençon verabredet bin.«
»Marguerite erzählte mir, dass er Euch auf seine Ländereien einladen will. Werdet Ihr die Einladung annehmen?«, wollte sie wissen.
»Zweifellos, weil ich glaube, dass wir den nächsten Krieg gegen Mailand gemeinsam führen.«
»In den auch François d’Angoulême und seine Gefährten ziehen sollen?«
»Ich nehme es an.«
Sie ließen die Stadtmauern hinter sich und betraten das Schloss. Charles begleitete Alix bis zu den Stallungen und musste wieder tatenlos mit ansehen, wie sie ihn verließ.
4.
Als Tania in der Haustüre stand, bemerkte sie die Gestalt nicht, die ihr im Schutz der Dunkelheit auflauerte. Vorsichtig sah sie sich nach allen Seiten um, ob sie jemand beobachtete, um dann mit einem erleichterten Seufzer still und leise das Haus zu verlassen.
Aber sie hatte sich getäuscht. Mathias war schon seit Längerem aufgefallen, dass sie hin und wieder nachts unbemerkt wegging, und er wollte herausfinden warum, überzeugt, sie hatte ein Geheimnis.
Immer wenn Valentines Zwilling ins Gespräch kam, überfiel Tania ein an Panik grenzendes Unbehagen, und sie verstummte. Nur die Amme Lisette konnte sie dann wieder zum Reden bringen. Wenn sie die kleine Valentine holte, um ihr die Brust zu geben, rief sie jedes Mal:
»Wollen wir doch mal sehen, wer der größere Vielfraß ist!«
Lisette war mit Juan verheiratet, dem Nachtwächter, der auf die Werkstätten von Alix aufpasste. Sie stillte gerade ihre eigene kleine Tochter und die von Alix und hatte ihren Spaß daran zu vergleichen, wie hungrig die beiden Säuglinge auf ihre Milch waren.
»Die Kleine mag ja Alpträume haben, auf jeden Fall hat sie einen guten Appetit.«
Erleichtert, dass Valentine nach der Milch ihrer Amme verlangte, reichte Tania sie ihr. Dann atmete das junge Mädchen auf, ihre Gesichtszüge entspannten sich, ihre Augen begannen zu funkeln, und sie war wieder so anmutig wie vorher, solange sie nicht an Valentines sonderbares Verhalten dachte.
Mathias suchte zwar nach der Wahrheit, aber er war dabei nicht frohen Mutes; schließlich musste er annehmen, dass Valentine die Tochter dieses Florentiners war, den er verabscheute, obwohl er längst tot war. Trotzdem hatte er sich entschlossen, dem kleinen Mädchen seine Zuneigung zu schenken. Zudem tat es ihm sehr leid, mit ansehen zu müssen, wie Alix immer mehr unter einem Kummer litt, der ihm vollkommen verborgen blieb.
Natürlich sprach sie nicht darüber. Während sie scheinbar ganz in ihrer Arbeit aufging, weil sie einige Aufträge vom Hof in Amboise hatte, an dem Louise d’Angoulême immer selbstbewusster auftrat, ging sie der Klärung einer Frage, die sie möglicherweise mehr schockiert hätte, als sie wahrhaben wollte, lieber aus dem Weg.
Versuchte sie auf diese Weise die langen Kriegstage zu vergessen, als sie, kurz vor ihrer Niederkunft, gefangen genommen von den Bolognesern, gefesselt und geknebelt, kaum mehr als eine leblose Puppe gewesen war?
Mathias kannte die Geschichte in allen Einzelheiten; Angela hatte sie ihm erzählt, und es gab keinen Grund, ihre Angaben zu bezweifeln, weil er dem jungen Mädchen vertraute. Außerdem hatte Léo, Alix’ treu ergebener Kutscher, sie ihm in allen Punkten bestätigt.
Nur zu gern hätte Mathias deshalb herausgefunden, wie er Alix helfen könnte.
Alix war wie verändert, und seit ihr Geliebter gestorben war, konnte Mathias sie nicht mehr erreichen. Aber wie sollte ihr Familienleben auch aussehen, wenn sie nicht wie ein Ehepaar zusammenlebten? Erst hatte sie immer wieder darauf beharrt, dass sie von keinem anderen als von ihrem Jacquou ein Kind wollte, und dann kehrte sie mit diesem
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