Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
Säugling im Arm aus Italien zurück! Dem Sprössling ihres Geliebten! Wie sollte die Familie trotz dieses Durcheinanders von Gefühlen friedlich zusammenleben, das manchmal nicht einmal er entwirren konnte?
Dabei wusste er, dass er Alix, verdammt noch mal, viel glücklicher machen könnte als irgendein anderer Mann. Warum musste sie sich immer in den besten Kreisen zeigen und dort brillieren? Was hatte sie in der Welt dieses Bankiers verloren? Was suchte sie in den Florentiner Palästen, am Hofe oder im Vatikan? Während er, Mathias, der Mann aus Lille, der wegen seiner Treue und seiner beruflichen Leistungen ihr Partner geworden war, sie lieben, verwöhnen und viel glücklicher machen würde als all die offiziellen Ehrungen, mit denen er nichts anfangen konnte.
Ein Punkt blieb bei diesen Überlegungen im Dunklen, den weder Tania noch Angela oder Léo aufklären konnten. Nur Alix hätte es gekonnt. Wer war dieser Charles d’Amboise, mit dessen Hilfe sie nach Chaumont zurückgekehrt war? Alix hatte seinen Namen so beiläufig erwähnt wie den Maler Raffael, die Bildhauer Rovezzano und d’Ancona und den Goldschmied Rossetti.
Seit Jacquous Tod und nachdem seine gute Florine gestorben war, wusste er nicht mehr, wie er sich Alix gegenüber benehmen sollte. Nie hätte er es für möglich gehalten, dass ein anderer den Platz in Alix’ Herz einnehmen würde, den er für sich beanspruchte. Und doch war es so gekommen. Weil sie beide frei
waren, hatte Mathias gehofft, dass ihn Alix eines Tages zum Mann nehmen würde, dass sie ihre gegenseitige Zuneigung, ihre Lust an der Arbeit, ihre Interessen und nun auch ihre Kinder zu ihrem gemeinsamen Leben machen würden.
Zugegeben – er wusste nicht, was ohne das Geld des Florentiners gewesen wäre. Bei dem Brand, den die Mortagne gelegt hatten, waren ihre Werkstätten ein Raub der Flammen geworden. Und das nur, weil sie Alix dafür bestrafen wollten, dass sie es gewagt hatte, ihre Teppiche mit dem »T« für Tours zu signieren. Das hatte vor ihr kein Weber aus Tours gemacht, obwohl es im Norden Frankreichs, in Flandern und in Brügge allgemein üblich war.
Jacquou tot, Alix in Flandern, um der Gilde ihr Meisterwerk zu präsentieren, die Werkstätten ausgebrannt, Aufträge, die nicht erledigt werden konnten, weil Arnold weggegangen und Mathias mit der Aufzucht von Nicolas überfordert war und eine Bertille, die ohne Geld nicht haushalten konnte. Was wäre aus ihnen geworden, wäre Alix in Tours geblieben? Bestimmt hätte sich Mathias einen anderen Meister suchen müssen.
Aber eines Tages war Alix zurückgekommen, den Meisterbrief in Händen, mit neuen Aufträgen und Ideen, mit Geld, aber eben auch mit einem Geliebten, mit dem Mathias nicht gerechnet hatte.
Mathias drückte sich in den Schatten und wartete, bis Tania an ihm vorbeigegangen war. Als sie genug Abstand zu ihm hatte, nahm er die Verfolgung auf, wobei er sich ihrem Tempo anpasste, um sie nicht aus den Augen zu verlieren und nicht von ihr gesehen zu werden.
Tania war vermutlich heute Nacht aus dem Haus gegangen,
weil sie wusste, dass Alix erst spät aus Blois zurückkommen und dann gleich zu Bett gehen würde. Mathias wunderte sich allerdings, wie Bertille die heimlichen nächtlichen Ausflüge des jungen Mädchens nicht bemerkt haben sollte. Wusste sie vielleicht davon und wollte nur nicht darüber reden, um Alix nicht weiter zu beunruhigen?
Die finstere Nacht verschluckte alle Umrisse, aber Mathias kannte sich hier so gut aus, dass er den Weg auch mit verbundenen Augen gefunden hätte.
Tania lief von der Place Foire-le-Roi an der Loire entlang bis zur großen Île Saint-Jacques, die jetzt im Winter fast völlig vom Fluss überspült wurde, und weiter bis zur Kutscherei, von wo aus es ins Gerberviertel ging.
Schließlich ging sie langsam zum Flussufer hinunter, wobei sie ihren Rocksaum vorsichtig anhob, und durchs Wasser zu einem kleinen Boot watete, das an einen Baum gebunden war.
Erstaunt beobachtete Mathias jede ihrer Bewegungen. Sie ging ein paar Schritte durchs flache Wasser und blieb dann vor der Barke stehen, die leise plätschernd auf den Wellen schaukelte. Ein Sumpfhuhn fühlte sich bei der Nahrungssuche gestört und flüchtete mit einem lauten Schrei. Dann kehrte wieder Ruhe ein, und ein blasser Mond zeigte sich zwischen zwei Wolken.
Ganz vorsichtig kam Mathias näher, bis er entdeckte, dass sich im Schutz des Baums nicht nur das kleine Boot verbarg, in das Tania gerade steigen wollte. An die
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