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Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Die Blumenweberin: Roman (German Edition)

Titel: Die Blumenweberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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was bleibt Euch anderes übrig, als diese köstlichen Momente zu vergessen, liebste Freundin? Die Vergangenheit muss tief im Gedächtnis vergraben werden und darf erst viel später wieder in Erinnerung treten, wenn der Schmerz nur mehr eine Narbe ist, mit der es sich leben lässt.
    Jetzt müsst Ihr nach vorne blicken, Alix. Ich weiß, dass Ihr voll und ganz in Eurer Arbeit aufgeht, die allein in der Lage ist, all das Unglück zu begraben, das Euer Leben erschüttert hat. Dabei seid Ihr noch so jung, mein Herz! Die acht Jahre, die uns
trennen, lassen mich neben Euch schrecklich alt aussehen, dennoch bin auch ich sehr verliebt in den schönen, jungen Seigneur de Bourbon, dessen Frau mich sekiert, wann immer sie mir auf den Wegen im Park und den Treppen im Schloss begegnet. Suzanne de Beaujeu fürchtet, ihr Gatte könnte sie für mich verlassen. Das kann ich in ihren Augen lesen. Oh Gott, wie überheblich sie sich dennoch gibt, von Kopf bis Fuß behängt mit Reichtümern, Macht und peinlichem Hochmut. Aber es ist nun einmal so, Charles liebt mich und nicht mehr sie.
    Worauf wartet Ihr also noch, meine liebe Alix? Holt Euren Jason aus dem Stall, schwingt Euch auf Euer Pferd und reitet nach Blois, wo Euch das große Fest und ich erwarten.
    Der König ist übrigens aus Italien zurück; andernfalls hätten wir die Hochzeit verschoben. Er ist bester Laune und erzählt allen, dass er noch nie eine derart schöne Hochzeit am Hofe erlebt habe – selbstverständlich außer seiner eigenen mit Königin Anne. Unter den entsetzten Blicken seiner Apotheker isst und trinkt er weit mehr, als seiner Gesundheit zuträglich ist. Außerdem tanzt er Gigue und Volta und klagt äußerst selten, obwohl er hin und wieder vor Schmerz das Gesicht verzieht.
    Wenn Ihr mich fragt: Sollte er Euch auf der Hochzeitsfeier entdecken, wird er Euch mit Sicherheit treffen wollen, und es ist mehr als wahrscheinlich, dass er ein großes Werk in Auftrag gibt, wenn Ihr Euch nur ein wenig geschickt anstellt. Denkt daran!
    Ich selbst habe einige Ideen, wie sich die großen Wände von meinem Schloss in Amboise verschönern ließen, wo ich mich zurzeit meist aufhalte. Amboise gehört auch ein bisschen mir, wie mir der König versichert hat, obwohl es ja noch nicht sicher
ist, dass François eines Tages den Thron besteigt. Es wäre jedoch mehr als erstaunlich, wenn die von ihren vielen Schwangerschaften erschöpfte und vorzeitig gealterte Königin Anne noch eine weitere überstehen würde! Der König glaubt jedenfalls nicht mehr daran. Er hat sich endgültig aus dem Kopf geschlagen, dass sie ihm einen Thronfolger schenken könnte, und sieht in meinem Sohn den künftigen König von Frankreich.
    Und die kleine Prinzessin Claude wird offenbar seine Frau. Daran gibt es keinen Zweifel mehr, wie mir der König versichert hat. Somit folgt auf die Hochzeit meiner Tochter die meines Sohnes. Neue Lustbarkeiten stehen uns also bevor, und sie versprechen überaus prunkvoll zu werden, weil mein Cäsar nach der Krone greift.
    Doch zurück zu meiner Tochter. Ach, Alix! Ihr müsst einfach kommen und sie in ihrem Brautkleid bewundern, mit ihrem entzückenden Charme und dem stillen, bescheidenen Lächeln, das man von ihr kennt. Meine Tochter ist zweifellos die schönste Frau am französischen Hofe, und – lieber Himmel – ich gestehe, ich bin unglaublich stolz auf sie!
    Für den Fall, dass Ihr wirklich nicht kommen könnt, was zu glauben ich mich hartnäckig weigere, will ich Euch ihr Brautkleid beschreiben. Es ist aus belgischem Samt und mit Perlen und silbernen Blütenmustern bestickt. Die Baskine hat passende kurze Ärmel, die Vertugade ist gefältelt und fällt überaus elegant. Und die Brautschleppe ist so lang wie die große Allee auf Château de Blois.
    Der Maler Bourdichon, den Ihr bereits am Hofe kennengelernt habt, hat die Dekoration der Paniere und Rückenschilde übernommen. Das Hermelin von Anne de Bretagne und das
Stachelschwein von Ludwig XII. finden sich an allen Ecken und Enden der Stadt und über jeder Ladentür. Offen gestanden begeistert mich die Vorstellung, dass der Salamander des Hauses Angoulême, also von meinem François, bald die jetzigen königlichen Wappen ablösen wird.
    Am Abend vor den Trauungsfeierlichkeiten, die in der Kapelle stattfanden, strahlten meine beiden Kinder um die Wette. Bruder und Schwester gelobten sich ewige Treue – ein Versprechen, das ich für einigermaßen überflüssig halte, weil ich weiß, dass Marguerite François nie

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