Die Blumenweberin: Roman (German Edition)
früher – konnte es sich leisten, langsam zu arbeiten. Mit dem Geld, das sie bei ihren ersten Aufträgen verdienten, mussten sie schließlich das Material für die folgenden beschaffen.
Mathias hatte Alix auf den Straßen im Norden kennengelernt, als sie verzweifelt nach ihrem Jacquou suchte, und er hatte ihr geholfen, ihn wiederzufinden. Als er mit dem jungen Paar ins Val de Loire zurückkehrte, verliebte er sich unsterblich in Alix, heiratete aber deren Freundin Florine, weil sie ja bereits vergeben war, und erlernte den Weberberuf. Man könnte also sagen, dass Jacquous Hochwebstühle auch ein bisschen seine waren.
Als es das Schicksal wollte, dass sie beide Witwer wurden, konnte Mathias seine Treue, sein Fachwissen und seinen Fleiß unter Beweis stellen. Auch wenn ihm nichts entging und er
manchmal hart durchgreifen musste, bewahrte er sich seinen Sinn für Gerechtigkeit und hielt es für unerlässlich, seine Arbeiter nicht nur für Fehler zu tadeln, sondern sie auch für gute Leistungen zu loben.
Nachdem Alix ihre Runde durch die beiden Werkstätten beendet, die Teppiche und die Kartons auf den verschiedenen Webstühlen begutachtet und Wolle und Seidenfäden überprüft hatte, trat sie zu Mathias, der an seinem Hochwebstuhl an zwei großen Wandteppichen mit dem Titel Augustus und die Sibylle arbeitete, einer Auftragsarbeit für einen Webermeister aus Brüssel. Damals war es durchaus üblich, dass sich Webermeister gegenseitig unterstützten, wenn die einen in Arbeit erstickten, während die anderen zu wenige Aufträge hatten.
»Ich gehe jetzt zu Julio, Mathias«, sagte Alix und legte ihre Hand auf seine Schulter.
Julio leitete das Verkaufskontor neben den Werkstätten.
»Ich dachte, du wolltest Sire Dumoncelle aufsuchen?«, fragte Mathias erstaunt.
»Ja, das stimmt, aber ich möchte gerne, dass du mich da begleitest.«
»Meines Erachtens ist der Mann noch nicht bereit, uns das kleine Grundstück nebenan zu verkaufen.«
»Es wird ihm aber nichts anderes übrigbleiben, wenn er möchte, dass wir den Fürsprecher für seinen Sohn bei der Gilde machen, nachdem er ja keine Werkstatt mehr hat.«
Mathias schüttelte den Kopf und schien nicht überzeugt.
»Hast du dir das auch wirklich gut überlegt? Wenn wir den jungen Mann einstellen, arbeitet er bei uns als Webermeister!«
»Aber nur, bis er seine eigene Werkstatt hat. Das darfst du nicht vergessen.« 3)
»Schon, aber solange er bei uns als Meister arbeitet, hat er auch etwas zu sagen. Daran können wir ihn nicht hindern.«
»Wir brauchen dieses Grundstück unbedingt, wenn wir uns vergrößern wollen, Mathias! Es grenzt direkt an unseres, etwas Besseres können wir gar nicht finden. Ich habe jedenfalls nichts dagegen, wenn der Junge – ich glaube, er heißt Robert – eine Zeitlang bei uns arbeitet.«
Mathias war noch immer nicht überzeugt und zog Alix in eine Ecke. Solche Gespräche waren nicht für die Ohren der Angestellten gedacht, weshalb man die entscheidenden Fragen besser unter vier Augen besprach.
Mathias wusste es, und Alix wusste es auch. Sobald ein neuer Arbeiter in die Werkstatt kam, fragten sich alle, ob die gute Stimmung anhalten würde. Als Landry während der letzten Pest bei Jacquou gestrandet und ohnehin alles außer Fugen war, erwies sich die Sorge als unbegründet, aber Philippe und Grégoire hatten schon vorübergehend für Unruhe gesorgt, genau wie später Etienne und Albin. Doch inzwischen hatte jeder seinen Platz und seine Aufgabe gefunden.
»Hast du daran gedacht, dass der Junge Sohn eines Meisters ist, der seine Arbeit mir nichts, dir nichts hingeworfen hat, Alix?«
»Mir nichts, dir nichts!«, wiederholte Alix. »Daran sind natürlich wieder die Mortagne schuld, unsere Feinde, die ihre eigenen Gesetze einführen wollen und sich für die wichtigsten Weber der ganzen Touraine halten! Erst hatten sie es auf uns abgesehen, dann haben sie Fortier gezwungen, seine Werkstatt zu schließen, und jetzt ist eben Dumoncelle an der Reihe. Wen werden sie sich wohl als Nächstes vornehmen? Vielleicht wieder uns? Da dürfen wir nicht einfach tatenlos zusehen, Mathias!«
»Du hast recht«, nickte Mathias, »wir müssen etwas unternehmen.«
»Also, pass auf, wir kaufen das Grundstück von Dumoncelle und übernehmen dafür seinen Sohn. Der eröffnet später eine eigene Werkstatt, wobei wir ihn sogar unterstützen können. Wenn sich mehrere von uns Webern zusammentun und wir uns gegenseitig helfen, können wir den Mortagne die Stirn
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