Die Blut-Loge
Schließlich bin ich mit Gauklern groß geworden“, behauptete er selbstbewusst.
Ihnen allen war dabei nicht wohl zumute. Aber eine Entscheidung musste getroffen werden.
Leon nickte und umarmte seinen Kollegen. Mit Erstaunen bemerkte Laura, dass es recht lange dauerte, biss er ihn wieder freigab. „Viel Glück, mein Freund. Wir werden sofort unsere Sachen packen und heute Abend abreisen. Sobald wir ein Hotel haben, melden wir uns.“
Dann packte Leon Lauras Arm, als wolle er sie davon abhalten, Jerome noch einmal näher zu kommen. „Euch auch alles Gute“, murmelte Jerome nur. „Vielleicht sehen wir uns ja irgendwann einmal wieder.“ Seinen bisher größten Auftritt würde er also heute Abend haben. Und es war gleichzeitig der gefährlichste!
* * *
„Je später der Abend … Ich freue mich, dich wieder zu sehen“, lächelte Ruben Stark seinen unerwarteten Gast an, der da vor seiner Haustüre aufgetaucht war. Jerome als Laura trug die langen Haare hochgesteckt und glich mehr den je einer exotischen Schönheit in dem echten Seidenkleid aus Malaysia, das über und über mit Blumen bestickt war und eine Handbreit über den Knien endete. Ein Anblick, der jedem Mann den Atem verschlagen musste, denn dieses Kleid war so eng, dass man unmöglich mehr als ein Nichts darunter tragen konnte.
Auch Ruben war von dem Anblick fasziniert, obwohl er bei Laura eine leichte Veränderung in der Aura und auf der mentalen Ebene bemerkte. Vielleicht war dies aber auch der Transformation zuzuschreiben? So gut hatte er sie als Mensch schließlich nicht gekannt. Innerlich freute er sich bereits auf eine weitere aufregende Nacht, doch die junge Vampirin wehrte seine Umarmung ab. „Ich möchte mit dir reden“, sagte sie in einem bestimmten Tonfall und glitt an dem verdutzten Logenführer vorbei in das geräumige Wohnzimmer, wo sie sich in einen der weißen Ledersessel setzte, die schlanken Beine verführerisch übereinander geschlagen.
„Und worüber?“ Ruben hatte sich wieder gefangen und goss sich und seiner Besucherin einen Drink aus einer der Karaffen ein, die seine in das Zimmer integrierte Bar anbot. Von weitem konnte man nicht erkennen, um was es sich handelte, nur die rötliche Farbe in dem edlen Kristall variierte in einigen Fällen. Ruben wollte ihr eines der gefüllten Gläser reichen, doch sein Gast schüttelte nur den hübschen Kopf.
Jerome wusste, dass er nicht viel Zeit hatte, und kam gleich zur Sache. „Wenn du mich als Gefährtin an deiner Seite haben willst, möchte ich wissen, was mich an deiner Seite erwartet.“
Ruben prustete los vor Lachen. „Eine Menge Spaß“, lautete seine lapidare Antwort dann.
Jerome alias Laura tat beleidigt. „Und was ist mit der Loge?“, fragte er weiter.
„Die geht dich nichts an.“
„Und dein Vater?“
„Den geht mein Liebesleben nichts an.“
Dem jungen Travestiten gingen langsam die Fragen aus. Wenn er direkter wurde, lief er Gefahr, sich zu enttarnen.
Ruben betrachtete ihn von der Bar her sowieso schon mit einem merkwürdigen Ausdruck in den Augen, so als ahnte er etwas. Jetzt kam er auch noch näher.
„Wenn du soviel wissen willst, dann zieh dich aus und schlaf mit mir. Vielleicht rede ich ja im Schlaf“, grinste er und setzte sich neben die hübsche Frau auf das Sofa. Dabei strich er mit einem Finger über ihr Knie bis zum Rocksaum und darunter, bis Laura ihn stoppte.
„Du hast recht“, gab sie scheinbar nach. „Diese Dinge sind nicht so wichtig. Allerdings habe ich heute Abend nicht viel Zeit. Ich habe noch einen Job zu erledigen und muss mich um die Garderobe der Jungs kümmern.“
Ruben hoch die Augenbrauen. „Nanu, auf einmal so heiß aufs Showgeschäft?“
Jerome wurde warm, trotz der kühlenden Seide auf seiner Haut. Er kam ins Stottern. Verdammt, er hätte doch mehr über Laura erfahren müssen, um sie so perfekt spielen zu können. Er stand auf, vielleicht etwas zu hektisch. „Ich … ich muss auch noch zu Leon. Er wollte irgendwas mit mir besprechen nach der Show.“
Auch Ruben erhob sich und legte beruhigend seine Hand auf Lauras Arm. „Du zitterst ja“, bemerkte er verwundert.
„Ja, ich … Es war alles ein bisschen viel heute“, gab Jerome rasch zur Antwort.
Der Logenführer nickte scheinbar verständnisvoll. „Natürlich, außerdem werden dein Bruder und sein Freund bestimmt nicht begeistert gewesen sein von deiner Verwandlung.“
Das war eine Falle – und Jerome tappte hinein. Er versuchte ein Lachen, aber das
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