Die Blut-Loge
langen, schwarzen Wimpern zeigte, die einer Mangafigur ähnelten. Die Transformation hatte ihr exotisches Äußeres noch weiter hervorgebracht. Selbstverliebt glitten ihre schmalen Hände über den schönen, geschmeidigen Körper.
Langsam kehrten die Erinnerungen an die letzte Nacht zurück Als ihr die Geschehnisse der letzten Nacht bewusst wurden, wäre sie früher als Mensch vor Scham im Boden versunken, aber an diesem Morgen empfand sie gar nichts. Überhaupt fühlte sich Laura heute ganz anders, anderes als jemals zuvor. Stärker, selbstbewusster, fast aggressiv. Langsam gewöhnten sich die Sinne der jungen Frau an ihr neues Dasein – als frischgebackene Vampirin. Das anfängliche Unwohlsein ließ nach. Laura stieg aus dem Bett und zog sich an. In Gedanken ging sie dabei noch mal das Gespräch von gestern durch. Jetzt war ihr bewusst, dass sowohl Jerome wie auch ihr Bruder bereits zu den Blutsaugern gehörten. Und Ruben hatte aus ihr das gleiche gemacht! Sollte sie ihm etwa dafür dankbar sein? Weit gefehlt. Zorn auf diesen aalglatten, mächtigen Logenführer stieg in ihr auf. Die schöne Vampirin verließ das Schlafzimmer und strebte zielbewusst in die Küche des weitläufigen Hauses. Instinktiv öffnete sie den Kühlschrank, aber nicht, um sich ein Sandwich zu machen. Ihr Instinkt hatte sie zu der für sie nun richtigen Nahrungsquelle geführt. Die weißen, unbeschrifteten Tetrapak-Behälter im Kühlschrank enthielten das süße, rote Getränk, das ihr die Menschen von nun an bieten würden, und das sie nun gierig in sich aufnahm.
„Du brauchst nicht einmal selbst dafür zu töten“, hörte sie die markante Stimme von Ruben Stark hinter sich, als sie den leeren Behälter absetzte.
Laura fuhr herum. Sie hatte den Eintritt des Vampirführers nicht bemerkt.
Rubens Lächeln glich einmal mehr dem eines verwegenen Piraten. „Nun, soweit sind deine Sinne noch nicht ausgereift“, erklärte er ihre Verwunderung. Langsam kam er näher, während Laura vor ihm zurück wich.
„Keine Angst, meine Schöne. Ich möchte dir einen Vorschlag machen. Wenn du es willst, bleib bei mir als Gefährtin. Du könntest eine Menge von mir lernen und meine Macht mit mir teilen“, lockte er und reichte ihr die Hand.
Laura blickte ihn misstrauisch an. Sie spürte, dass er es nicht ehrlich meinte. „Ich würde aber nicht zur Loge gehören, oder?“, fragte sie zurück, ohne die dargebotene Hand zu ergreifen.
Ruben schüttelte den Kopf. „Natürlich nicht, die bist schließlich eine Gewandelte. Aber ich könnte dich doch zu einer richtigen Prinzessin machen.“
Die neue Vampirin fühlte sich als Maus in einer Falle, um die eine Katze herumschlich. Hass stieg in ihr auf. Schlug sie sein Angebot aus, könnte er sie immer noch töten.
Als hätte Ruben ihre Gedanken wieder einmal gelesen, antwortete er prompt: „Ich werde dir eine Bedenkzeit einräumen. Du kannst dich derweil von deinen lieben Freunden verabschieden.“
„Was hast du mit Leon vor?“, fragte Laura direkt.
Dieser Jerome war ihr mittlerweile egal, oder doch nicht? Ruben lächelte amüsiert. „Nichts, meine Liebe, gar nichts. Er ist zu wertvoll für mich. Ich will beide, ihn und Jerome – sagen wir mal – zu Forschungszwecken.“
Laura zog die Augenbrauen hoch. „Wie bitte?“
„Dieser Junge hat etwas, das viele von uns gerne hätten, eine enorme Wandlungsfähigkeit. Vielleicht hat er diese bei der Transformation deinem Bruder ‚vererbt’. Mein Vater interessiert sich brennend dafür. Er ist sehr experimentierfreudig, wenn du verstehst, und sein Konzern entwickelt derzeit einige neue Produkte, die nicht nur für Menschen bestimmt sind.“
„Was für Produkte?“ Laura spürte, dass da viel mehr im Spiel war, als sie alle ahnten und, dass sie nur die Schachfiguren darin waren, die dieser Ruben benutzte, wie es ihm beliebte. Aber sie begriff auch, dass Leon und Jerome in Gefahr waren.
„Nicht doch. Das sind interne Geheimnisse, die nur den Logenmitgliedern bekannt sind. Selbst wenn ich wollte, bin ich meinem Vater gegenüber zum Schweigen verpflichtet.“
Die Stimme von Ruben schwankte bei dem Wort ‚Vater’ zwischen Ehrfurcht und Hass, soviel konnte Laura heraushören. Dieser Mann wurde ihr mehr und mehr unheimlich. Sie blickte ihm nun direkt in die Augen, die sie zu verschlingen schienen. Was sie dahinter sah, machte ihr Angst. Wie die Teile eines Puzzles tauchten Gedankenfetzen in ihrem Gehirn auf.
„Ich möchte jetzt gehen“, sagte sie so
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