Die Blut-Loge
einmal.
Gabriel nickte. „Etwa zehn genügen für eine Stunde Wandlung“, gab er resignierend zur Antwort.
Die Vorstellungen im STARDUST-Casino waren stets gut besucht, so auch heute Abend. Die Midnight Fairies traten seit erst drei Wochen dort auf, waren aber schon sehr beliebt, vor allem der neue Star der Truppe, Leon, mit seiner Marilyn-Monroe-Imitation. Seine Schwester Laura befand sich nach wie vor bei der Truppe, sie durfte ohne Künstlervisa offiziell in diesem Land nicht arbeiten. Also half sie, wie immer, in der Garderobe beim Umkleiden.
Leon hatte ihr im Laufe der Zeit gezeigt, wie man Menschen für ihre Versorgung nutzte, ohne sie gleich umzubringen. Trotzdem hasste Laura nach wie vor diese kleine Notwendigkeit, die für ihr Überleben erforderlich war. Und sie hasste Ruben, der ihr dieses Schicksal beschert hatte. An manchen Tagen hasste sie sogar sich selbst.
In der Pause an diesem Abend lief ihr Bruder freudestrahlend zu ihr hin und umarmte sie spontan. „Stell dir vor, wer in der ersten Reihe sitzt! Unser Jerome, er hat es tatsächlich geschafft!“, jubelte er. Diese Tatsache und seine Freude war ansteckend, so dass auch Lauras Laune sich schnell besserte. Ja, sie freute sich, Jerome wieder zu sehen. Ihr Herz hüpfte vor Freude, wie ihr Bruder in dem engen Marilynkleid vor ihr. „Nach der Vorstellung treffen wir uns. Es gibt bestimmt soviel zu erzählen“, schwärmte Leon so übertrieben, dass Laura wieder lachen musste.
Jeromes Umarmung tat ihr gut, obwohl diese zärtlicher ausfiel als bei einem guten Freund und von einem missgünstigen Blick ihres Bruders begleitet wurde. Nach der ersten freudigen Begrüßung verlief das Treffen der drei Vampire dagegen eher verhalten, fast beklemmend. Bei dem Gespräch in einer kleinen Bar erzählte Jerome seltsamerweise nur wenig über seinen Auftritt – wie er es nannte – und sein Entkommen. Leon dagegen berichtete liebend gerne von seinem Neustart in Amerika, wie überraschend Sid und die Truppe hier aufgetaucht waren, nachdem die Geschwister kaum eine Woche in Las Vegas waren, und er so direkt einen gut bezahlten Job bekam. Jerome gratulierte seinem ehemaligen Kollegen ohne jeden Neid, was Laura sehr erstaunte, da der junge Künstler in der Vergangenheit süchtig nach der Bühne gewesen war. Er bemühte sich stattdessen sehr um Laura, was diese wiederum genoss und Leon innerlich auf die Palme brachte. Selbst als Vampirin war sie seinem angeborenen Charme nicht abgeneigt, aber diesmal lagen die Dinge anders. Etwas in Jeromes Blick irritierte sie. Diese Gier darin hatte sie vorher nicht bemerkt. Dennoch brannte sie darauf, mit Jerome alleine zu sein. Sie stieß ihren Bruder unter dem Tisch mit dem Fuß an, Leon warf ihr daraufhin einen verdutzten Blick zu. Er bemerkte, dass die beiden da vor ihm allein sein wollten, hatte aber nicht die Absicht zu gehen. Erst nachdem Jerome ihm versprach, später noch bei ihm vorbeizuschauen, verabschiedete er sich unter einem Vorwand. Im Hinausgehen zwinkerte er Laura verschwörerisch zu. Offenbar hatte sich sein Wunsch von damals erfüllt und Jerome war ihnen beiden zugetan.
Am nächsten Morgen wurde Leon nicht vom Wecker wachgerüttelt, sondern vom Klingeln seines Handys, das in aller Herrgottsfrühe keine Ruhe geben wollte. Verschlafen tastete der blonde junge Mann nach dem Gerät und fischte es vom Nachttisch. Stundenlang hatte er noch wach gelegen und vergebens auf Jerome gewartet.
„Hallo“, brummte er mit verschlafener Stimme.
„Genieß deinen Erfolg, mein junger Freund, aber gib Acht, in welcher Gestalt dir das Schicksal heute begegnet.“
Das war Ruben Stark! Mit einem Schlag war Leon hellwach. „Was soll das heißen?“, fragte er mit unsicherer Stimme, während er die Bettdecke zurückschlug und sich erhob.
„Wenn du deine Schwester lebend wieder sehen willst, dann komm nach Los Angeles. Wir erwarten dich dort und wenn du tust, was wir sagen, wird der Kleinen nichts geschehen. Ein Ticket ist bereits für dich am Flughafen hinterlegt. Deine Maschine geht in zwei Stunden. Besser, du beeilst dich“, befahl der Sohn des Logenführers.
Dann legte er auf, während Leon sich noch immer fragte, ob es sich um einen bösen Traum handeln konnte. Wie kam Laura in Rubens Gewalt? Langsam dämmerte ihm die Wahrheit. Das da gestern Abend war nicht der echte Jerome Summers gewesen, und er hatte seine Schwester mit diesem Fuchs Ruben allein gelassen! Das war gleichzeitig der Beweis, dass Jerome
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