Die Blut-Loge
gut vorbereitet. Miguel alias Bela begrüßte seinen Vater distanziert, aber herzlich mit einer kurzen Umarmung. Stark setzte sich mühsam auf das Sofa im Wohnzimmer der elegant eingerichteten Wohnung.
Thilo beobachtete die Szene. Er hatte nicht erwartet, es mit einem alten Mann zu tun zu bekommen, der einen Gehstock benötigte, ebenso wenig wie Bela, der sehr enttäuscht schien. Das änderte sich, bis Ruben Stark ihm seine Zukunft in den schönsten Farben ausmalte. Er sprach von den besten Schulen und einer großartigen Karriere in der Wirtschaft.
Thilo konnte sehen, wie die Augen des Jungen zu leuchten begannen, als Stark von den Möglichkeiten sprach, die er mit seinem Geld verwirklichen konnte. Und natürlich fragte er seinen Sohn über alles Mögliche aus. Bela aber blieb bei der Geschichte, die er mit dem Deutschen einstudiert hatte. Trotzdem konnte der Kommissar sehen, wie der Junge ihm immer mehr entglitt und dem Einfluss des immer noch mächtigen Ruben Stark langsam aber sicher anheim fiel. So hatte er sich das nicht vorgestellt! Hin und wieder warf der Junge einen fast entschuldigenden Blick zu ihm hinüber.
Doch jetzt musste er gute Miene zum bösen Spiel machen. Thilo äußerte Bedenken, deinen Jungen gehen zu lassen bis ein Scheck über mehrere Hunderttausend Dollar als Dankeschön den Besitzer wechselte. Natürlich musste Thilo so tun, als fiele es ihm schwer, den Jungen herzugeben. Doch Ruben bestand darauf, Miguel unverzüglich mitzunehmen.
Thilo wollte gar nicht wissen, wie der einflussreiche Geschäftsmann die Einreisebehörden in den Staaten umging. Bela ging freiwillig mit seinem Vater, voller Hoffnung und Enthusiasmus, das konnte er sehen. War das wirklich Evis Sohn? Hatte er so gar nichts von der Ehre seiner Mutter geerbt? Andererseits konnte er verstehen, was den Siebzehnjährigen so reizte an einem freien Leben als reicher Sohn in den Vereinigten Staaten. Aber er fürchtete um sein Leben, oder besser gesagt, um seine Seele.
Hier und jetzt aber konnte er gar nichts mehr tun. Sonst wäre seine Tarnung aufgeflogen und sein eigenes Leben in Gefahr gewesen. Als sie sich verabschiedeten, sagte er nur: „Mach´s gut, mein Junge, ich kann jetzt leider nichts mehr für dich tun. Vaya con dios!“ Ruben Stark verzog bei diesem Satz das Gesicht.
„Ich werde schon genug für ihn tun. Mehr als Gott es kann. Komm jetzt!“, drängte er zum Aufbruch. Vater und Sohn stiegen in die wartende Limousine und fuhren zum Flughafen zurück.
Das bunte, extrovertierte Leben der Großstadt Los Angeles und die Villa mit den unzähligen Zimmern, dem riesigen Pool und den Bediensteten zeigten Wirkung auf den Sohn von Ruben Stark. Noch nie war es dem Teenager, der in Mexiko von der Hand in den Mund hatte leben müssen, so gut gegangen. Schnell waren die Jahre als Miguel Santos vergessen und er hatte sich an den Namen Bela Stark gewöhnt.
Offiziell musste Stark den Jungen zwar adoptieren, um den menschlichen Behörden Genüge zu tun, doch dank seines Einflusses waren die Papiere innerhalb von vier Wochen in seinem Besitz. Jetzt konnte Stark seine eigenen Pläne mit dem jungen Mann verwirklichen!
Zunächst einmal ließ er ihn privat unterrichten, um ihm die fehlende Bildung zu vermitteln. Dann meldete er ihn auf der besten Highschool in L.A. an. Bela genoss die Aufmerksamkeiten seines Vaters und natürlich den Respekt, den man ihm und seinem Namen entgegen brachte. Allerdings fand er, wie jeder normale Teenager, die Einstellung seines Vaters zu einigen Dingen etwas „komisch“. So durfte der Junge zum Beispiel keine Schulkameraden mit nach Hause bringen. Dennoch konnte Ruben nicht verhindern, dass sein hübscher Sohn das Interesse des einen oder anderen Mädchens weckte. Er riet ihm zwar, sich voll und ganz auf die Schule und den Lernstoff zu konzentrieren, aber das taten schließlich alle besorgten Eltern. Eine besonders hartnäckige Verehrerin brachte Bela dann doch eines Tages zum Lernen mit nach Hause. Lucy Gray war ein nettes, anständiges und eigentlich eher zurückhaltendes Mädchen mit kurzen blonden Haaren, blauen Augen, einer Stupsnase und süßen Sommersprossen im Gesicht. Vielleicht gerade deshalb so reizvoll für den noch unerfahrenen Teenager. Bela lehnte instinktiv die herausfordernden, frechen Girls ab, die nur am Rande des Baseballspiels standen oder gar danach strebten, zu den Cheerleadern zu gehören. Sie erschienen ihm wie leere Hüllen. Im Grunde tat er ganz unbewusst das, was jeder
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