Die Blut-Loge
Thilo auf Anhieb.
Es fiel dem Kommissar nicht leicht, Miguel alias Bela die Wahrheit zu erzählen. Dieser hörte ihm zwischen den Gängen zum Buffet scheinbar interessiert zu, hielt den Deutschen aber für ein bisschen „loco“. Der Junge nutzte die Gelegenheit, sich einmal richtig satt zu essen.
Im Übrigen verstand er sehr gut, dass sein wahrer Vater ein reicher Mann sein musste und das war bei den ärmlichen Verhältnissen hier ausschlaggebend. Dass es Vampire geben könnte, glaubte der katholisch aufgezogene Junge dennoch, auch die Mexikaner kannten diese Geschöpfe aus alten Legenden. Hierin sollte es sogar einen fledermausartigen Gott der Vampire gegeben haben. Aber, dass sein Vater einer sein sollte, hielt er dagegen für einen Scherz. Thilo Weinbach war aber nicht zum Scherzen zumute.
„Hör zu, dein richtiger Vater hat dich damals nach dem Dämon Belarus genannt, abgekürzt wurdest du Bela gerufen. Erinnerst du dich?“, fragte er eindringlich.
Miguel hörte mit offenem Mund zu und nickte.
„Dein Vater und seine Leute haben deine Mutter umgebracht, weil sie dich vor dem Fluch des Bluttrinkens beschützen wollte und das, obwohl dein Vater sie gezwungen hat, dich zur Welt zu bringen!“
„No puedo creer esto“, rief der Teenager aus und stand empört auf. „Ich kann das nicht glauben!“ Thilo deutete ihm an, sich wieder hinzusetzen, da andere Gäste schon auf die Beiden aufmerksam geworden waren und neugierig herüber schauten.
„Glaub es mir, deine Mutter hat mir alles berichtet. Auch, dass sie dich in der Kirche zurückgelassen hat, um dich nicht weiter in Gefahr zu bringen. Danach hat sie selbst kein Menschenblut mehr getrunken.“
„Und das alles wegen einer Droge?“, fragte der Junge nach und schüttelte immer wieder den Kopf mit den halblangen, blonden Haaren. „Es gibt hier genug Drogen für alle, warum nicht auch für Vampire?“, fragte er halb im Scherz.
Doch Thilo blieb ernst. „Das war eine andere Art von Droge, die nur für diese Wesen interessant war. Mittlerweile gibt es dieses Zeug nicht mehr auf dem Markt. Dein Vater hat sich aus dem Geschäftsleben zurückgezogen. Aber ich bin sicher, dass es die Loge noch gibt.“
„Er meine Mutter hingerichtet“, empörte sich Miguel, als ihm klar wurde, dass der Deutsche die Wahrheit sagte.
„Ja, mein Junge, das hat er getan. Dabei hat sie nicht nur dich, sondern auch viele Menschenleben gerettet!“
„Madre de dios“, stöhnte der junge Mann und schlug die Hände vors Gesicht. „Wie kann ich diesen Schuft zur Rechenschaft ziehen?“
Thilo schüttelte den Kopf. „Das bringt nichts. Ich bin sicher, dass er bereits nach dir sucht. Vielleicht will er dich zurück auf die dunkle Seite ziehen. Ich weiß es nicht. Aber der Mann ist nach wie vor gefährlich! Halte dich von ihm fern.“
Miguels Stolz war erwacht. „Ich weiß, wie man Vampire tötet. Man schlägt ihnen den Kopf ab“, behauptete er stolz.
„Sicher, aber da wird der Kerl bestimmt nicht still halten. Und in Särgen schlafen die schon lange nicht mehr, die können Tag und Nacht unterwegs sein!“, mahnte Thilo.
„Dann wird er seine gerechte Strafe niemals bekommen.“
Jetzt musste Thilo lächeln. „Wenn wir beide zusammen halten, vielleicht doch.“
Der Kommissar war sich nicht sicher, ob Ruben Stark ihn nicht noch nach all den Jahren wieder erkennen würde. Aber das Risiko musste er eingehen. Sein Plan war, eine Wohnung anzumieten, sich als deutscher Kaufmann und Ziehvater von Bela auszugeben, der davon gehört hatte, dass Ruben seinen Sohn suchte. Nun wollte er ihn gegen ein kleines Vermögen eintauschen, weil seine Geschäfte immer schlechter gingen. So wollte er Miguel auch gleich den wahren Charakter seines Vaters vor Augen führen. Das Problem war, dass Miguel keine Einreisepapiere in die USA hatte und auch so schnell keine bekommen würde. Die mexikanischen Behörden arbeiteten langsamer und bürokratischer als die deutschen, es sei denn, man hatte „Beziehungen“. Deshalb musste er den ehemaligen Paten der „Sangue Ombra“ nach Mexiko locken.
* * *
Als Ruben Stark das Foto von Weinbach und seinem angeblichen Sohn in der Zeitung unter dem fingierten Insolvenzbericht sah, rief er sofort bei der angegebenen Adresse des angeblichen Kaufmanns an. Anschließend charterte er ein Flugzeug und reiste an die Küste.
Der gealterte Vampir war aufgeregt, wie sein Sohn ihn wohl empfangen würde nach so langer Zeit, doch Thilo hatte den Jungen
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