Die Blut-Prinzessin
Tür, gegen die jetzt von innen eine Faust oder ein Gegenstand schlug.
»So ist das...«, flüsterte er.
»Ja, sie will raus!«
Amos lachte. »Das wird ihr nicht gelingen!«
Mona schüttelte langsam den Kopf. »Glaubst du denn im Ernst, dass du es verhindern kannst?«
»Ja, das glaube ich. Das glaube ich sogar für dich mit, Mona. Ich kann es verhindern.«
»Sie ist sehr stark. Du könntest ihr einen Gefallen tun und die Tür öffnen.«
»Genau das werde ich nicht machen. Wenn sie kommt, dann...«
Der laute hammerartige Schlag unterbrach ihn. Sinclair hatte gemeint, die lebende Leiche würde einige Zeit brauchen, um sich aus ihrem Gefängnis zu befreien – Zeit genug, dass Amos Durban ihn und Suko alarmieren konnte. Doch da hatte sich der Geisterjäger geirrt. Zwei weitere Schläge in Nähe des Schlosses reichten, um die Tür aufzubrechen.
Beide Menschen hörten das Splittern, dem ein Knirschen folgte. Dann war die Halterung gebrochen, und die Tür flog in das Zimmer hinein, wobei sie etwas zur Seite kippte.
Dicht hinter der Schwelle stand die lebende Tote. Sie hatte beide Arme ausgestreckt und die Hände gespreizt.
»Marlene, meine Tochter«, rief Mona. »Jetzt kann dich niemand mehr halten. Folge dem Ruf deiner Göttin!«
Amos Durban zog seine Waffe...
***
Drei Männer bewegten sich durch das düstere Haus. Wer sie sah, ging ihnen aus dem Weg, denn diese Typen waren die Kings. Sie hatten hier zu sagen, sie setzten die Eckpunkte, und wer sich ihnen in den Weg stellte, wurde radikal zur Seite geschoben, was noch freundlich ausgedrückt war.
Die Typen waren nicht erschienen, um Geschäfte zu machen. Sie wollten einer Sache auf den Grund gehen, die ihnen schon seit geraumer Zeit Probleme bereitete.
Sechs junge Frauen waren verschwunden. Zwei von ihnen hatten sie bereits einem Bordell in Liverpool versprochen, und wer in dieser Branche seine Versprechen nicht einhielt, der war ganz schnell weg vom Fenster.
Aus diesem Grunde war Ogomba auch so nervös. Er war der Chef, er regierte hier, und er verließ sich auf seine beiden Bodyguards, wobei einer von ihnen an einen Typen geraten war, der ihn flachgelegt hatte. Für diesen Kerl – einen Chinesen oder Chink, wie die Engländer abfällig sagten – empfand der Schläger einen brennenden Hass.
Obwohl der Treppensturz Blessuren bei ihm hinterlassen hatte, versuchte er mit Ogomba und dem anderen Leibwächter Schritt zu halten.
Es fiel ihm schwer. Immer wieder musste er sich am Geländer festklammern. Er atmete heftig, stöhnte manchmal auf und war froh, das Haus verlassen zu können.
Weit gingen sie nicht. Es hatte aufgehört zu schneien. Die Kälte war jedoch geblieben. Ihr Ausatmen zauberte kleine Wolken in die Luft. Erst als sie die beiden Autos erreichten, blieben sie stehen, und Errol, der Angeschlagene, stützte sich auf das Fahrzeugdach.
Er versuchte, sich so normal wie möglich zu geben, was ihm allerdings nicht gelang. Seine Haltung war krumm. Er wollte das linke Bein nicht belasten, das beim Sturz am meisten abbekommen hatte.
Ogomba holte tief Luft. Es war ein Wunder, dass er noch keinen Tobsuchtsanfall bekommen hatte, denn jede Niederlage wurde für gewöhnlich von einem solchen begleitet, und was er erlebt hatte, war eine Niederlage gewesen.
Ogomba war recht groß und breit in den Schultern. Aber das satte Leben hatte bei ihm auch seine Spuren in Form eines kleinen Bauches hinterlassen, über den sich ein schwarzes Shirt mit dem Aufdruck eines bekannten Modedesigners spannte. Das gehörte ebenso zu seinem Outfit wie der Mantel aus Pelz, den er nicht geschlossen hatte und dessen Rand seine Waden erreichte.
Ringe in verschiedenen Größen glänzten an seinen Fingern. Auch die rote Lederhose gab einen leichten Glanz ab.
Er musste etwas unternehmen, und er durfte damit nicht lange warten. »Das darf nicht wahr sein!«, sprach er seine beiden Leibwächter an. »So etwas können wir nicht zu lassen.«
»Glaubst du der Alten denn?«
»Ja, verflucht, ich glaube ihr. Wir haben sie schließlich hart genug rangenommen!«
»Im Keller also?«, fragte Ginko, der zweite Aufpasser.
»Genau.«
»Und wir haben es nicht bemerkt.«
Ginko hatte Recht, und genau das ärgerte den Boss. Bisher hatte er gedacht, alles unter Kontrolle zu haben. Jetzt musste er einsehen, dass es nicht stimmte.
»Es ist an uns vorbeigelaufen«, flüsterte er den beiden Männern zu. »Das kann man akzeptieren oder nicht. Ich aber denke nicht daran, es zu akzeptieren. Das will
Weitere Kostenlose Bücher