Die blutende Statue
Wertpapiere und Aktien aber genauso wenig kopiert werden wie Banknoten. Zusammen mit Briefmarken kommen sie Geldscheinen am nächsten. Doch kam der Ruf von Baldwin Bredell und Arthur Taylor schließlich auch zwielichtigen Leuten zu Ohren. William Jacobs war Zigarrenfabrikant. Zumindest war das sein vorläufig letzter Beruf. Vorher hatte er nämlich schon viele andere ausgeübt, die alle genauso fragwürdig wie einträglich gewesen waren. Er lud die beiden jungen Männer zu sich ein und sagte nach einem guten Abendessen wie nebenbei: »Mit Falschgeld könnte man ein Vermögen verdienen.«
Obwohl Baldwin Bredell und Arthur Taylor in beruflicher Hinsicht gleichermaßen begabt waren, waren sie vom Charakter her völlig unterschiedlich. Baldwin war dreist und unerschrocken, während Arthur ein schüchterner Prinzipienreiter war. Darum sprang Letzterer sofort auf.
»Wir sind keine Gangster!«
Baldwin hielt ihn am Arm zurück.
»Lass den Mann ausreden. Zuhören schadet doch nichts.«
So fuhr der Zigarrenfabrikant lächelnd fort: »Also, ihr bekommt alles, was ihr braucht, Jungs. Ich schieße die Kosten vor. Ist das für Künstler wie euch nicht aufregend? Ihr sollt nämlich ein echtes Kunstwerk vollbringen. Wenn wir drei erst reich sind, könnt ihr euch zur Ruhe setzen und tun und lassen, was ihr wollt.« Baldwin Bredell ignorierte die empörte Miene seines Kameraden.
»Wann fangen wir an?«
»Sofort. Ich kaufe euch eine Stecherwerkstatt. Ihr macht euch selbstständig.«
Baldwin gelang es schließlich, Arthur alle Prinzipien auszureden, sodass die beiden ihren eigenen Betrieb gründeten. Trotz ihrer Jugend waren sie schon so bekannt, dass sie sofort Kunden bekamen und niemand Verdacht schöpfte, als sie sich alles Nötige zur Herstellung von Falschgeld anschafften, da man diese Dinge auch in ihrem Beruf brauchte.
Sie entschieden sich für die größte Banknote, den Hundertdollarschein mit dem Porträt von Präsident Monroe. Um ihr Know-how zu vervollständigen, hatten sie eine ebenso einfache wie effektive Idee. Sie fuhren nach Washington und besuchten als gewöhnliche Touristen die Druckerei der Münzstätte. Als Spezialisten merkten sie sich alle Einzelheiten und kehrten bestens informiert nach Philadelphia zurück.
Sofort machten sie sich an die Arbeit. Als erstklassiger Zeichner schaffte es Arthur Taylor, den Geldschein perfekt zu imitieren. Baldwin Bredell, der geniale Mechaniker, entwarf dagegen eine ähnliche Druckpresse wie die, die sie in Washington gesehen hatten, und ließ sie vom Geld des Zigarrenhändlers bauen. Bald war alles bereit mit Ausnahme eines Problems, das bekanntermaßen das heikelste von allen war, nämlich des Papiers. Obwohl sie unzählige Kombinationen aus Lumpen und Seidenfasern ausprobierten und in alle möglichen Chemikalien tauchten, gelang es ihnen nicht, das Papier der Dollars exakt nachzuahmen. Entweder glänzte es zu sehr oder nicht genug, dann war es wieder zu weich oder zu steif. Natürlich handelte es sich dabei nur um winzige Unterschiede. Mit den von Taylor hergestellten Druckplatten und der von Bredell entworfenen Presse hätten sie ausgezeichnetes Falschgeld produzieren können, das jeden lange genug getäuscht hätte, um reich zu werden. Das sagte ihnen übrigens auch William Jacobs, der allmählich ungeduldig wurde. »Worauf wartet ihr noch, Jungs? Eure Scheine sind doch prima. Ich hab jetzt schon ein Vermögen ausgegeben.« Doch davon wollten Baldwin und Arthur nichts wissen. Übrigens war Jacobs daran selbst schuld. Er hatte sich schließlich Künstler ausgesucht und keine gewöhnlichen Fälscher.
»Die sind prima, aber nicht perfekt. Sie haben uns um ein Kunstwerk gebeten und Sie bekommen auch ein Kunstwerk.«
»Was ist, wenn ihr es nicht schafft?«
»Wir schaffen es schon.«
So verstrichen Tage und Monate. Enttäuscht aufseufzend warf Arthur Taylor gerade eine Probe fort, die sich wieder einmal als unzulänglich erwiesen hatte, als Baldwin Bredell plötzlich sagte: »So klappt das nie. Beim Papier gibt es nur eine Lösung: Wir müssen echte Banknoten benutzen.«
Arthur zuckte mit den Schultern: »Unmöglich. Das haben wir doch schon probiert.«
Tatsächlich hatten sie mehrmals versucht, durch ein kompliziertes chemisches Verfahren Eindollarscheine zu bleichen, doch es war ihnen nie gelungen. Die Zeichnung blieb immer blass zurück.
»Das Papier ist so porös, dass die Farbe tief in die Banknoten eindringt. Wenn man jedoch einen Schein der Dicke nach halb
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