Die blutende Statue
durchschneiden würde, könnte man ihn perfekt bleichen.«
»Der Dicke nach! Bist du verrückt?«
»Nein. Ich glaube, ich hab da einen Weg gefunden. Das ist ganz einfach! Schau mal...«
Baldwin Bredell nahm einen Eindollarschein und machte sich ans Werk. Zunächst schaute Arthur Taylor skeptisch zu, doch dann war auf einmal Verblüffung in seinen Augen zu lesen.
»He... Das klappt ja!«
Ja, es klappte. Aber das ist auch schon alles, was man über Baldwin Bredells Verfahren, einen Geldschein der Dicke nach durchzuschneiden, weiß: Es funktionierte. Alles andere ist auch heute noch ein Geheimnis. Später haben die beiden Komplizen zwar alles der Polizei gestanden, doch die hat sich wohlweislich gehütet, auch nur das Geringste darüber verlauten zu lassen. Andere Falschmünzer, die von dieser Geschichte Wind bekamen, haben später jahrzehntelang versucht, diese Leistung zu wiederholen. Es ist ihnen jedoch nie gelungen.
Nach dieser Verrichtung standen Baldwin und Arthur jedoch erst ganz am Anfang der Arbeit. Wie Baldwin vorhergesehen hatte, wurden die beiden Geldscheinhälften, die dünn waren wie Zigarettenpapier, nach einem Bleichbad jungfräulich. Aber würden sie auch das Gewicht der Presse aushalten, das notwendig war, um darauf das Bild des Hundertdollarscheins mit Monroes Porträt zu drucken? — Und ob! Obwohl sie nur hauchdünn waren, hielten sie die Behandlung aus.
Das war noch nicht alles. Jetzt mussten die beiden Hälften zusammengeklebt werden. Die Erfindungsgabe der beiden Burschen war grenzenlos. Sie entwickelten einen Klebstoff auf der Basis von Wasser und Reispulver, der farblos war, ausgezeichnet klebte und das Papier nicht versteifte. Dann war die Prozedur abgeschlossen. Sie mussten das Ganze nur noch über Nacht trocknen lassen.
Als sie am nächsten Morgen zurückkehrten, war ein Wunder geschehen! Sie hatten einen waschechten Hundertdollarschein vor Augen. Sofort beschlossen sie, die Probe aufs Exempel zu machen, und gingen in eine Bank, um Kleingeld zu wechseln. Der Kassierer untersuchte den Schein aufmerksam, weil Hundertdollarnoten, damals eine beachtliche Summe, ziemlich selten waren. Aber nach eingehender Prüfung händigte er ihnen, ohne mit der Wimper zu zucken, zehn Zehndollarscheine aus. Gewonnen!
In den folgenden Tagen wiederholten Arthur Taylor und Baldwin Bredell die Prozedur mit hundert Eindollarnoten. Als sie dann zehntausend Dollar in den Händen hielten, waren sie so mit sich zufrieden, dass sie beschlossen, erst einmal Urlaub zu machen, jedoch ohne William Jacobs Bescheid zu sagen. Mit ihren Hundertdollarscheinen in der Tasche erfüllten sie sich einen lang gehegten Wunschtraum: eine Spritztour in den Süden des Landes.
Als der Zigarrenhändler kurz darauf bei ihnen vorbeischauen wollte, war die Tür der Druckerei abgeschlossen. Doch traute er sich nicht, nach ihnen zu suchen, weil er befürchtete, sie seien verhaftet worden. So wartete er ab und die Tage verstrichen.
Sechs Monate später erhielt die amerikanische Staatsbank einen Hundertdollarschein, den eine Bank in Philadelphia zur Überprüfung eingeschickt hatte. Das rote Siegel war eine Spur zu blass. Offenbar handelte es sich aber nur um einen Druckfehler, weil ansonsten alles perfekt war, selbst das Papier.
Der Meinung waren jedenfalls die Experten, bis ein besonders gewissenhafter Spezialist den Schein versuchsweise in warmes Wasser tauchte, um zu sehen, ob die Farben hielten. Er erlebte die Überraschung seines Lebens. Der Schein teilte sich der Länge nach in zwei Hälften.
Sofort rannte er zu seinem Vorgesetzten, Geheimdienstchef William P. Hazen. Zusammen mit dem FBI, der anderen Bundespolizei, war dieser für den Schutz des Präsidenten und für die Verfolgung von Falschmünzern verantwortlich. Hazen wurde blass, als er die beiden Hälften des Monroe sah, und eilte gleich zum Sekretär des Schatzamtes, Judson Gage: »Wir haben es mit einem bislang einmaligen Fälscher zu tun!«
»Wie viel Falschgeld ist im Umlauf?«
»Das weiß keiner.«
»Sie müssen ihn sofort verhaften, sonst gibt es eine Katastrophe!«
Doch das war leichter gesagt als getan. William P. Hazen kam jedenfalls nicht weiter. Da traf Gage als Sekretär des Schatzamtes eine unerhörte Entscheidung. Er ließ alle Hundertdollarnoten aus dem Verkehr ziehen. Scheine im Wert von sechsundzwanzig Millionen Dollar. Natürlich schlug diese Maßnahme im ganzen Land ein wie eine Bombe. Sie war ein Eingeständnis der Ohnmacht der Regierung.
Nur einer
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